Zeitdynamische Bezugnahmeklausel – Betriebsübergang
Leitsatz
Die Arbeitsvertragsparteien können grundsätzlich auch unwirksame Tarifverträge in Bezug nehmen. Für eine Annahme, sie hätten den Tarifvertrag nur für den Fall seiner Wirksamkeit in Bezug nehmen wollen, müssen sich aus der Auslegung des Arbeitsvertrags besondere Anhaltspunkte ergeben.
Orientierungssätze
- Die Arbeitsvertragsparteien können im Arbeitsvertrag grundsätzlich auch unwirksame Tarifverträge in Bezug nehmen. Für die Annahme, sie wollten den Tarifvertrag nur für den Fall seiner Wirksamkeit in Bezug nehmen, bedarf es besonderer Anhaltspunkte. Solche sind beispielsweise gegeben, wenn nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag deren Zweck – wie etwa das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG – erreicht werden kann.
- Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag oder einen Teil davon ist bei Fehlen anderer eindeutiger Hinweise, die für eine statische Bezugnahme sprechen, in der Regel dynamisch zu verstehen. Einer ausdrücklichen „Jeweiligkeits-Klausel“ bedarf es nicht.
- Die Bindung des Erwerbers eines Betriebs an die von dessen Veräußerer mit dem Arbeitnehmer individualrechtlich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag verstößt nicht gegen unionsrechtliche Regelungen, namentlich Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (RL 2001/23/EG) i. V. m. Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC).
Auf die vollständige Urteilsbegründung wird verwiesen.
BAG vom 30.8.2017 – 4 AZR 443/15 –
Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.
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