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Zwischen den Stühlen – der Fremdgeschäftsführer (und die Kündigungsfrist)

„Zwischen den Stühlen sitzen“ ist eine Redewendung, die auf einen gewissen Interessenkonflikt hindeutet oder auf keine einfache oder eindeutige Zuordnung für eine von zwei Möglichkeiten. Fremdgeschäftsführer sitzen kraft ihrer Position rechtlich zwischen den Stühlen. Einerseits sind sie gesetzliche Vertreter der GmbH und damit keine Arbeitnehmer, für ihre Streitigkeiten ist nicht die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig (§ 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG), das Kündigungsschutzgesetz ist auf Geschäftsführer nicht anwendbar (§ 14 Abs. 1 KSchG) und Geschäftsführer sind von den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen. Andererseits zählen Geschäftsführer als abhängig beschäftigt und unterfallen der Sozialversicherungspflicht.

Erik Schmid2024_100x100px_rund.png
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Liebe Leserin, lieber Leser,

Fremdgeschäftsführer sitzen in gewisser Weise zwischen dem Arbeitgeber- und dem Arbeitnehmerstuhl. Zwischen den Stühlen sitzen auch Gesellschafter bei der Abberufung eines Geschäftsführers und der Kündigung des Geschäftsführer-Dienstvertrags. Für einen Stuhl hat sich jetzt der BGH im Urteil vom 5.11.2024 (II ZR 35/23) hinsichtlich der Kündigungsfrist entschieden.

Plenker / Schaffhausen

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1. Gesetzliche Kündigungsfristen

Bei den gesetzlichen Kündigungsfristen wird zwischen einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis ist – dann gilt § 621 BGB – und einem Arbeitsverhältnis – dann gilt § 622 BGB – unterschieden.

§ 621 Kündigungsfristen bei Dienstverhältnissen

Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 ist, ist die Kündigung zulässig,

  1. wenn die Vergütung nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages;

  2. wenn die Vergütung nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends;

  3. wenn die Vergütung nach Monaten bemessen ist, spätestens am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats;

  4. wenn die Vergütung nach Vierteljahren oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen für den Schluss eines Kalendervierteljahrs;

  5. wenn die Vergütung nicht nach Zeitabschnitten bemessen ist, jederzeit; bei einem die Erwerbstätigkeit des Verpflichteten vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nehmenden Dienstverhältnis ist jedoch eine Kündigungsfrist von zwei Wochen einzuhalten.


§ 622 Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

  1. zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,

  2. fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,

  3. acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,

  4. zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,

  5. zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,

  6. 15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,

  7. 20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Es war umstritten, welche gesetzlichen Kündigungsfristen auf Geschäftsführer-Dienstverträge Anwendung finden. Nach der überwiegenden Ansichtwurden ursprünglich die arbeitsrechtlichen gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB auf Geschäftsführer-Dienstverträge angewendet.

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2. BAG vom 11.6.2020 – 2 AZR 374/19 

Das BAG hat im Urteil vom 11.6.2020 festgestellt, dass die gesetzliche Kündigungsfrist für Geschäftsführer-Dienstverträge, die keine Arbeitsverträge sind, nach den Regelungen des § 621 BGB berechnet wird. Das BAG führt in dieser Entscheidung aus, dass es für eine Anwendung von § 622 BGB bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Zudem wäre eine Anwendung von § 622 BGB ein Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des 9. Senats, der eine Anwendung der Norm auf arbeitnehmerähnliche Personen ablehne.

3. BGH vom 5.11.2024 – II ZR 35/23

Der BGH hat – in Widerspruch zum BAG – klargestellt, dass Kündigungsfristen für Geschäftsführer-Dienstverträge entsprechend § 622 BGB zu berechnen sind.

Bei der Berechnung von Kündigungsfristen für die Beendigung eines Geschäftsführer-Dienstvertrags sitzen Gesellschafter zukünftig nicht mehr zwischen den Stühlen, sondern fest im Sattel.

Herzliche (arbeitsrechtliche) Grüße

Ihr Dr. Erik Schmid

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