Am 1.11.2024 ist das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) in Kraft getreten. Das SBGG vereinfacht es für transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister und ihre Vornamen ändern zu lassen. Aus dem SGBB ergeben sich Änderungen, die dem Arbeitgeber bekannt sein sollten, z.B. der Anspruch auf die Änderung bestimmter Dokumente und das Offenbarungsverbot.
Maßgeblichkeit in Rechtsverkehr – § 6 Abs. 1 SBGG
Seit dem 1.11.2024 können Menschen vereinfacht ihre Geschlechtsangabe und ihren Vornamen ändern. Die Bundesregierung geht von durchschnittlich 4.000 Anträgen pro Jahr aus. In Fällen, in denen das Geschlecht oder die Vornamen einer Person rechtlich relevant sind, kommt es auf ihren jeweils aktuellen Geschlechtseintrag und auf ihre aktuell dort eingetragenen Vornamen an.
Hat die standesamtliche Änderung des Geschlechtseintrags stattgefunden und wurden ggf. ein oder mehrere neue Vornamen bestimmt, sind nach § 6 Abs. 1 SBGG die jeweils aktuellen Eintragungen im Rechtsverkehr maßgeblich, soweit auf die personenstandsrechtliche Geschlechtszuordnung oder die Vornamen Bezug genommen wird und durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Diese Geschlechterzuordnung und diese/r Vorname/n gelten dann auch für die Rechtsverhältnisse von Beschäftigten, Auszubildenden, Praktikant/innen und Studierenden sowie die Anbahnung von Rechtsverhältnissen mit diesen.
In der Gesetzesbegründung wird aufgezeigt, dass Menschen, deren Geschlechtseintrag und Vornamen bislang nicht ihrer tatsächlichen Geschlechtsidentität entsprechen, prinzipiell nicht gehindert sein sollen, bereits vor der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen im privaten Bereich den gewählten Geschlechtseintrag und die Vornamen zu verwenden. Der private Bereich ist jedoch vom Rechtsverkehr abgegrenzt. Daraus und aus der Tatsache, dass sich die Fristen und das Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags deutlich verkürzen sollen, kann geschlossen werden, dass eine Person vom Arbeitgeber nicht schon vor Abschluss des standesamtlichen Verfahrens verlangen kann, anders angeredet oder in der Personalverwaltung mit der beabsichtigten oder beantragten Geschlechtereintragung und dem entsprechenden Namen geführt zu werden. § 6 Abs. 1 SBGG regelt klar, dass der jeweils aktuelle Geschlechtseintrag und die jeweils aktuellen Vornamen im Rechtsverkehr maßgeblich sind.
Zu beachten ist, dass gesetzliche Bestimmungen, die Regelungen zu Schwangerschaft, Gebärfähigkeit, künstlicher Befruchtung sowie zu Entnahme oder Übertragung von Eizellen oder Embryonen treffen, unabhängig von dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht der jeweiligen Person gelten. Dies gilt u.a. für Personen, die schwanger oder gebärfähig sind, die schwanger oder gebärfähig werden wollen und die ein Kind geboren haben oder stillen. Betroffen sind Regelungen im Kontext von Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillen. An dieser Stelle ist beispielsweise an die Bestimmungen zur Freistellung für Untersuchungen und zum Stillen aus § 7 Mutterschutzgesetz zu denken. Ebenso gelten Gesetze und Verordnungen, die an die Entnahme oder Übertragung von Samenzellen oder die Verwendung von Samenzellen zur künstlichen Befruchtung, an die Stellung als leiblicher Vater oder daran anknüpfen, dass ein Mann der Mutter eines Kindes während dessen Empfängniszeit beigewohnt hat, unabhängig von dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht der jeweiligen Person.

Blog Arbeits- Tarif- und Personalvertretungrecht
Prof. Dr. Boris Hoffmann und Dr. Erik Schmid
Unsere Experten bereiten für Sie Informatives zu aktuellen Fällen anschaulich auf, schildern den Sachverhalt, beleuchten die Entscheidung und liefern ein Fazit inkl. Praxistipp für Ihre tägliche Arbeit.
Anspruch auf Änderung von Dokumenten
Gegenüber Arbeitgebern, die als öffentliche oder private Stelle ein Dokument oder einen Ver-trag ausgestellt haben, besteht ein Anspruch auf Neuausstellung, soweit ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht werden kann. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SBGG ist der Arbeitgeber auf Verlangen der Person, die ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen nach § 2 SBGG hat ändern lassen, im Fall der Glaubhaftmachung verpflichtet, Zeugnisse und andere Leistungsnachweise, Ausbildungs- und Dienstverträge, Besitzstandsurkunden und Zahlungskarten neu auszustellen.
Bei der Neuausstellung sind die zu ändernden Dokumente von dieser Person im Original vorzulegen und von der neuausstellenden Stelle einzuziehen oder für ungültig zu erklären. Kann die Person das zu ändernde Dokument nicht vorlegen, so hat sie an Eides statt zu versichern, dass sie weder im Besitz des Dokumentes ist noch Kenntnis von dessen Verbleib hat.
Nicht mit dem geänderten Geschlechtseintrag und den geänderten Vornamen neu ausgestellt werden gerichtliche Dokumente, nach dem Beurkundungsgesetz oder dem Personenstandsgesetz errichtete Dokumente und Dokumente, die durch die Veränderung des Vornamens oder des Geschlechts ungültig werden. Die Gesetzesbegründung stellt hier insbesondere auf Dokumente von anderen Stellen, Unternehmen oder Personen ab, die typischerweise nicht an die betroffene Person ausgehändigt werden, etwa interne Dokumente oder zur Verwendung gegenüber Dritten bestimmte Dokumente.
Der Arbeitgeber ist nur zur Neuausstellung mit korrigiertem Geschlecht und korrigierten Vornamen, nicht aber zur Erstausstellung von Dokumenten (z.B. Arbeitszeugnis) verpflichtet, auf die die beschäftigte bzw. vormals beschäftigte Person keinen Anspruch mehr hat.

Beste Antworten.
Newsletter Arbeits- und Tarifrecht
Regelmäßig erscheinender Newsletter zu den Neuigkeiten aus den Bereichen Arbeitsrecht und Tarifrecht des öffentlichen Dienstes sowie Empfehlungen zu neuen Produkten, Webinaren und Quizzen.
Offenbarungsverbot
Sind Geschlechtsangabe und Vornamen einer Person geändert worden, so dürfen die bis zur Änderung eingetragene Geschlechtsangabe und die bis zur Änderung eingetragenen Vornamen ohne Zustimmung dieser Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden. Auf Grundlage von § 13 i. V. m. § 14 SBGG kann ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro verhängt werden, wenn jemand die Änderung des Geschlechtseintrags von transgeschlechtlichen, nichtbinären oder intergeschlechtlichen Personen gegen deren Willen offenbart und dadurch die betroffene Person absichtlich schädigt.

Für mehr Wissen.
Fortbildungen im Arbeits- und Tarifrecht
Profitieren Sie von unseren neuen informativen und praxisorientierten eLearning-Fortbildungen im rehm Campus. Lernen Sie zeitlich flexibel und ortsunabhängig. Erleben Sie Fortbildung neu!
Zugang zu geschützten Räumlichkeiten
Da es von Zeit zu Zeit Äußerungen hinsichtlich geschützter Räume gibt, sollen hier die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu den Themen Hausrecht und geschützte Räume wiedergegeben werden: „Das SBGG (beziehungsweise ein bestimmter Geschlechtseintrag) vermittelt keinen Anspruch auf Zugang zu geschützten Räumen. Die bestehende Rechtslage in Bezug auf die Vertragsfreiheit und das private Hausrecht bleibt durch das Gesetz unberührt. […] Unterschiedliche Behandlungen wegen des Geschlechts sind zulässig, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt (§ 20 AGG). Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die unterschiedliche Behandlung dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt (§ 20 Absatz 1 Nummer 2 AGG). Auch insoweit ändert sich an der bestehenden Rechtslage durch das SBGG nichts.“
Dr. Wolfgang Spree
Geschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA)
Weiterlesen für mehr Informationen? Den ganzen Beitrag finden Sie im Breier/Dassau-TVöD-Kommentar.