Marburger Bund fordert 5,9 Prozent mehr Gehalt für Ärzte in kommunalen Kliniken
Hier die Standpunkte der Tarifpartner vor Beginn der Verhandlungen:
Marburger Bund:
Pressemitteilung vom 29.8.2016:
„Personalmangel, Leistungsverdichtung und Mehrarbeit – die rund 55.000 Ärztinnen und Ärzte in den kommunalen Krankenhäusern müssen häufig unter schwierigen Arbeitsbedingungen ihre Patienten versorgen. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Ärztinnen und Ärzte steigt und nähert sich der 60 Stunden-Marke, Überstunden sind an der Tagesordnung, um die unbesetzten Stellen im ärztlichen Dienst zu kompensieren. „Die kommunalen Krankenhäuser müssen sich ihrer Verantwortung für eine qualifizierte ärztliche Versorgung stellen. Die angestellten Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern wollen – wie alle anderen Arbeitnehmer auch – an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben und erwarten eine ihrer Leistung und ihrem Einsatz entsprechende Bezahlung der Arbeit“, bekräftigte Rudolf Henke, 1. Vorsitzender des Marburger Bundes. In der diesjährigen Tarifrunde mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) fordert der Marburger Bund daher eine lineare Erhöhung der Ärztegehälter um 5,9 Prozent.
In den zurückliegenden Jahren ist es dem Marburger Bund gelungen, neben moderaten Gehaltserhöhungen auch wichtige Verbesserungen bei den Beschäftigungsbedingungen zu erreichen. „In dieser Tarifrunde geht es vor allem darum, den Anschluss an weite Bereiche des wirtschaftlichen Lebens nicht zu verlieren“, sagte Henke. Die aktuell gültige Entgelttabelle wurde im Tarifabschluss vom 5. Februar 2015 vereinbart. Der Abschluss sah auch vor, dass andere tarifliche Bestandteile, insbesondere Regelungen zum Bereitschaftsdienst, frühestens ab 2018 wieder Gegenstand von Tarifverhandlungen sein können.
Die lineare Steigerung der Tabellenwerte wird allerdings auch bei den Zuschlägen für Sonderformen der Arbeit, insbesondere bei der Höhe der Bereitschaftsdienstentgelte, automatisch Verbesserungen mit sich bringen. Gemäß einer Regelung im Tarifvertrag erhöhen sich diese Zuschläge ebenfalls um die vereinbarte prozentuale Steigerung der Gehälter.
Die Tarifverhandlungen zwischen dem Marburger Bund und der VKA beginnen am 22. September 2016 in Düsseldorf. Der Ärztetarifvertrag gilt bundesweit – mit Ausnahme von Berlin und Hamburg – für angestellte Ärztinnen und Ärzte in rund 550 kommunalen Kliniken. Die kommunalen Krankenhäuser sind damit der größte Tarifbereich, in dem angestellte Krankenhausärztinnen und –ärzte tätig sind. Daher geht von diesen Tarifverhandlungen häufig auch eine gewisse Signalwirkung auf andere Tarifbereiche der angestellten Ärztinnen und Ärzte aus.“
VKA:
Presseinformation vom 29. 8. 2016:
„Die Forderung des Marburger Bundes ist völlig unangemessen und sprengt jeglichen Rahmen. 5,9 Prozent mehr Gehalt für die Ärztinnen und Ärzte würden die kommunalen Krankenhäuser um rund 320 Millionen Euro belasten. Das ist nicht finanzierbar“, so Joachim Finklenburg, Verhandlungsführer der VKA. „Die meisten Krankenhäuser schreiben rote Zahlen, Personalkosten werden nicht refinanziert. Wir erhalten jetzt schon Hinweise, dass die Krankenhäuser auch zukünftig mit hohen Defiziten zu rechnen haben“. Bei solch schlechten Rahmenbedingungen könne man unmöglich für eine Berufsgruppe überdurchschnittlich hohe Lohnerhöhungen vereinbaren.
Mit dem letzten Tarifabschluss vom 5. Februar 2015 erhielten die Krankenhausärztinnen und –ärzte eine Gehaltssteigerung von 4,1 Prozent in zwei Schritten. Zunächst stiegen die Gehälter ab Dezember 2014 um 2,2 Prozent und anschließend ab Dezember 2015 um weitere 1,9 Prozent. Außerdem gab es Änderungen in Struktur und Höhe der Bereitschaftsentgelte. Durch die Einführung neuer Stufen ab 1. März 2015 ergaben sich Steigerungen zwischen 3,0 und 12,3 Prozent. Die Bereitschaftsdienstentgelte wurden ab Dezember 2015 ebenfalls nochmals um 1,9 Prozent erhöht.
Auftakt der Tarifverhandlungen ist am 22. September 2016 in Düsseldorf.
Information der VKA:
Ärzte erhalten nach dem Tarifvertrag TV-Ärzte/VKA als Grundgehalt für eine 40-Stunden-Woche zwischen rund 4.190 Euro (Assistenzarzt beim Einstieg ohne Berufserfahrung) und rund 8.730 Euro (leitender Oberarzt nach drei Jahren Tätigkeit).
Hinzu kommen u. a. die Vergütungen für Bereitschaftsdienste/Rufbereitschaft, Schichtzulagen etc. Hierdurch können die Ärztinnen und Ärzte bis zu 25 Prozent zusätzlich zu ihrem Grundgehalt erhalten.
Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.
