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Umfang der Begründung einer Auswahlentscheidung

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In der Praxis wird immer wieder die Frage laut, welche Anforderungen stellen die Gerichte an eine ordnungsgemäße Begründung einer Auswahlentscheidung im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens. Die Antwort ist zunächst sehr einfach, sehr hohe!

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

sowohl die Arbeits- als auch die Verwaltungsgerichte fordern gebetsmühlenartig, dass Auswahlentscheidungen im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens schriftlich zu fixieren und zu begründen sind. Diese Verpflichtung des Arbeitgebers bzw. Dienstherrn ergibt sich unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG, da nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - der Mitbewerber in die Lage versetzt wird, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Arbeitgebers/Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind.1

Hinweis:
Kommt der Arbeitgeber/Dienstherr seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Begründung der Auswahlentscheidung nicht nach, liegt ein erheblicher Verfahrensmangel vor, der zur Rechtswidrigkeit des gesamten Auswahlverfahrens führt.

Wir auf der Grundlage von strukturierten Auswahlgesprächen eine Auswahlentscheidung getroffen, gilt für eine ordnungsgemäße Dokumentation Folgendes:

  • Für jeden Bewerber ist ein Bewertungsbogen zu fertigen.

  • Auf dem Bewertungsbogen sind die standardisierten Fragen nebst entsprechenden Antworten der Bewerber zu vermerken.

  • Hierbei sind alle positiven wie negativen Gesichtspunkte zu berücksichtigen und zu verschriftlichen.

  • Es bedarf einer ausdrücklichen Rangreihenfolge.

  • Es muss ersichtlich sein, welche Gesichtspunkte für die Auswahlentscheidung bestimmend waren.

  • Es ist zu begründen, welche Erwägungen den Ausschlag zugunsten des Ausgewählten im Einzelfall gegeben haben.

  • Es bedarf einer Zusammenführung der Bewertungen der einzelnen Kommissionsmitglieder zu einem gemeinsamen Ergebnis.2

Hinweis:
Unzulässig ist es wegen des Verstoßes gegen das Arithmetisierungsverbot, die Gesamtnote allein aus dem rechnerischen Mittel der Einzelnoten zu bilden. Vielmehr bedarf es einer ausdrücklichen Begründung der Auswahlentscheidung anhand der Umstände des Einzelfalles.

Entscheidet sich der Arbeitgeber/Dienstherr nicht alle Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, bedarf es zunächst eines „Rankings“ der Bewerber. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Begründung fordert Folgendes:

  • Die maßgeblichen Erwägungen für die Bildung der Rangfolge „aller“ Bewerber müssen nachvollziehbar sein.

  • Es müssen konkrete Kriterien, die für die Rangfolgebildung maßgebend sind, festgelegt werden.

  • Einer Prioritätenfolge der Kriterien ist festzulegen.

  • Es bedarf tatsächlicher Feststellungen zu jedem einzelnen Kriterium.

  • Erforderlich ist eine vergleichende Gegenüberstellung und Auswertung, welche die Rangfolge der Bewerber letztlich bestimmt.3

Ich hoffe Ihnen in diesem Blog ein paar praktische Hinweise für Ihre tägliche Arbeit gegeben zu haben.

Ihr Boris Hoffmann


1 BVerfG 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris
2 Vgl. LAG Rheinland-Pfalz 20.08.2015 - 2 SaGa 5/15 -, juris.
3 Vgl. OVG NRW 10.2.2016 - 6 B 33/16 -, juris.

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