Beteiligung des Personalrats bei Disziplinarmaßnahmen in Bund und Ländern
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
das Disziplinarrecht folgt dem Legalitätsprinzip: Liegen ausreichende Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen vor, so hat der Dienstvorgesetzte ein Disziplinarverfahren einzuleiten.1
Es sind dabei die belastenden, aber auch die entlastenden und die für die Bemessung der disziplinarrechtlichen Maßnahme maßgeblichen Tatsachen zu ermitteln. Erhärten sich die Verdachtsmomente im Ermittlungsverfahren, so kann es zu einer Disziplinarmaßnahme (Verweis / Geldbuße / Kürzung der Dienstbezüge / Herabstufung in der Besoldung / Entfernung aus dem Dienst) kommen. Dem Personalrat kommt dabei eine wichtige Kontrollfunktion zu, die jedoch in Bund und Ländern äußerst unterschiedlich ausgestaltet ist.
Eine Übersicht:
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Bund: § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG: Mitwirkung bei der Erhebung der Disziplinarklage gegen den Beamten
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Baden-Württemberg: § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG BW: Mitwirkung bei Erlass von Disziplinarverfügungen oder schriftlichen Missbilligungen gegen Beamte
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Bayern: Art. 76 Abs. 1 Nr. 3 BayPVG: Mitwirkung beim Erlass von Disziplinarverfügungen und bei Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten, wenn dem Disziplinarverfahren eine auf den gleichen Tatbestand gestützte Disziplinarverfügung nicht vorausgegangen ist
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Berlin: § 90 PersVG Berl.: Mitwirkung bei Disziplinarverfügungen und der Erhebung der Disziplinarklage gegen Beamte
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Brandenburg: § 68 Abs. 1 Nr.7 PersVG Bbg.: Mitwirkung bei der Entscheidung in einem Disziplinarverfahren über die Kürzung der Dienstbezüge oder über die Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten
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Bremen: § 54 Abs. 2 BremPersVG: Werden gegen einen Beamten Beschuldigungen erhoben, die zu disziplinarrechtlichen Ermittlungen führen, ist dem Personalrat davon Kenntnis zu geben. Vor jeder weiteren Maßnahme im Disziplinarverfahren hat der Personalrat Stellung zu nehmen
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Hamburg: § 87 Abs. 1 Nr. 22 HmbPersVG: Mitbestimmung bei Erlass einer Disziplinarverfügung und Ausspruch einer schriftlichen Missbilligung
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Hessen: Das HPVG kennt keine entsprechende Regelung
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Mecklenburg-Vorpommern: § 68 Abs. 2 Nr. 5 PersVG MV: Mitwirkung bei dem Erlass einer Disziplinarverfügung, mit der eine Kürzung der Dienstbezüge, eine Kürzung des Ruhegehalts oder eine Zurückstufung ausgesprochen werden soll, sowie bei Erhebung der Disziplinarklage
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Niedersachsen: § 64 Abs. 4 Nr. 1 NPersVG: Von der Mitbestimmung ausgenommen sind Einzelfallentscheidungen im Disziplinarrecht. In die „Benehmenstatbestände“ des § 75 NPersVG sind disziplinarrechtliche Maßnahmen nicht aufgenommen worden
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Nordrhein-Westfalen: § 73 Nr. 6 LPVG NW: Mitbestimmung bei Erhebung der Disziplinarklage gegen eine Beamtin oder einen Beamten, wenn sie oder er die Beteiligung des Personalrats beantragt
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Rheinland-Pfalz: § 79 Abs. 2 Nr. 14 LPersVG RPf.: Mitbestimmung bei vorläufiger Dienstenthebung, Einbehaltung von Dienstbezügen und Erhebung der Disziplinarklage, sofern die Beamtin oder der Beamte die Mitbestimmung beantragt
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Saarland: Das SPersVG kennt keine entsprechende Regelung
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Sachsen: § 81 Abs. 1 Nr. 10 SächsPersVG: Mitbestimmung bei der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens gegen einen Beamten
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Sachsen-Anhalt: Das PersVG LSA kennt keine entsprechende Regelung
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Schleswig-Holstein: Das MBG SchlH kennt keine entsprechende Regelung. Die Beteiligung richtet sich nach dem Prinzip der Allzuständigkeit des Personalrats.
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Thüringen: § 75 Abs. 2 Nr. 9 ThürPersVG: Eingeschränkte Mitbestimmung bei der Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten.
Hierbei ist zu bedenken, dass der Personalrat in der Regel nur auf Antrag des betroffenen Beamten tätig werden kann (vgl. § 78 Abs. 2 Satz 2 BPersVG und die entsprechenden Vorschriften der Länder). Seine Einwendungen sind außerdem beschränkt (vgl. § 78 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 77 Abs. 2 BPersVG und die entsprechenden Vorschriften der Länder). So kann der Personalrat etwa vorbringen, dass die Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine gerichtliche Entscheidung oder eine Verwaltungsanordnung verstößt, usw.
Ich denke:
Damit der Personalrat seiner Schutzfunktion nachkommen kann, muss er sich auch bestmöglich über die disziplinarrechtlichen Gegebenheiten informieren.
Nur wenn der Personalrat weiß, wovor er den einzelnen Beamten schützen muss, kann er dessen Interessen ordnungsgemäß vertreten. Deshalb muss der Personalrat nicht nur mit der entsprechenden Fachliteratur ausgestattet werden, es wäre außerdem von großem Vorteil, wenn gerade die Vertreter der Gruppe der Beamten die einschlägigen Fortbildungsangebote zum Disziplinarrecht wahrnehmen würden.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 Siehe zum Disziplinarrecht auch die Beiträge:
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Beleidigungen durch Politiker und Disziplinarrecht der Beamten
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Sex mit Schülerin: Keine Strafe – aber Entfernung aus dem Dienst
Zur Beteiligung des Personalrats im Disziplinarrecht vgl. insbesondere:
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Schleicher, Personalvertretungsgesetz, Art. 76, Rn. 13 ff.
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Ballerstedt/Schleicher/Faber, Bayerisches Personalvertretungsgesetz, Art. 76, Rn. 96 ff.

