In diesem Beitrag bespricht Herr Weigel die neueste Rechtsprechung im Bereich Hilfsmittel, sowie die Vorgriffsregelungen des BMI bei psychotherapeutischen Behandlungen.
Durch eine Vorgriffsregelung des BMI wird der Personenkreis, für den Aufwendungen der Systemischen Therapie geltend gemacht werden können, erweitert sowie als neuen Leistungsart die psychotherapeutische Sprechstunden eingeführt. Ferner wurden ab 1.4.2024 im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung die Gebühren für Leistungen von Hebammen angepasst. Dies hat auch Auswirkungen auf privat krankenversicherte Personen und damit für beihilfeberechtigte und berücksichtigungsfähig Personen. Ferner hatte der Bayer. Verwaltungsgerichtshof bei verschiedenen Hilfsmitteln die Frage der Beihilfefähigkeit im Hinblick auf die bestehende Ausschlussregelung für Gegenstände der allgemeinen Lebenshaltung zu bewerten.
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Kommentar
1. Änderung der Vorgaben für psychotherapeutische Behandlungen im Rahmen von Vorgriffsregelungen
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Aufwendungen für eine Systemische Therapie sind je Krankheitsfall bislang für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nach dem näheren Vorgaben des § 20a BBhV beihilfefähig. Im Vorgriff auf eine künftige normative Änderung der BBhV hat das BMI die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die genannte psychotherapeutische Behandlungsform auch für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erweitert.
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Als neue beihilfefähige Leistungsart wird die sog. psychotherapeutische Sprechstunde ebenfalls mittels einer Vorgriffsregelung eingeführt. Beihilfefähig sind danach die Aufwendungen bis zu sechs Sitzungen je Krankheitsfall als Einzeltherapie. Für Personen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und für Menschen mit einer geistigen Behinderung sind bis zu zehn Sitzungen je Krankheitsfall als Einzeltherapie beihilfefähig. Beide Vorgriffsregelungen sind im RdS. vom 17.5.2024, D6.30111/1#11, enthalten und wurden bereits veröffentlicht (GMBl. S. 406).

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Dr. Maximilian Baßlsperger
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2. Änderung der vertraglich vereinbarten Gebühren für Hebammen im Bereich der GKV und deren Auswirkungen auf die Beihilfe
Die Gebührenregelungen für Hebammenhilfe für Personen, die nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung sind, werden durch die Länder festgelegt. In der überwiegenden Zahl der genannten Landesverordnungen erfolgt eine dynamische Verweisung auf die vertraglichen Abrechnungsgrundlagen des § 134a SGB V, unter Ansatz von unterschiedlichen Steigerungsfaktoren, die jeweils durch Landesrecht festgelegt werden. Aufgrund einer befristeten Übergangsvereinbarung zur Anpassung der Vergütungen für Leistungen der Hebammenhilfe nach § 134a Abs. 1 SGB V vom 7.2.2024 wurden die Vergütungen für Leistungen der Hebammenhilfe ab dem 1.4.2024 bis zum Inkrafttreten eines neuen Hebammenhilfevertrages erhöht. Aufgrund der genannten dynamischen Verweisungen erhöhen sich damit automatisch auch die Gebührenregelungen für Hebammenhilfe für Personen, die nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung sind.
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3. Beihilfefähigkeit der Anschaffungskosten eines Smartphones als Hilfsmittel zur Steuerung einer Insulinpumpe bei einer Diabetes-Erkrankung (BayVGH, Beschluss des vom 4.3.2024, 24 ZB 23.1840)
Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof hatte die Frage der Beihilfefähigkeit der Anschaffungskosten eines Smartphones, das zum Betrieb der SteuerungsApp für die Insulinpumpe benötigt wird, zu klären.

Beste Antworten.
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Leitsätze
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Es kommt für die Zuordnung eines Geräts der Selbstkontrolle zum Bereich der allgemeinen Lebenshaltung auf seine objektive Eigenart und Beschaffenheit an, nicht hingegen darauf, ob es im Einzelfall auch ohne Erkrankung überhaupt und in gleich teurer Ausführung beschafft worden wäre. Entscheidend ist somit, ob bei objektiver Betrachtung der angeschaffte Gegenstand einen unmittelbar-spezifischen Bezug zu dem festgestellten Krankheitsbild hat und die Nutzungsoptionen hierauf beschränkt sind oder ob das Gerät auch von gesunden Menschen üblicherweise genutzt wird bzw. genutzt werden kann. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
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Dass ein handelsübliches Smartphone seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit nach ein Gegenstand der allgemeinen Lebenshaltung in diesen Sinn ist, ist offenkundig. Wegen der maßgeblichen objektiven Betrachtung kommt es auf die konkrete Nutzung des Smartphones nur als Bedieneinheit nicht an. Es genügt insoweit, dass es als herkömmliches „Multifunktionsgerät“ verwendbar ist. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Der Fall
Ein Beihilfeberechtigter des Freistaates Bayern hatte ein neues Smartphone zum Betrieb der SteuerungsApp für eine Insulinpumpe seines berücksichtigungsfähigen Kindes angeschafft, da das vorhandene Smartphone der Eltern nachweislich zum Betrieb der App technisch nicht geeignet war. Die Beihilfestelle hat den Antrag auf Gewährung von Beihilfeleistungen abgelehnt, da die Anschaffungskosten eines Smartphones dem Bereich der grundsätzlich nicht beihilfefähigen allgemeinen Lebenshaltungskosten zuzurechnen seien. Nach erfolglos durchgeführten Widerspruchsverfahren hat der Beihilfeberechtigte Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben, das die Ablehnung der Beihilfegewährung bestätigt hat. Dem vom Kläger gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht entsprochen.
Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung u. a. des Bundesverwaltungsgerichts kommt es nach Auffassung des Bayer. Verwaltungsgerichtshof für die Zuordnung eines Geräts der Selbstkontrolle zum Bereich der allgemeinen Lebenshaltung auf seine objektive Eigenart und Beschaffenheit an. Für die Frage der Beihilfefähigkeit unerheblich ist damit der Umstand, ob im Einzelfall das Gerät auch ohne Erkrankung überhaupt und in gleich teurer Ausführung beschafft worden wäre.
4. Beihilfefähigkeit der Anschaffungskosten von Allergikerbettwäsche (Beschluss des BayVGH vom 19.3.2024, 24 ZB 23.2224)
Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof hatte die Frage der Beihilfefähigkeit der Anschaffungskosten von Allergikerbettwäsche zu klären.
Leitsätze
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Die Beihilfevorschriften haben nicht zum Ziel, dem Beamten umfassend für jede durch Krankheit bedingte Verteuerung der allgemeinen Lebenshaltung Ausgleich zu gewähren (ebenso BVerwG BeckRS 9998, 28287), womit es im Allgemeinen nicht vereinbar ist, jede Anschaffung von Gegenständen, die zwar gesunde Menschen typischerweise nicht benötigen, die aber letztlich nur einer krankheitsbedingten Anpassung, Veränderung oder Nutzbarmachung von Gegenständen des alltäglichen Bedarfs dienen, genügen zu lassen, um die Beihilfefähigkeit zu bejahen bzw. eine Zuordnung zur allgemeinen Lebenshaltung zu verneinen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
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Allergikerbettwäsche ist nicht beihilfefähig, da sie nicht unmittelbar der Gesundheit dient, sondern vielmehr der verbesserten Nutzung unstreitiger Alltagsgegenstände, hier den aus Matratze, Kopfkissen und Bettdecke bestehenden Bettwaren, womit die Allergiebettwäsche reinen Hilfscharakter hat, um einen unbeeinträchtigteren Schlaf zu ermöglichen; sie steht daher nur in einem untergeordneten funktionalen Zusammenhang mit den Bettwaren und teilt deren Charakter als herkömmliche Gegenstände der allgemeinen Lebenshaltung. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Der Fall
Ein Beihilfeberechtigter des Freistaates Bayern hat für sein berücksichtigungsfähiges Kind, das unter einer Allergie gegen Hausstaubmilben leidet, Allergikerbettwäsche, sog. Encasings aus milben- und milbenallergenundurchlässigem Spezialmaterial, in einer Mehrfachausstattung angeschafft.
Die Beihilfestelle hat den Antrag auf Gewährung von Beihilfeleistungen abgelehnt, da die Anschaffungskosten für Bett-, Kissen. Sowie Matratzenbezügen der allgemeinen Lebenshaltungskosten zuzurechnen seien. Nach erfolglos durchgeführten Widerspruchsverfahren hat der Beihilfeberechtigte Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben, das die Ablehnung der Beihilfegewährung bestätigt hat. Dem vom Kläger gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht entsprochen. Damit hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof seine bereits in der vorstehenden Entscheidung (Anschaffung eines Smartphones) erkennbare Grundhaltung bestätigt.
Wolfgang Weigel
Regierungsdirektor, Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, München
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