Der Wissenschaftsbegriff im Beamtenrecht I
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
als wissenschaftlich ist eine Tätigkeit dann einzustufen, wenn sie als
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Durchdringung und Bearbeitung geistiger Probleme
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in Selbstständigkeit,
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Unabhängigkeit und Entschlussfreiheit
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nach Zielsetzung und Methode
gekennzeichnet ist (vgl. BVerfG vom 29.5.1973, BVerfGE 35, 79/112).
Sowohl an Universitäten wie an Fachhochschulen sind Unterrichtstätigkeiten, die bloße Wissensvermittlung darstellen und die Weitergabe eigener und fremder Forschungsergebnisse zumeist untrennbar miteinander verknüpft. Würde man wissenschaftliche Lehre nur dann annehmen, wenn sie sich als Resultat eigener Forschung darstellt, wäre auch ein Großteil der Lehre an Universitäten nicht als wissenschaftlich zu qualifizieren, was dem Grundrechtsschutz für die Freiheit der Lehre nicht gerecht würde (BVerfG v. 13.4.2010, BVerfGE 126, 1).
Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleistet die Wissenschaft – insofern verstanden als Oberbegriff für Forschung und Lehre – als einen grundsätzlich von Fremdbestimmung freien Bereich autonomer Verantwortung. Zur Sicherung dieses Bereichs garantiert das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nicht nur die Freiheit von staatlichen Geboten und Verboten, sondern es verpflichtet den Staat darüber hinaus zu Schutz und Förderung des Wissenschaftsbetriebs und gewährt dem wissenschaftlichen Personal die Teilhabe an öffentlichen Ressourcen und an der Organisation des Wissenschaftsbetriebs (BVerfG vom 26. Oktober 2004, BVerfGE 111, 333).
Dabei gilt es zu unterscheiden:
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Art. 5 Abs. 3 GG gewährt dem Hochschullehrer im materiellen Sinn zunächst Abwehrrechte bezüglich der Beeinträchtigung von Forschung und Lehre. Als Abwehrrecht schützt das Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 GG die wissenschaftliche Betätigung gegen staatliche Eingriffe und gewährt dem einzelnen Hochschullehrer einen vorbehaltlos geschützten Freiraum. Diese Abwehrrechte betreffen zum einen die freie Gestaltung der Arbeitszeit.
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Letztendlich sind die Einschränkungen der Versetzung und Abordnung im Hochschulbereich nach § 61 BeamtStG und dem entsprechenden Landesrecht Ausfluss der wissenschaftlichen Freiheit, weil durch diese Vorschriften die statusrechtliche Stellung in einem höheren Maße geschützt wird, als bei einem „normalen“ Beamten. Professoren und Professorinnen können grundsätzlich nur mit ihrer Zustimmung abgeordnet oder versetzt werden. Anders nur bei wesentlichen organisatorischen Änderungen.
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Art. 5 Abs. 3 GG gibt dem Hochschullehrer aber auch Teilhaberechte, vor allem die zur Wahrung der Wissenschaftsfreiheit erforderlichen Mitwirkungsrechte an der Selbstverwaltung der Hochschule (BVerfG vom 29.5.1973, BVerfGE 35, 79/131 ff.).
Hierzu sind einige sehr interessante Gerichtsentscheidungen ergangen, die Gegenstand des Beitrages der kommenden Woche sein werden.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Lesen Sie dazu:
„Professor“ als reine Tätigkeitsbeschreibung in Bayern?
Siehe dazu insbesondere:
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Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, § 61 BeamtStG, Rn. 25 ff.
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Mai in Schütz/Maiwald, Vorbemerkung zu § 61 BeamtStG, Rn. 38 ff.

