Tarifverhandlungen für Hessen erfolgreich beendet
Kernpunkt der Einigung sind Einkommenserhöhungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des hessischen Landesdienstes im Gesamtvolumen von durchschnittlich 4,87 Prozent für die kommenden 24 Monate. Zum 1.3.2015 steigen die Gehälter um zwei Prozent, zum 1.4.2016 werden sie um weitere 2,4 Prozent, mindestens aber 80 Euro (Mindestbetrags-Regelung bis einschließlich Entgeltgruppe 9, ab Entgeltgruppe 10 greift ausschließlich lineare Anpassung), erhöht. Auszubildende erhalten zu den genannten Stichtagen jeweils pauschal 30 Euro mehr, zudem gibt es für sie einen zusätzlichen Urlaubstag. Die bestehende Regelung zur Übernahme von Azubis wird verlängert. Die Tarifparteien beschlossen in den Verhandlungen auch eine moderate Erhöhung des Arbeitnehmerbeitrags zur Zusatzversorgung, um diese zukunftsfest zu machen.
Die Einzelheiten:
Stand: 15. April 2015
13:40 Uhr
Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes des Landes Hessen
vom 15. April 2015
I. Entgelt
1. Erhöhung der Tabellenentgelte des TV-H
Die Tabellenentgelte (einschließlich der Beträge aus einer individuellen Zwischen- oder Endstufe sowie der Tabellenwerte für die Entgeltgruppen 2 Ü, 13 Ü und 15 Ü) werden wie folgt erhöht:
a) ab 1. März 2015 um 2,0 v. H. und
b) ab 1. April 2016 um weitere 2,4 v. H.,
mindestens aber um 80 Euro für die Entgeltgruppen 1 bis 9.
2. Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten
Die monatlichen Ausbildungsentgelte der Auszubildenden nach dem TVA-H BBiG und nach dem TVA-H Pflege sowie die Tarifentgelte der Praktikantinnen und Praktikanten nach dem TV-Prakt-H werden wie folgt erhöht:
a) ab 1. März 2015 um einen Festbetrag in Höhe von 30 Euro,
b) ab 1. April 2016 um einen weiteren Festbetrag in Höhe von 30 Euro.
3. Folgeänderungen bei Entgeltbestandteilen
Erhöht werden
a) die Garantiebeträge in § 17 Absatz 4 Satz 2 TV-H,
b) die Bereitschaftsdienstentgelte in der Anlage D zum TV-H,
c) die Bemessungsgrundlage für die Lohnzuschläge nach § 1 Absatz 2 des Tarifvertrages über die Lohnzuschläge gemäß § 29 MTL II (TVZ zum MTL) vom 9. Oktober 1963 und
d) die Besitzstandszulagen nach §§ 9 und 11 TVÜ-H
ab 1. März 2015 um 2,0 v. H. und ab 1. April 2016 um weitere 2,55 v. H.
Der Erhöhungssatz nach Nr. 4 der Protokollerklärungen zu § 21 Satz 2 und 3 TV-H beträgt für
a) vor dem 1. März 2015 zustehende Entgeltbestandteile 1,8 v. H.,
b) vor dem 1. April 2016 zustehende Entgeltbestandteile 2,3 v. H.
II. Zusatzversorgung
1. § 25 TV-H wird wie folgt neu gefasst:
„§ 25 Betriebliche Altersversorgung
1Die Beschäftigten haben Anspruch auf eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung unter Eigenbeteiligung nach Maßgabe des Tarifvertrages über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV) vom 1. März 2002 in der für die Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung. 2Wird der ATV durch die Tarifgemeinschaft deutscher Länder oder die vertragschließenden Gewerkschaften ganz oder teilweise gekündigt, ist die Kündigung zwischen den Parteien des TV-H im selben Umfang und zum selben Zeitpunkt wirksam.
Protokollerklärung zu § 25 Satz 1:
Diese Regelung gilt für alle Tarifverträge, die den ATV ändern, ergänzen, ersetzen oder im Falle einer vorangegangenen Kündigung wieder in Kraft setzen.“
2. § 17 TVA-H BBiG und § 17 TVA-H Pflege werden entsprechend angepasst.
3. Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass die Anlage 1 zur Tarifeinigung vom 28. März 2015 zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und den Gewerkschaften betreffend Zusatzversorgung übertragen wird.
III. Sonstiges Tarifrecht
1. Geltungsbereich des TV-H für Beschäftigte an staatlichen Theatern
Der Geltungsbereich des TV-H für Beschäftigte an staatlichen Theatern wird entsprechend Anlage 1 angepasst.
2. Befristete Arbeitsverhältnisse
Die Tarifvertragsparteien werden die Gespräche im Rahmen der Arbeitsgruppe zur Befristungspraxis des Landes Hessen im Schulbereich unter Beteiligung des Hessischen Kultusministeriums fortsetzen. Dabei wird angestrebt, eine Zielvereinbarung außerhalb des TV-H für den Schulbereich mit den Regelungsgegenständen Deckelung des Anteils der befristeten Arbeitsverhältnisse und Entfristung der Arbeitsverhältnisse nach einer bestimmten Anzahl von Jahren mit befristeter Beschäftigung möglichst bis Ende des Jahres 2015 zu erarbeiten.
Im 4. Quartal des Jahres 2015 werden die Tarifvertragsparteien die Gespräche zur Befristungspraxis des Landes Hessen im Wissenschaftsbereich im Rahmen einer weiteren Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst fortsetzen.
3. Beschäftigungssicherung für Auszubildende
§ 19 TVA-H BBiG und § 18a TVA-H Pflege werden ab dem 1. Januar 2015 wieder in Kraft gesetzt, sie treten mit Ablauf des 31. Dezember 2016 außer Kraft.
4. Urlaubsanspruch für Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten
Der Urlaubsanspruch für Auszubildende nach TVA-H BBiG und TVA- H Pflege sowie für ab dem 1. Mai 2015 neu eingestellte Praktikantinnen und Praktikanten nach TV Prakt-H wird bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche einheitlich auf 28 Tage im Kalenderjahr festgelegt.
5. Fortentwicklung des Tarifrechts
Die Fortentwicklung des Tarifrechts ist im Interesse von Arbeitgeber und Beschäftigten. Die Tarifvertragsparteien beabsichtigen, hierzu jährlich Gespräche zu führen.
6. Übergangsversorgung Justizvollzug
Die Tarifvertragsparteien werden die Tarifverhandlungen zur Verbesserung der Übergangszahlung für die Beschäftigten des Justizvollzugs, die im Aufsichts-, Werk- und Krankenpflegedienst tätig sind, auf der Grundlage des Modells nach Anlage 2 fortsetzen.
7. Eingruppierung Wachpolizei
Die Tarifvertragsparteien einigen sich auf eine Tarifierung der Eingruppierungsmerkmale der Beschäftigten der Wachpolizei in Teil II Abschnitt 18.2 (Beschäftigte der Wachpolizei) der Entgeltordnung zum TV-H mit Wirkung zum 1. Juni 2015. Es besteht Einvernehmen, dass die Grundeingruppierung der Beschäftigten der Wachpolizei zukünftig in die Entgeltgruppe 8 erfolgt. Darüber hinaus werden Heraushebungsmerkmale für die „kleine“ Entgeltgruppe 9 vereinbart.
Für Beschäftigte der Wachpolizei, die bei Inkrafttreten von Teil II Abschnitt 18.2 (Beschäftigte der Wachpolizei) bereits in der „kleinen“ Entgeltgruppe 9 eingruppiert sind (Eingruppierung vom Arbeitgeber zuerkannt oder nachträglich gerichtlich festgestellt), wird eine umfassende Besitzstandsregelung tarifiert. Die Tarifvertragsparteien stimmen darin überein, dass durch die Tarifierung laufende oder beim Land Hessen geltend gemachte, aber noch nicht entschiedene Anträge auf Höhergruppierung durch diese Tarifierung nicht erledigt sind. Es gelten die Grundsätze des § 29 TVÜ-H.
Wegen der Einzelheiten der Heraushebungsmerkmale werden die Tarifvertragsparteien auf der Grundlage der Anlage 3 umgehend Tarifverhandlungen aufnehmen.
8. Verbesserung im Bereich der Stufenlaufzeit für besondere Lebenssituationen (Krankheitstage Kinder, Pflegezeit, Elternzeit)
§ 17 Absatz 3 Satz 1 und Satz 2 TV-H werden wie folgt neu gefasst:
„(3) 1Den Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit im Sinne des § 16 Absatz 3 Satz 1 stehen gleich:
a) Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz,
b) Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit nach § 22 bis zu 39 Wochen,
c) Zeiten eines bezahlten Urlaubs,
d) Zeiten eines Sonderurlaubs, bei denen der Arbeitgeber vor dem Antritt schriftlich ein dienstliches beziehungsweise betriebliches Interesse anerkannt hat,
e) Zeiten der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit,
f) Zeiten eines Freistellungsanspruchs nach § 45 SGB V,
g) Zeiten der kurzfristigen Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG,
h) Zeiten der vollständigen Freistellung nach § 3 PflegeZG,
i) Zeiten der Inanspruchnahme der Elternzeit nach § 15 BEEG bis zu sechs Monaten pro Kind,
j) Zeiten einer sonstigen Unterbrechung von insgesamt weniger als einem Monat im Kalenderjahr.
2Zeiten der Unterbrechung bis zu einer Dauer von jeweils drei Jahren, die nicht von Satz 1 erfasst werden, und die über Satz 1 hinausgehende Elternzeit sowie Zeiten einer Unterbrechung bei Beschäftigten, die für eine jahreszeitlich begrenzte regelmäßig wiederkehrende Tätigkeit in einem Beschäftigungsverhältnis stehen (Saisonbeschäftigte), sind unschädlich; sie werden aber nicht auf die Stufenlaufzeit angerechnet.“
9. Freizeitausgleich bei ehrenamtlichem Engagement
a) Nach § 29 TV-H wird folgender neuer § 29a TV-H eingefügt:
„§ 29a TV-H Freizeitausgleich bei ehrenamtlichem Engagement
1Beschäftigte, die am 1. Januar eines Kalenderjahres im Arbeitsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt Inhaber einer von einem hessischen Landkreis oder einer hessischen Stadt ausgestellten Ehrenamts-Card (E-Card) oder einer Jugendleiter/innen-Card (Juleica) sind, erhalten in diesem Kalenderjahr einen Freizeitausgleich unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). 2Der Freizeitausgleich beträgt einen Arbeitstag. 3Freizeitausgleich, der nicht in diesem Kalenderjahr in Anspruch genommen worden ist, verfällt. 4Eine finanzielle Abgeltung des Anspruchs auf Freizeitausgleich ist ausgeschlossen.
Protokollerklärung zu § 29a:
1. Satz 1 gilt auch für Inhaber eines den Mindestvoraussetzungen der hessischen Ehrenamts-Card entsprechenden Nachweises über die Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeit. Mindestvoraussetzung für die Ausstellung der hessischen Ehrenamts-Card ist ein ehrenamtliches Engagement von wöchentlich fünf Stunden.
2. Das Entgelt nach Satz 1 wird zu dem in § 24 genannten Zeitpunkt gezahlt.
3. Die Anzahl der Wochentage, auf die sich die wöchentliche Arbeitszeit – abweichend von der Fünf-Tage-Woche – verteilt, führt nicht zu einer Erhöhung oder Verminderung des Anspruches auf Freizeitausgleich.“
b) Es sind in den TVA-H BBiG und TVA-H Pflege entsprechende Regelungen aufzunehmen.
c) Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass der Freizeitausgleich keinen Urlaub darstellt und deshalb insbesondere § 27 Absatz 4 TV-H keine Anwendung findet.
IV. Maßregelungsklausel
Die Arbeitgebervertreter erklären, dass von Maßregelungen (Abmahnungen, Entlassungen o. ä.) aus Anlass gewerkschaftlicher Warnstreiks, die bis einschließlich 15. April 2015, 24:00 Uhr, durchgeführt wurden, abgesehen wird, wenn sich die Teilnahme an diesen Warnstreiks im Rahmen der Regelungen für rechtmäßige Arbeitskämpfe gehalten hat. Bei Tarifbeschäftigten, die an den Warnstreiks teilgenommen haben, wird die Kürzung beim Entgelt anteilig für die Stunden der Streikteilnahme vorgenommen.
V. Ausnahmen vom Geltungsbereich
Für Beschäftigte, die spätestens mit Ablauf des 15. April 2015 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, gelten die vorstehenden Vereinbarungen nur, wenn sie dies bis zum 31. Oktober 2015 schriftlich beantragen.
VI. Inkrafttreten, Laufzeit
Inkrafttreten: 1. Januar 2015.
Nummer III. 1. (Staatliche Theater), 7. (Wachpolizei): 1. Juni 2015.
Nummer III. 8. (Stufenlaufzeit): 1. Januar 2016.
Mindestlaufzeit der Regelungen unter Nummer I. bis zum 31. Dezember 2016.
VII. Erklärungsfrist
Die Erklärungsfrist läuft bis zum 22. Mai 2015.
Dietzenbach, den 15. April 2015
