Alle freuen sich auf Weihnachten, auch Arbeitnehmer. Umso schöner, wenn es zum Jahresende auch eine betriebliche Weihnachtsfeier gibt. In jedem Betrieb wird anders gefeiert und doch haben alle betrieblichen Weihnachtfeiern eins gemeinsam: je länger die Weihnachtsfeier dauert, desto mehr Alkohol wird getrunken und desto „lockerer“ wird die Stimmung. Ab dann wird es auch arbeitsrechtlich interessant.
Liebe Leserin, lieber Leser,
Mitte Dezember – Zeit für betriebliche Weihnachtsfeiern. Das beutet auch höchste Zeit aus den Fehlern vergangener Weihnachtsfeiern zu lernen oder zumindest mit einschlägiger Rechtsprechung auf der Weihnachtsfeier für Unterhaltung zu sorgen. Hier ein Überblick:
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1. Pflicht zur Teilnahme des Arbeitnehmers an der betrieblichen Weihnachtsfeier
Weihnachtsfeiern finden häufig abends und damit außerhalb der Arbeitszeit statt. Damit besteht auch keine Teilnahmepflicht an der betrieblichen Weihnachtsfeier. Eine Pflicht kann weder vertraglich festgelegt werden, noch resultiert eine solche Teilnahmepflicht aus den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten. Dies gilt selbst dann, wenn die Weihnachtsfeier ganz oder teilweise während der betriebsüblichen Arbeitszeit stattfindet. Der an der Weihnachtsfeier nicht teilnehmende Arbeitnehmer begeht keine Arbeitspflichtverletzung. Der Arbeitnehmer, der an der Weihnachtsfeier nicht teilnimmt, ist jedoch verpflichtet, die geschuldete Arbeitsleistung – soweit die Weihnachtsfeier (teilweise) während der Arbeitszeit stattfindet – mit der üblichen Arbeit zu erbringen.

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2. Recht des Arbeitnehmers auf Teilnahme an der betrieblichen Weihnachtsfeier
Für eine vom Arbeitgeber organisierte und/oder bezahlte, jedenfalls in seinem Namen stattfindende betriebliche Weihnachtsfeier obliegt ihm auch das Hausrecht. Arbeitnehmer können deshalb einen Zugang zur Weihnachtsfeier nicht durchsetzen. Nach Ansicht des ArbG Bonn (Urteil vom 04.09.2019 – 2 Ca 2114/18) besteht für den Arbeitnehmer auch dann kein Schadensersatzanspruch, wenn der Arbeitnehmer nicht zur betrieblichen Weihnachtsfeier eingeladen wird und der Geschäftsführer auf der Weihnachtsfeier deutlich zum Ausdruck bringt, welches Verhalten er von den Mitarbeitern erwarte und welche Verhaltensweisen intolerabel seien und arbeitsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen würden. Es wurde an der Weihnachtsfeier darauf hingewiesen, dass vermeintliche Späße auf der Arbeit zu unterbleiben haben, da diese einigen Kollegen die Zusammenarbeit unerträglich mache und neue Mitarbeiter abschrecke. Es war wohl der nicht eingeladene Arbeitnehmer gemeint, er wurde jedoch nicht namentlich genannt.
3. (Fehl-)Verhalten auf der Weihnachtsfeier
Bei der betrieblichen Weihnachtsfeier handelt es sich um eine betriebliche, aber dennoch freiwillige Veranstaltung. Arbeitnehmer, die an der Weihnachtsfeier teilnehmen, sind jedoch an die vertraglichen Nebenpflichten gebunden. Verstöße können arbeitsrechtlich sanktioniert werden.
- ArbG Elmshorn, Urteil vom 26.04.2023 – 3 Ca 1501 e/22: Eine Arbeitnehmerin kaufte anlässlich der betrieblichen Weihnachtsfeier für den Geschäftsführer ein Geschenk. Sie hat das Geld dafür zunächst ausgelegt und verlangte von den anderen (männlichen) Arbeitnehmern jeweils einen Anteil von EUR 10,00. Ein Arbeitnehmer äußerte gegenüber der Arbeitnehmerin in Anwesenheit von vier Arbeitskollegen: „Wir können sie ja auf den Kopf stellen und die Geldkarte durch den Schlitz ziehen.“ Das Arbeitsgericht stellte fest, dass die außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung wirksam ist. Das Arbeitsgericht führte aus, dass eine sexuelle Belästigung jedenfalls dann vorliege, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten bezweckt oder bewirkt werde, dass die Würde der betreffenden Person verletze. Hierzu zählten auch eindeutig sexuell intendierte verbale Äußerungen.
- Eine grobe Beleidigung des Vorgesetzten durch Schimpfwörter („arme Sau“, „Arschloch“, „Wichser“) und beleidigende Gesten (ausgestreckter Mittelfinger) rechtfertigt eine verhaltensbedingte (ordentliche und ggf. außerordentliche) Kündigung. Dies gilt auch dann, wenn die Beleidigungen außerhalb der Arbeitszeit und außerhalb des Betriebs auf der Weihnachtsfeier vor Arbeitskollegen erfolgen, selbst wenn der Arbeitnehmer unter Alkoholeinfluss stand (LAG Hamm, Urteil vom 30.06.2004 – 18 Sa 836/04).
- Auch Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern auf der Weihnachtsfeier können eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Das Arbeitsgericht Osnabrück hatte am 19.08.2009 (4 BV 13/08) über die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds auf einer Weihnachtsfeier zu entscheiden. Das Betriebsratsmitglied griff um 23.00 Uhr auf der Weihnachtsfeier mit ca. 200 Arbeitnehmern zum Mikrofon und sang Lieder. Arbeitskollegen riefen, dass er aufhören solle, da es furchtbar klang. Das Betriebsratsmitglied ging von der Bühne und schlug einen seiner Kollegen ins Gesicht. Später behauptete das Mitglied des Betriebsrats, dass es völlig betrunken war. Das ArbG Osnabrück stimmte der außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitglieds zu. Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern können eine fristlose Kündigung rechtfertigen, auch ohne vorherige Abmahnung. Es konnte nicht aufgeklärt werden, ob das Betriebsratsmitglied volltrunken war, jedenfalls zeigte es keine Ausfallerscheinungen.
- Es ist nicht nur ein Klischee, dass an Weihnachtsfeiern „geflirtet“ wird. Wenn die Grenzen überschritten werden, kann ein Fall der sexuellen Belästigung vorliegen und der belästigende Arbeitnehmer muss ebenfalls mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen. Eine sexuelle Belästigung, das bedeutet ein unerwünschtes sexuell bestimmtes Verhalten, liegt bei einer Weihnachtsfeier beispielsweise vor, wenn eine Arbeitnehmerin gefragt wird, ob sie für ein „außereheliches Abenteuer“ oder einen „flotten Dreier“ zu haben sei (OLG Frankfurt) oder bei einem Klaps auf den Po (LAG Köln vom 07.07.2005 – 7 Sa 508/04). Eine „körperliche“ sexuelle Belästigung ist bei den virtuellen Weihnachtsfeiern 2020 ausgeschlossen, mündlich, durch Gesten oder mit der Chat-Funktion sind sexuelle Belästigungen jedoch denkbar.
4. Weihnachtsfeier und Unfallversicherung
Auch wenn die Weihnachtsfeier keine Pflichtveranstaltung ist, ist sie dennoch eine betriebliche Veranstaltung und als solche besteht der übliche Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Das gilt auch für die virtuelle Weihnachtsfeier, auch vom Home-Office aus.
Umfasst sind alle Tätigkeiten, die während der Veranstaltung im Hinblick auf den Gemeinschaftszweck vereinbar sind (BSG vom 05.07.2016 – B 2 U 19/14 R). Unter den Schutzzweck fallen alle mit der Weihnachtsfeier im Zusammenhang stehende Tätigkeiten, z.B. Essen, Trinken, Tanzen, Vorbereitungen etc. Die Dauer der Weihnachtsfeier und damit auch der Umfang des Versicherungsschutzes bestimmt der Arbeitgeber. Beendet er das Fest offiziell, so endet auch der Versicherungsschutz (SG Frankfurt am Main vom 24.01.2006 – S 10 U 2623/03). Vom Versicherungsschutz ist hingegen der Nach-Hause-Weg umfasst, auch nach Beendigung der Weihnachtsfeier unter den Voraussetzungen, dass der Arbeitnehmer direkt nach Hause geht und keine Umwege macht und dass der Wegeunfall nicht auf sonstigen Gründen im Wesentlichen beruht (Drogen, absolute Fahruntüchtigkeit bei Verkehrsunfall mit dem KFZ).
Eine schöne Weihnachtsfeier und dass ich Sie nicht nächstes Jahr in meinem Blog erwähnen muss.
Herzliche (arbeitsrechtliche) Grüße
Ihr Dr. Erik Schmid
