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Besitzen Beamte auf Widerruf ein funktionelles Amt?

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Das Amt im funktionellen Sinn umschreibt den Tätigkeitsbereich des Beamten. Es werden dabei die Ämter im abstrakt- und konkret-funktionellen Sinn unterschieden. Näheres siehe bereits in dem Beitrag: Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand. Dabei stellt sich die Frage: Besitzen auch Beamte auf Widerruf bereits ein Amt im funktionellen Sinn?

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

seit jeher ist es streitig, ob auch Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst nach § 4 Abs. 4 Buchstabe a BeamtStG bereits ein Amt im konkret-funktionellen bzw. abstrakt-funktionellen Sinn besitzen.1 Wenn man – wie üblich – das Amt im konkret-funktionellen Sinn mit dem „Dienstposten“ des Beamten begrifflich gleichsetzt, so ergibt sich keine praktikable Lösung des Problems, denn man wird nicht davon ausgehen können, dass dieser Personenkreis bereits einen Dienstposten einnimmt. Unter einem Dienstposten ist vielmehr der konkrete Aufgabenbereich innerhalb einer Behörde zu verstehen (eben das Amt im funktionellen Sinn). Die Übertragung eines Dienstpostens besteht in dem Betrauen eines Beamten oder einer Beamtin mit der Wahrnehmung der auf dem jeweiligen Dienstposten anfallenden Aufgaben. Eine solche Übertragung kommt nur in Frage wenn er mit dem Beamten/der Beamtin künftig auf Dauer besetzt werden soll.2 Dienstposten sind also Ämter im konkret-funktionellen Sinn; sie betreffen das dem Beamten konkret übertragene Aufgabenfeld. Die Übertragung von Dienstposten liegt in der Zuweisung eines neuen oder anderen dienstlichen Aufgabenbereichs. Eine besondere Rechtsform ist hierfür nicht vorgeschrieben. Deshalb muss man davon ausgehen: Ein Dienstposten als Amt im konkret-funktionellen Sinn wird erstmals im Zusammenhang mit der ersten Verleihung des Amts nach § 8 Abs. 3 BeamtStG übertragen und kann im Rahmen des bestehenden Beamtenverhältnisses durch Übertragung eines anderen Dienstpostens geändert werden. Für die Übertragung eines bestimmten Dienstpostens, einschließlich der Änderung bedarf es nicht der Rechtsform einer Ernennung. Die Übertragung eines anderen Amtes im konkret-funktionellen Sinn innerhalb derselben Behörde ist kein Verwaltungsakt, sondern lediglich eine innerdienstliche organisatorische Maßnahme ohne unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Beamten; sie erfolgt durch Umsetzung.3

Man wird aber dennoch auch bei Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst davon ausgehen müssen, dass durch die Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der jeweiligen Behörde ein Amt im konkret-funktionellen Sinn gegeben ist. Dieser Begriff ist bei Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst aber lediglich gleichzusetzen mit der „Aufgabenwahrnehmung“.

Grund: Mit dieser Betrachtungsweise ergibt sich eine für das Beamtenrecht gut handhabbare zweite Alternative. Sie lässt sich etwa wie folgt begründen: Wie jeder andere Beamte kann auch ein Beamter/eine Beamtin auf Widerruf den förmlichen Rechtsbehelf des Widerspruchs nach § 54 Abs. 2 BeamtStG4 zur Durchsetzung der Rechte geltend machen. Entscheidungsbefugt ist dann nach § 54 Abs. 3 BeamtStG stets die jeweilige oberste Dienstbehörde des Beamten/der Beamtin auf Widerruf. Würden die Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst dagegen kein Amt im konkret-funktionellen Sinn besitzen, so ergäben sich nur schwer überwindbare Schwierigkeiten bei der Bestimmung der obersten Dienstbehörde nach Art. 2 BayBG, denn diese ist gesetzlich definiert als die oberste Behörde des Dienstherrn in dem Dienstbereich, in dem der Beamte oder die Beamtin „ein Amt bekleidet“. Nur wenn man aber der hier vertretenen Auffassung folgt, dann ist die Terminologie des Gesetzgebers zur obersten Dienstbehörde in Art. 2 BayBG in sich verständlich.

Man wird dann aber im Rückschluss davon ausgehen, dass Beamte auf Widerruf mangels Dienstposten kein Amt im abstrakt–funktionellen Sinne besitzen.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


1 Befürwortend etwa Battis, § 10 BBG, Rn. 11, Plog/Wiedow/Lemhöfer, § 6 Rn. 17a; jeweils mit Verweis auf die Gegenmeinung.
2 Keck in Keck/Puchta/Konrad, Art. 16 LlbG, Rn. 8.
3 Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, § 9 BeamtStG Rn. 154, Art. 48 BayBG Rn. 17 ff.
4 Hierzu Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, § 54 BeamtStG, Rn. 36 ff.


Zu der hier behandelten Problematik siehe die Beiträge:


Vgl. dazu weiterhin:

  • Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 9 BeamtStG Rn. 154, Art. 48 BayBG Rn. 17 ff.

  • Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 8 BeamtStG Rn. 48 und 49

  • Keck in Keck/Puchta/Konrad, Bayerisches Laufbahnrecht, Art. 16 LlbG, Rn. 8

  • v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR IV, § 25 HBG, Rn. 13 und Rn. 16

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