Bayerische Regelungen zum Mutterschutz und zur Elternzeit verfassungswidrig!
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
keiner ist fehlerfrei – noch nicht einmal die bayerische Staatsregierung. Diese hat offensichtlich die Bestimmungen der §§ 4 und 8 der Mutterschutz- und Elternzeitverordnung für Bundesbeamte zum Vorbild genommen. Dort heißt es sinngemäß: Während der Schutzfristen darf eine Entlassung von Beamten auf Probe und auf Widerruf gegen ihren Willen nicht erfolgen und dann weiter... „§§ 31 und 32 BBG bleiben unberührt“.
Entsprechend dieser Vorschriften wurden die Regelungen zum Mutterschutz und zur Elternzeit für bayerische Beamte (§ 11 MuttSchV und § 14 UrlV) wie folgt gefasst ...„§§ 22 und 23 BeamtStG bleiben unberührt.“
Dabei wurde nicht erkannt, dass sich die Entlassungstatbestände des §§ 31 und 32 BBG wesentlich von den Vorschriften der §§ 22 und 23 BeamtStG unterscheiden.
-
Die nach den bayerischen Bestimmungen der § 11 Abs. 3 MuttSchV und § 14 Abs. 3 UrlV „unberührte“ Vorschrift des § 23 BeamtStG enthält – im Gegensatz zu §§ 31 und 32 BBG – Tatbestände für eine Entlassung kraft einer Ermessensentscheidung des Dienstherrn.
Insbesondere die Vorschrift des § 23 Abs. 3 Nr. 2 BeamtStG (Nichtbewährung in der Probezeit) gehört zum wesentlichen und unverzichtbaren Teil des Entlassungsschutzes. Durch die Schwangerschaft, Geburt und Betreuung des Kindes können besondere Beeinträchtigungen bestehen, durch welche die dienstliche Bewährung nachteilig beeinflusst werden kann.
Nach § 23 Abs. 3 Nr. 3 BeamtStG können Beamte auf Probe bei der Auflösung und Umbildung von Körperschaften entlassen werden. Nach § 23 Abs. 4 BeamtStG können Beamte auf Widerruf „jederzeit“ (bei Vorliegen eines sachlichen Grundes) entlassen werden.
Wenn man diese Fälle dem Entlassungsschutz – wie dies in Bayern durch § 11 Abs. 3 MuttSchV und § 14 Abs. 3 UrlV bestimmt wird – entzieht, so liegt hierin ein eklatanter Verstoß gegen die Bestimmungen des Landesverfassungsrechts zum Schutz der Familien, aber auch gegen Vorgaben des Art. 6 GG.
-
Schließlich können Entlassungen kraft gebundenen Verwaltungsakts nach § 23 Abs. 1 BeamtStG nicht gänzlich dem Entlassungsschutz entzogen werden. Dies zeigt sich insbesondere bei Fällen der dauernden Dienstunfähigkeit von Beamten und Beamtinnen auf Probe und auf Widerruf.
Ohne den Entlassungsschutz während des Mutterschutzes und der Elternzeit wären Beamte auf Probe, die nicht in den Ruhestand versetzt werden können, sowie Beamte auf Widerruf – bei denen eine Ruhestandsversetzung von vorneherein ausscheidet – damit nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 zu entlassen. Ein Ermessen des Dienstherrn bestünde insofern nicht. Dem hohen Stellenwert des Mutterschutzes und der Elternzeit wird aber nur dadurch in ausreichendem Maße entsprochen, dass die Fälle der Dienstunfähigkeit generell dem Entlassungsschutz unterliegen.
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
• Das Bundesrecht bezieht die Fälle dienstunfähiger Beamter auf Probe und auf Widerruf ausdrücklich in den Anwendungsbereich des Entlassungsschutzes mit ein!
• Das Land Hessen hat dem entsprochen und die Ausnahmeregelung für Entlassungen durch Verwaltungsakt auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG (Verweigerung des Diensteids) beschränkt. Im Ergebnis entspricht dies der Rechtslage, wie sie durch §§ 4 und 8 MuSchEltZV auch für Bundesbeamte und Bundesbeamtinnen besteht.
Ergänzend sei auch noch darauf hingewiesen, dass § 10 Abs. 3 der hessischen Mutterschutzverordnung lautet: „§ 22 Abs. 1 bis 3 und § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010) sowie § 39 Abs. 3 des Hessischen Beamtengesetzes bleiben unberührt.“
Ich denke:
Der Schutz von Müttern, Kindern und Familien kann sich nicht danach richten, ob jemand Bundesbeamter/Bundesbeamtin, hessische Landesbeamter/Landesbeamtin oder – bedauerlicherweise – bayerischer Landesbeamter ist!
Die bayerische Staatsregierung handelt bei der Neufassung der Vorschriften nur dann verfassungsgemäß, wenn sie auch die Fälle der Dienstunfähigkeit – wie der Bund oder das Land Hessen – in den Entlassungsschutz von Eltern und Müttern mit einbezieht.
Herzlich,
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
§ 11 der bayerischen Mutterschutzverordnung lautet:
Entlassungsschutz
„(1) 1 Während der Schwangerschaft und innerhalb von vier Monaten nach der Entbindung darf die Entlassung einer Beamtin auf Probe oder auf Widerruf gegen ihren Willen nicht ausgesprochen werden, wenn dem Dienstvorgesetzten die Schwangerschaft oder die Entbindung bekannt war. 2 Eine ohne diese Kenntnis ergangene Entlassungsverfügung ist zurückzunehmen, wenn dem Dienstvorgesetzten die Schwangerschaft oder die Entbindung innerhalb zweier Wochen nach der Zustellung mitgeteilt wird; das Überschreiten dieser Frist ist unbeachtlich, wenn es auf einem von der Beamtin nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird.
(2) Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 kann eine Entlassung ausgesprochen werden, wenn ein Sachverhalt gegeben ist, bei dem eine Beamtin auf Lebenszeit im Wege des gerichtlichen Disziplinarverfahrens aus dem Dienst zu entfernen wäre.
(3) §§ 22 und 23 BeamtStG und Art. 55 Satz 1 sowie Art. 16 bis 18 KWBG bleiben unberührt.“
§ 14 der bayerischen Urlaubsverordnung lautet:
Entlassungsschutz während der Elternzeit (1) Während der Elternzeit darf die Entlassung von Beamten auf Probe oder auf Widerruf gegen ihren Willen nicht ausgesprochen werden. (2) Mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde kann abweichend von Absatz 1 die Entlassung von Beamten auf Probe oder auf Widerruf ausgesprochen werden, wenn ein Sachverhalt vorliegt, bei dem Beamte auf Lebenszeit im Weg des gerichtlichen Disziplinarverfahrens aus dem Dienst zu entfernen wären. (3) §§ 22 und 23 BeamtStG sowie Art. 55 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes bleiben unberührt.Zum Entlassungsschutz während des Mutterschutzes und der Elternzeit wird empfohlen:
Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Bayerisches Beamtenrecht, Art. 88 BayBG RN. 28 ff und Rn. 67 ff.

