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Mitbestimmung bei Umsetzung ohne Ausschreibung

Das BVerwG hat sich in seiner Entscheidung vom 19.12.2023 (BVerwG, Beschluss vom 19.12.2023 – 5 P 6.22) mit der Frage befasst, ob eine Umsetzung eine vorherige Mitbestimmung wegen Ausschreibungsverzichts voraussetzt, wenn allgemein vorgegeben ist, dass im Regelfall eine Ausschreibung erfolgen soll.

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BVerwG, Beschluss vom 19.12.2023 – 5 P 6.22

Kernaussage:

Ist für den Regelfall einer Stellenbesetzung eine Ausschreibung vorgeschrieben, hat der Personalrat auch dann wegen des Ausschreibungsverzichts mitzubestimmen, wenn vor der Umsetzung auf gleich bewertete Dienstposten bzw. Arbeitsplätze eine Ausschreibung in der Verwaltungspraxis nicht üblich ist. Gleiches gilt auch dann, wenn eine einschlägige Verwaltungsvorschrift für diesen Fall die Ausschreibungspflicht ausdrücklich verneint.

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Der Fall:

Nachdem ein Arbeitgeber zwei Beschäftigte im Wege eines teilweisen Stellentauschs mit deren Einwilligung auf andere, gleich bewertete Dienstposten umgesetzt hatte, beanstandete der Personalrat, dass er vor der Umsetzung hätte beteiligt werden müssen. Da die Umsetzung ohne vorherige Ausschreibung erfolgt sei, hätte ihm bei der Entscheidung, auf eine Stellenausschreibung zu verzichten, ein Mitbestimmungsrecht nach § 88 Abs. 1 Nr. 25 HmbPersVG zugestanden. Der Arbeitgeber hingegen verwies darauf, dass ein der Mitbestimmung bedürftiger Verzicht auf eine Ausschreibung voraussetze, dass eine Ausschreibung vorgeschrieben sei. Vorliegend sehe die einschlägige Verwaltungsvorschrift in Ausgestaltung der beamtenrechtlichen Regelung jedoch vor, dass eine Ausschreibungspflicht u.a. dann nicht bestehe, wenn eine wertgleiche Umsetzung erfolge. Daher fehle es an einer Ausschreibungspflicht, so dass auch kein die Mitbestimmung auslösender Verzicht auf eine Stellenausschreibung vorliege. Der Personalrat leitete ein personalvertretungsrechtliches Beschlussverfahren ein.

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Die Entscheidung des Gerichts:

Das BVerwG entschied zugunsten des Personalrats. Diesem habe bei den Umsetzungen ein Mitbestimmungsrecht nach § 88 Abs. 1 Nr. 25 HmbPersVG zugestanden, da insoweit auf eine Ausschreibung verzichtet worden sei. Zwar setze das Eingreifen des Mitbestimmungstatbestands grundsätzlich eine Ausschreibungspflicht voraus. Diese sei vorliegend jedoch gegeben gewesen.

Die beamtenrechtliche Regelung des § 10 HmbBG sehe vor, dass die Bewerberinnen und Bewerber durch Stellenausschreibung ermittelt werden sollen. Da es sich insoweit um eine Sollvorschrift handele, dürfe nur in Ausnahmefällen von einer Ausschreibung abgesehen werden. Daher sei für den Regelfall eine Ausschreibung vorgeschrieben. Dies sei für das Eingreifen des Mitbestimmungsrechts des § 88 Abs. 1 Nr. 25 HmbPersVG ausreichend, da es nach dem Schutzgedanken der Mitbestimmung nicht darauf ankomme, ob die Nichtvornahme der Ausschreibung auf einer zwingend vorgesehenen Ausnahme beruhe oder ins Ermessen des Dienststellenleiters gestellt sei.

Dass die einschlägige Verwaltungsvorschrift regele, dass keine Ausschreibungspflicht eingreife, wenn eine freie Stelle durch Umsetzung, Abordnung, Versetzung, Zuweisung oder andere personalrechtliche Maßnahmen wertgleich besetzt werden soll, ändere hieran nichts. Die Verwaltungsvorschrift gestalte insoweit lediglich die gesetzlich vorgesehene Ausnahme näher aus. Dies führe jedoch nicht dazu, dass die den Regelfall bildende Ausschreibungspflicht entfallen würde. Daher bedürfe die Feststellung des Ausnahmefalls stets einer ausdrücklichen oder konkludenten Entscheidung der Dienststelle, bei der die Personalvertretung mitzubestimmen habe.

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Das bedeutet die Entscheidung für Sie:

In der Praxis kommt es regelmäßig vor, dass Beschäftigte auf andere Dienstposten bzw. Arbeitsplätze der gleichen Dienststelle umgesetzt werden. Solche Umsetzungen sind nach den Personalvertretungsgesetzen der Länder und des Bundes in der Regel nur dann mitbestimmungspflichtig, wenn die Umsetzung mit einem Wechsel des Dienstortes (z.B. § 78 Abs. 1 Nr. 6 BPersVG) oder mit der Übertragung einer höher oder niedriger bewerteten Tätigkeit (z.B. § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG) verbunden ist. Allerdings kann sich nach der Rechtsprechung des BVerwG ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats in Bezug auf Umsetzung auch daraus ergeben, dass dieser ein Verzicht auf eine Stellenausschreibung vorangeht (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 12 BPersVG).

In Bezug die personalvertretungsrechtliche Beteiligung wegen des Absehens von der Ausschreibung ist anerkannt, dass das Mitbestimmungsrecht eine grundsätzliche Verpflichtung zur Ausschreibung voraussetzt (näher zur Ausschreibungspflicht Erl. 1.4.2.1 zu § 2 TVöD). Diese kann z.B. aus dem Beamten-, dem Laufbahn- oder dem Gleichstellungsrecht resultieren, sich aber auch daraus ergeben, dass zu besetzende Stellen üblicherweise ausgeschrieben werden.

Hierauf aufbauend hat das BVerwG nunmehr entschieden, dass es für das Mitbestimmungsrecht genügt, dass die gesetzliche Ausschreibungspflicht nicht generell, sondern nur für den Regelfall vorgesehen ist. Ob die Voraussetzungen einer untergesetzlichen Ausnahme gegeben sind, spiele dann keine Rolle mehr. Damit führt die Rechtsprechung des BVerwG dazu, dass das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretungen künftig auch in Fällen eingreifen kann, in denen es den geltenden Verwaltungsvorschriften oder auch der geübten Verwaltungspraxis entspricht, bestimmte Stellenbesetzungen ohne vorherige Ausschreibung vorzunehmen. Dies betrifft insbesondere sog. wertgleiche Umsetzungen auf andere gleich bewertete Arbeitsplätze, denen in der Praxis nicht selten keine Ausschreibung vorangegangen ist. Ist allgemein vorgegeben, dass einer Stellenbesetzung (in der Regel) eine Ausschreibung vorangehen soll, ist künftig somit stets das Mitbestimmungsrecht des Personalrats wegen des Absehens von der Ausschreibung zu beachten.

Dr. Till Sachadae, stellvertretender Geschäftsführer der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL)

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