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Bewerbungsverfahrensanspruch

Entscheidung eines öffentlichen Arbeitgebers, Bewerberinnen und Bewerber von der Auswahl für eine im Wege eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zu besetzende Stelle auszunehmen.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

heute darf ich Ihnen von einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.7.2024, Az. 8 AZR 24/24 berichten. Der achte Senat musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob es zulässig ist, nur diejenigen Bewerberinnen und Bewerber in die Auswahl für eine freie und zu besetzende Stelle einzubeziehen, mit denen eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht wegen einer Vorbeschäftigung möglicherweise unwirksam ist, wenn der Arbeitgeber im Vorfeld die Organisationsentscheidung getroffen hat, eine Stelle ausschließlich im Wege eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages zu besetzen.

Sponer † / Steinherr † / Donath / Kapitza † / Wollensak

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Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Während ihres Studiums, welches die Klägerin mit einem Bachelor- und Masterabschluss im Fach Soziale Arbeit erfolgreich beendete, schloss sie im Oktober 2016 bis Juli 2020 insgesamt sieben befristete Arbeitsverträge mit dem beklagten Land ab. Im Rahmen dieser befristeten Arbeitsverträge wurde die Klägerin jeweils als Tutorin beschäftigt. Ende Juli 2021 schrieb das Land unter anderem eine Stelle für eine sozialpädagogische Fachkraft in der sozialen Arbeit in schulischer Verantwortung ab dem 1.10.2021 aus. In der Stellenausschreibung selbst wurde lediglich darauf hingewiesen, dass die Stelle für eine gewisse Dauer befristet besetzt werden sollte. Ein Hinweis auf die Befristungsart enthielt die Ausschreibung nicht. Die Mittel für die Stelle stammten aus den pandemiebezogenen Aktionsprogrammen „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und „Startklar in die Zukunft“ des niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie. Die Klägerin bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle. Darauf hin teilte ihr das Regionale Landesamt für Schule und Bildung am 2.9.2021 mit, dass sie aufgrund der Beschäftigung als studentische Hilfskraft während ihres Studiums „bewerbungsunfähig“ sei.

Die Parteien stritten in allen drei Instanzen darüber, ob das beklagte Land die Klägerin trotz ihrer mehrfachen „Vorbeschäftigung“ in die Auswahl hätte mit einbeziehen müssen. Sowohl das Arbeitsgericht Osnabrück als auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen und schließlich das Bundesarbeitsgericht haben das Begehren der Klägerin zurückgewiesen.

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Das sind die wesentlichen Entscheidungsgründe:

  1. Der in Art. 33 Abs. 2 GG statuierte Leistungsgrundsatz bzw. das Prinzip der Bestenauslese gelte nicht nur für Beamtinnen und Beamte, sondern auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, da zu den öffentlichen Ämtern nicht nur Beamtenstellen zählen, sondern auch Stellen, die ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern zu besetzen beabsichtige.

  2. Dem öffentlichen Arbeitgeber sei eine gewisse Organisationsfreiheit bei der Besetzung von Stellen zuzugestehen. Diese sei vom Bewerbungsverfahrensanspruch der Bewerberin/des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachliche Leistung abzugrenzen, da ein subjektives Recht auf Ausbringung einer Planstelle nicht bestehe. Daher unterfalle die Vorentscheidung des Arbeitgebers, die zur Existenz eines verfügbaren öffentlichen Amtes führe, der Organisationsgewalt des staatlichen Rechtsträgers.1

  3. Teil der dem Auswahlverfahren vorgelagerten Organisationsentscheidung sei unter anderem die Entscheidung des öffentlichen Arbeitgebers, Bewerberinnen und Bewerber von der Auswahl für eine im Wege eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zu besetzende Stelle auszunehmen.

  4. Soweit der öffentliche Arbeitgeber sich entscheidet, eine Stelle im Wege eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zu besetzen und nur Bewerberinnen/Bewerber in die Auswahl einzubeziehen, mit denen eine entsprechende sachgrundlose Befristung nicht wegen einer Vorbeschäftigung möglicherweise unwirksam ist, sei diese Entscheidung regelmäßig vom Organisationsermessen des Arbeitgebers abgedeckt.

Damit wurde die Klage aus meiner Sicht zurecht im Ergebnis abgewiesen, da der Arbeitgeber grundsätzlich selbst darüber entscheiden können muss, wie er freie Stellen besetzen möchte.

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  • Sie entscheiden über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten und zwar nach ihren organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten.
  • Sie sollten darauf achten, entsprechende Organisationsentscheidungen, die Sie im Vorfeld eines Stellenbesetzungs- bzw. Auswahlverfahrens zur Besetzung einer freien Stelle treffen, hinreichend „schriftlich“ zu dokumentieren.

Herzliche Grüße

Ihr
Boris Hoffmann


1 Vgl. BVerfG 8.11.2016 – 1 BvR 2317/15 = ZTR 20217, 182.

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