Büropersonal der Schwerbehindertenvertretung
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
ich möchte Ihnen in diesem Blog von einer Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 3.11.2022, Az. 26 TaBV 751/22 berichten, welche mir gerade spontan über den Weg gelaufen ist.
Im Kern geht es in dem berlin-brandenburger Beschluss um die Frage, ob der Arbeitgeber der Schwerbehindertenvertretung zur Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben auf eigene Kosten „geschultes“ Büropersonal zur Verfügung stellen muss.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Arbeitgeberin beschäftigt im Bereich „Omnibus Nord“ etwa 1.500 Arbeitnehmer. Der dort bestehenden Schwerbehindertenvertretung sind zwei Bürokräfte im Umfang von insgesamt 20 Stunden durch die Arbeitgeberin zur Seite gestellt worden. Die Vertrauensperson fasste Anfang 2021 den Beschluss, beide Bürokräfte zu einem Online-Seminar mit dem Schwerpunkt „Datenschutz“ zu entsenden. Die Arbeitgeberin lehnte einen Antrag einer der zwei Bürokräfte (Frau A) für die Zeit ab dem 7.4. bis zum 9.4.2021 ab. Frau A nahm gleichwohl an dem Seminar teil. Sie befand sich zu dieser Zeit im genehmigten Erholungsurlaub. Der Veranstalter stellte für die Teilnahme am Online-Seminar einen Betrag in einer Höhe von 870 Euro in Rechnung. Die Schwerbehindertenvertretung forderte die Arbeitgeberin auf, die Kosten für das Seminar zu übernehmen, Frau A von der Arbeit freizustellen und die Teilnahme an dem Seminar als Arbeitszeit auf deren Arbeitszeitkonto zu vermerken. Die Arbeitgeberin kam dieser Aufforderung nicht nach.
Die Schwerbehindertenvertretung erhob daraufhin fristgerecht Klage beim zuständigen Arbeitsgericht Berlin. Das LAG Berlin-Brandenburg hat dem Anliegen der Schwerbehindertenvertretung im Ergebnis entsprochen.
Das sind die wesentlichen Entscheidungsgründe:
Grundsätzlich gilt nach § 179 Abs. 8 SGB IX Folgendes:
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Der Arbeitgeber hat die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten zu tragen, § 179 Abs. 8 Satz 1 SGB IX.
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Für öffentliche Arbeitgeber gelten die Kostenregelungen für Personalvertretungen entsprechend.
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Nach § 179 Abs. 8 Satz 3 SGB IX sind davon auch die Kosten der Bürokräfte der Schwerbehindertenvertretung erfasst.
Was im Einzelnen erforderlich und vertretbar ist, entscheide die Schwerbehindertenvertretung selbständig und eigenverantwortlich. Da gelte nach der Rechtsauffassung des LAG Berlin-Brandenburg nichts anderes als beim Personalrat (vgl. hier § 40 PersVG Berlin).
Die Entscheidung der Schwerbehindertenvertretung unterliege zwar der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese sei aber auf die Prüfung beschränkt, ob
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das geforderte Büropersonal im begehrten Umfang aufgrund der konkreten Situation in der Dienststelle der Erledigung gesetzlicher Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung dient und
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die Schwerbehindertenvertretung bei ihrer Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch den berechtigten Belangen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat.
Hinweis! Die durch die Schwerbehindertenvertretung zu treffende Entscheidung betrifft sowohl die Frage, wie viele Bürokräfte benötigt werden, als auch den Gesichtspunkt, über welche Qualifikation die Bürokräfte für die Tätigkeit für die Schwerbehindertenvertretung verfügen müssen.
Sie können im Übrigen eine Zahlungsaufforderung der Schwerbehindertenvertretung nicht einfach mit der Begründung verweigern, die dafür vorgesehenen Haushaltsmittel seien bereits erschöpft.
Fazit für Sie: Die Schwerbehindertenvertretung hat - ebenso wie die Personalvertretung - einen Anspruch auf Zurverfügungstellung geeigneten Büropersonals. Dazu gehört es auch, das Büropersonal im erforderlichen Umfang zu qualifizieren, soweit dafür Bedarf besteht. Durch den Arbeitgeber sind die dazu notwendigen Kosten zu tragen.
Mit diesen Hinweisen verbleibe ich für heute mit
herzlichen Grüßen
Ihr
Boris Hoffmann
