Seit dem 18.6.2024 fanden Tarifverhandlungen und Sondierungsgespräche für die ca. 61.000 Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Kliniken statt. Nach fünf Verhandlungsrunden und zwei Sondierungsgesprächen konnte am 13.1.2025 ein Sondierungsergebnis erreicht werden. Der Beitrag soll einen Überblick über das erreichte Ergebnis geben.
Nur ein Jahr nach der letzten Tarifeinigung zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und der Ärztegewerkschaft Marburger Bund fanden seit Juni 2024 Tarifverhandlungen für die Ärztinnen und Ärzte an den kommunalen Krankenhäusern statt.
Forderungen des Marburger Bundes
Die wesentlichsten Forderungen des Marburger Bundes vom 10.6.2024 waren:
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Erhöhung der Tabellenentgelte um 8,5 Prozent für 12 Monate
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Erhöhung des monatlichen Tabellenentgelts um 20 bzw. 40 Prozent und einen Zusatzurlaubstag, wenn in einem Kalendermonat mehr als 20 bzw. 40 Prozent der geschuldeten Arbeitszeit (kein Bereitschaftsdienst) außerhalb des Zeitraums von 7:30 Uhr bis 18:00 Uhr erbracht wird.
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Grundlegende Änderungen der Regelungen von Schicht- und Wechselschichtarbeit (u.a. Einführung von Zeitzuschläge bei Schichtarbeit zwischen 25 v.H. und 40 v.H.)
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Erhöhung der Bereitschaftsdienstentgelte, der Rufbereitschaftspauschalen und der zeitlichen Wertung der Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft am Aufenthaltsort

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Verhandlungsverlauf
Nachdem vier Verhandlungsrunden ohne greifbare Ergebnisse beendet wurden, stand am Ende der fünften Verhandlungsrunde ein Angebot der Arbeitgeberseite. Der Marburger Bund lehnte das Angebot der VKA ab und initiierte eine Urabstimmung, in deren Ergebnis zu unbefristeten Streiks aufgerufen wurde. Die ersten Erzwingungsstreiks sollten vom 15.1.2025 bis 17.1.2025 stattfinden.
Die Änderungen der Refinanzierung der Krankenhäuser durch das erst kürzlich erlassene Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) und der Wunsch der Arbeitgeber, die Erzwingungsstreiks zu vermeiden, führten dazu, dass sich die Tarifvertragsparteien noch vor Beginn der Streiks zu intensiven Sondierungsgesprächen trafen. Führten die ersten beiden Tage dieser Gespräche noch zu keinem Ergebnis, so konnten die Verhandlungsspitzen ihren Gremien am Ende des Sondierungstermins vom 13.1.2025 ein Ergebnispapier vorlegen. Sowohl der Gruppenausschuss der VKA für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen als auch die Große Tarifkommission des Marburger Bundes stimmten dem Sondierungsergebnis zu.

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Inhalt der Einigung
Die Einigung umfasst v.a. folgende Eckpunkte:
Entgelt
Die Tabellenentgelte, die Bereitschaftsdienstentgelte, der Einsatzzuschlag im Rettungsdienst und die kinderbezogenen Entgeltbestandteile sollen wie folgt erhöht werden:
- ab dem 1.7.2024 um 4,0 Prozent,
- ab dem 1.8.2025 um weitere 2,0 Prozent und
- ab dem 1.6.2026 um weitere 2,0 Prozent.
Weitere Regelungen
Zum 1.7.2025 treten folgende Änderungen in Kraft:
a) Der Zeitraum der Nachtarbeit wird auf die Zeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr (aktuell: 21 Uhr bis 6 Uhr) ausgeweitet. Zum gleichen Zeitpunkt wird der Zeitzuschlag für Nachtarbeit gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV-Ärzte/VKA von 15 v.H. auf 20 v.H. erhöht.
b) Der Zeitzuschlag für Arbeit an Samstagen von 13 bis 20 Uhr, soweit diese nicht im Rahmen von Wechselschicht- oder Schichtarbeit anfällt, wird von 0,64 Euro je Stunde auf 20 v.H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der jeweiligen Entgeltgruppe erhöht. Dieser Wert entspricht § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f) 1. Alt. TVöD-K.
c) Die Zulage für Ärztinnen und Ärzte, die Wechselschichtarbeit leisten, wird in einem Schritt von 105 Euro auf 315 Euro monatlich erhöht.
Da bezüglich der Zulagenregelungen für Schicht- und Wechselschichtarbeit die Unterscheidung zwischen nicht ständiger und ständiger Schicht- bzw. Wechselschichtarbeit ab dem 1.7.2025 verzichtet wird, ist die Wechselschichtzulage von 315 Euro auch bei denjenigen Ärztinnen und Ärzte zu beachten, die nicht ständig Wechselschichtarbeit leisten.
d) Die Zulage für Ärztinnen und Ärzte, die Schichtarbeit leisten, wird in einem ersten Schritt von 40 Euro auf 210 Euro monatlich erhöht.
Da auch hier auf die Unterscheidung zwischen nicht ständiger und ständiger Schicht- bzw. Wechselschichtarbeit verzichtet wird, ist die Schichtzulage von 210 Euro auch bei denjenigen Ärztinnen und Ärzte zu beachten, die nicht ständig Schichtarbeit leisten.
e) Die Regelungen zur Lage der Dienste der Ärztinnen und Ärzte gemäß § 10 Abs. 11 TV-Ärzte/VKA gilt bisher nur für Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften. Diese Regelung soll auf Vollarbeit, Schichtarbeit und Wechselschichtarbeit erweitert werden, so dass die Dienstplanaufstellung und Dienstplanänderungen ab diesem Zeitpunkt auch Auswirkungen auf Ärztinnen und Ärzte haben, die nicht in Bereitschaft oder Rufbereitschaft tätig sind. Wird die Monatsfrist zur Aufstellung des Dienstplans nicht eingehalten, soll sich das Entgelt der Vollarbeit, Schichtarbeit und Wechselschichtarbeit für jeden Dienst des zu planenden Folgemonats um 10 v.H. erhöhen. Liegen bei einer notwendigen Dienstplanänderung zwischen der Dienstplanänderung und dem Antritt des Dienstes weniger als drei Tage, soll sich das Entgelt der Vollarbeit, Schichtarbeit und Wechselschichtarbeit für jeden von der Änderung betroffenen Dienst ebenfalls um 10 v.H. erhöhen. Die weiteren Regelungen des § 10 Abs. 11 TV-Ärzte/VKA werden beibehalten, also auch die Definition der Konstellationen, in denen ein Dienstplan nachträglich geändert werden kann, ohne dass dies höhere Entgelte/Zuschläge/Bewertungen auslöst. So werden auch weiterhin keine Sanktionen fällig, wenn nach der Aufstellung des Dienstplanes dieser geändert wird und die Gründe hierfür in der Person einer Ärztin/eines Arztes begründet sind oder auf nicht vorhersehbaren Umständen beruhen.
Zum 1.1.2026 treten folgende Änderungen in Kraft:
a) Die Zulage für Ärztinnen und Ärzte, die Schichtarbeit leisten, wird in einem zweiten Schritt von 210 Euro auf 315 Euro monatlich erhöht. Damit gilt für Wechselschicht- und Schichtarbeit die gleiche Höhe der Zulage. Eine Differenzierung erfolgt jedoch weiterhin bei der Gewährung des Zusatzurlaubs, so dass dadurch die besondere Belastung bei Wechselschichtarbeit honoriert wird.
b) Bezüglich der Zusatzurlaubsregelungen gemäß § 28 Abs. 1 Buchst. a) und b) TV-Ärzte/VKA entfallen das Zusammenhangserfordernis und die Notwendigkeit, ständig Schichtarbeit oder Wechselschichtarbeit leisten zu müssen. § 28 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA, der eine Öffnungsklausel für zusätzliche Urlaubstage bei nicht ständiger Schicht- bzw. Wechselschichtarbeit enthielt, ist ab diesem Zeitpunkt entbehrlich.

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Laufzeit
Die Laufzeit der Tarifeinigung beträgt 30 Monate (1.7.2024 bis zum 31.12.2026).
Folgen der Einigung
Es ist den Tarifvertragsparteien mit dem Sondierungsergebnis vom 13.1.2025 gelungen, den Tarifkonflikt beizulegen, ohne dass es zu Erzwingungsstreiks in den kommunalen Krankenhäusern kommt. Der Marburger Bund hat zugesichert, bis zum Abschluss der Urabstimmung der Marburger Bund auf die Durchführung weiterer Arbeitskampfmaßnahmen zu verzichten. Sofern einzelne Ärztinnen und Ärzte aufgrund der Kurzfristigkeit dieses Vorgehens vom Verzicht der Durchführung der Arbeitskampfmaßnahme keine Kenntnis erlangen und daher der Arbeit fernbleiben, hat die VKA ihrerseits erklärt, auf Maßregelungen (Abmahnungen, Entlassungen o.ä.) gegenüber den betroffenen Ärztinnen und Ärzten zu verzichten.
Die Einigung steht unter einer Erklärungsfrist bis zum 14.2.2025; der Marburger Bund wird in dieser Zeit eine neuerliche Urabstimmung durchführen. Die konkreten Befehle zur Änderung von TV-Ärzte/VKA und TVÜ-Ärzte/VKA müssen noch ausformuliert und zwischen den Parteien abgestimmt werden.
Dr. Wolfgang Spree
Geschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA)
Weiterlesen für mehr Informationen? Den ganzen Beitrag finden Sie im Breier/Dassau-TVöD-Kommentar.
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