70 Jahre Kriegsende: Hitler als Beamter
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
das „Dritte Reich“ wurde von seinen Protagonisten gerne als „Tausendjähriges Reich“ bezeichnet. Es dauerte von der „Machergreifung“ durch die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 bis zum Ende des zweiten Weltkrieges aber nur zwölf Jahre – und damit zwölf Jahre zu lang.
Als am 8. Mai 1945 die Waffen endlich schwiegen, waren mehr als 60 Millionen Menschen Opfer des Naziregimes geworden, mehr als sechs Millionen europäische Juden wurden ermordet. Abertausende Menschen mit Behinderung, politisch Andersdenkende, Sinti, Roma und Homosexuelle wurden verfolgt und getötet. 17 Millionen Menschen waren verschollen.1 Die Hauptschuld daran trug ein deutscher Beamter: Adolf Hitler.
Bereits im Jahr 1932 kandidierte Hitler für das Amt des Reichspräsidenten, verlor dann aber diese Wahl gegen Paul von Hindenburg. Dieses von ihm angestrebte Amt war gemäß Art. 41 Abs. 2 der Weimarer Verfassung2 allein Deutschen vorbehalten. Hitler war jedoch staatenlos, denn am 30. April 1925 wurde er auf seinen Antrag hin aus der österreichischen Staatsbürgerschaft entlassen. Man musste also einen Weg finden, ihm die deutsche Staatsbürgerschaft – um die er sich schon mehrere Jahre bemüht hatte3 – zu verleihen und man fand einen Weg: Nach § 14 Abs. 1 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. Juli 1913 hatte eine Verbeamtung automatisch die Einbürgerung als Deutscher zur Folge.
Am 25. Februar 1932 wurde Hitler also von der – von der NSDAP geführten – Landesregierung des „Freistaates Braunschweig“ zum Regierungsrat der Gesandtschaft dieses Landes beim Reichsrat ernannt. Knapp drei Wochen vor der Wahl wurde der selbsternannte „Führer“ nach mehreren Fehlversuchen (u.a. in Thüringen und Bayern) Beamter und damit doch noch deutscher Reichsbürger.
Bereits am 28. Februar 1932 beantragte Hitler bezahlten Sonderurlaub, um am Wahlkampf für das Amt des Reichspräsidenten teilnehmen zu können. Dieser wurde ihm selbstverständlich gewährt. Außerdem wurde ihm die Beibehaltung seines Wohnsitzes in München bewilligt.4 Er bezog seine Besoldung dann weiter bis zur Entlassung aus seinem Beamtenverhältnis zum Freistaat Braunschweig, die auf seinen Antrag hin erst nach seiner Ernennung zum Reichskanzler erfolgte.
Hinrichs5 schreibt dazu: „Von Fachkenntnissen frei, stellte der Neu-Deutsche mit Migrationshintergrund sogleich mehrere Urlaubsanträge und trat sein Amt, wie geplant, nie an.“
Schon früh wurden Stimmen, wie die von Walter Jellinek, laut, die von einer unwirksamen „Scheinernennung“ Hitlers sprachen.6 Man würde diese Art der Ernennung jedenfalls nach heutigem Recht unter den Begriff der „Nichternennung“ einordnen müssen.
Nur elf Monate nachdem er Deutscher wurde, erfolgte die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch Reichspräsident Paul von Hindenburg (30. Januar 1933). Eine seiner ersten Amtshandlungen war es, den § 14 Abs. 1 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes, der es ihm erst ermöglichte, Beamter und Deutscher zu werden, aus dem Staatsbürgerrecht zu streichen. Im „Dritten Reich“ sollten nur noch wahre Deutsche Beamte werden dürfen.7
Am 7. Juni 1933 unterzeichnete Hitler dann als gewählter Reichskanzler das sogenannte „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“. Der in diesem Gesetz erstmals ausformulierte „Arierparagraph“ verbot die Beschäftigung von „Nichtariern“ im öffentlichen Dienst. Nach § 3 Abs. 1 dieses Gesetzes waren Beamte ohne arische Abstammung in den Ruhestand zu versetzen.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 http://lpb-bw.de/kriegsende_1945.html
2 Artikel 41 WV lautet:
(1) Der Reichspräsident wird vom ganzen deutschen Volke gewählt.
(2) Wählbar ist jeder Deutsche, der das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet hat.
(3) Das Nähere bestimmt ein Reichsgesetz.
3 Lutteroth: „Wie Hitler Deutscher wurde“
4 Hinrichs: „Wie Hitler Deutscher wurde“
5 Hinrichs a.a.O.
6 Preußisches Verwaltungsblatt 1932, S. 681 ff.
7 Hinrichs a.a.O.
Lesen Sie dazu auch den Beitrag:
Die Nichternennung
Zur Nichternennung siehe:
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Baßlsperger, Einführung in das Beamtenrecht, Kapitel 8, Rn 46 ff. (Buch).
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Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 11 BeamtStG, Rn. 5.
-
v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR IV § 12 BeamtStG, Rn. 14 ff.

