Der Pfandbon Teil 2
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
nun hat erneut ein Pfandbon ein deutsches Arbeitsgericht beschäftigt.2 Aufgrund von Unregelmäßigkeiten im Kassenbereich führte der Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Betriebsrat in diesem Bereich eine verdeckte Videoüberwachung durch.
Einer bei der Auswertung gesichteten Videosequenz war unstreitig zu entnehmen, dass die Arbeitnehmerin, die sich um 12.50 Uhr an dem Kassenarbeitsplatz angemeldet hatte, eine Einweg-Pfandflasche, die sich sozusagen als „Musterpfandflasche“ ständig im Kassenbereich befand, über den Scanner des Kassenarbeitsplatzes zog, eine Leergutregistrierung durchführte, die Kassenlade öffnete und Geld aus der Kassenlade nahm, welches sie zunächst in den Kassenbereich legte und zu einem späteren Zeitpunkt in ihre Tasche steckte. Die Arbeitnehmerin hatte bei diesem Vorgang für sich selbst einen Kassenbon über eine Pfandbarauszahlung in Höhe von 3,25 EUR für 13 Pfandflaschen bzw. -dosen erstellt. Unstreitig hatte die Klägerin jedenfalls zu diesem Zeitpunkt kein Leergut in die an der Kasse befindliche Leergutbox eingeworfen.
Gegenstand des Kündigungsrechtsstreits war damit nicht eine Unterschlagung eines Pfandbons, sondern die „Erstellung“ eines entsprechenden Bons.
In den Entscheidungsgründen führt das LAG Düsseldorf wie folgt aus:
„Begeht ein Arbeitnehmer bei oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit rechtswidrige und vorsätzliche - ggf. strafbare - Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen seines Arbeitgebers, verletzt er zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen. Ein solches Verhalten kann einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellen, und zwar auch dann, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat.3 Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch.“
Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang auf meinen Blog vom 23.11.2015 zum Thema „Die Bagatellkündigung“ zu verweisen.
Im Ergebnis bestätigte das LAG Düsseldorf die Rechtmäßigkeit der Kündigung. Zu Recht stellte das Gericht hierbei insbesondere auf die der Arbeitnehmerin übertragene besondere Vertrauensstellung ab.
Besonderes Interesse erwecken auch die weiteren Ausführungen des LAG Düsseldorf. Die die Arbeitnehmerin konkret überführende Videosequenz wurde ohne Beteiligung des Betriebsrats ausgewertet, obwohl dies im Vorfeld ausdrücklich so vereinbart worden war. Für die Praxis ist es damit wichtig zu wissen, unter welchen Umständen ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, welches die Einführung eines Beweismittels in ein gerichtliches Verfahren verhindert. Nach der Rechtsprechung liegt ein Beweisverwertungsverbot nicht vor, wenn der Arbeitnehmer sich selbst auf das Beweismittel beruft. Selbiges gilt, wenn der Sachverhalt unstrittig ist.4 Letztlich ergibt sich aus einem Verstoß gegen betriebsverfassungs- oder personalvertretungsrechtliche Vorschriften kein Beweisverwertungsverbot, wenn der Betriebs- oder Personalrat der späteren Verwendung des Beweismittels etwa im Rahmen der Anhörung zu einer beabsichtigten Kündigung zustimmt.
Ich werde Sie auch zukünftig über interessante arbeitsgerichtliche Verfahren informieren.
Ihr
Boris Hoffmann
1 Vgl. BAG 10.6.2010 – 2 AZR 541/09 –, NZA 2010, 1227.
2 LAG Düsseldorf 7.12.2015 – 7 Sa 1078/14 –, juris.
3 BAG 16.12.2010 – 2 AZR 485/08 –, juris Rn. 18; BAG 10.10.2010 – 2 AZR 541/09 –, juris Rn. 26.
4 BAG 13.12.2007 – 2 AZR 537/06 –, juris Rn. 26.
