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Dicke Beamte – Vorsicht ist geboten!

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Michaela S. arbeitet als Beamtin auf Probe und bringt bei einer Körpergröße von 174 Zentimetern 85 Kilogramm auf die Waage. Und genau diese Kilos, die sie von einer „normalgewichtigen“ zu einer „übergewichtigen“ Beamtin machen, könnten sie den Job kosten. Grund: Die gesundheitliche Eignung ist Voraussetzung für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit. Michaela S. läuft aber Gefahr, wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung aus ihrem Beamtenverhältnis entlassen zu werden (siehe hierzu auch den Blog „Fehlende gesundheitliche Eignung während des Vorbereitungsdienstes  kein zwingender Entlassungsgrund!“) 

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

der Begriff der Eignung umfasst die charakterliche, körperliche, gesundheitliche und geistige Voraussetzung eines Bewerbers/Beamten. Das Maß der Dinge hat bei schwergewichtigen Beamten einen Namen: Es ist der so genannte Body-Mass-Index, kurz BMI. Berechnet wird die Zahl, die über Ernennung oder Entlassung entscheidet, mit der weit verbreiteten Formel:

„Gewicht durch Körpergröße in Metern zum Quadrat“.

Der Grenzwert, der von den Behörden und Gerichten gerade noch akzeptiert wird, liegt bei 25.

Mittlerweile liegt eine ganze Reihe von Entscheidungen zur Problematik der „dicken Beamten“ vor. Nach dem OVG Greifswald1 ist zum Beispiel eine körperliche Eignung bei einem Bodymaßindex von 30 für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis problematisch! Grundsätzlich gilt: Die gesundheitliche Eignung fehlt, wenn mit häufigeren Erkrankungen künftig zu rechnen ist oder der vorzeitige Eintritt in den Ruhestand nicht mit einem hohen Maß an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann!2

Auf Grund der mannigfaltigen negativen Folgen des Übergewichtes auf praktisch jedes Organ befürchten Ernennungsbehörden und Gerichte ein untragbares finanzielles Risiko für den Steuerzahler. Denn Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Herzschwäche, Fettstoffwechselkrankheiten und Diabetes könnten sich negativ auf das Arbeitsergebnis auswirken. Man befürchtet sogar den Eintritt der vorzeitigen Dienstunfähigkeit, deren finanzielle Folgen die Gemeinschaft der Steuerbürger für schwergewichtige Beamte zu tragen habe. Eine mit „hoher Wahrscheinlichkeit eintretende vorzeitige Dienstunfähigkeit" bei Übergewicht mache die Ernennung zum Beamten/zur Beamtin auf Lebenszeit unmöglich, urteilten die Richter bereits in mehreren Fällen.3

Neuere Studien führen aber jetzt zu ganz anderen Ergebnissen: Fettleibigkeit führt danach zwar sehr wohl zu den beschriebenen negativen gesundheitlichen Folgen. Doch für die Abschätzung von Krankheitsgefahren tauge das Maß nicht, behaupten die Mediziner. „Der BMI spielt keine Rolle für das Schlaganfall-, Herzinfarkt- oder Todesrisiko eines Menschen“, erklärte Studienleiter Harald Schneider in einer Mitteilung der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU).4 Für ihre jetzt im März 2010 veröffentlichte Studie beobachteten die LMU-Forscher knapp 11.000 Probanden bis zu acht Jahre lang.

Fazit:
Als Modell des Malers Peter Paul Rubens wäre Michaela S. in allen namhaften Museen oder Ausstellungen ein begehrtes Objekt – nicht aber als Beamtin.

Dagegen würden sich eine Heidi Klum und ihre „Models“, eine Verona Pooth und eine Claudia Schiffer bestens für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit eignen  –  natürlich nur rein körperlich betrachtet!

Herzlich,

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
__________________________

1 NordÖR 99, 237 (239).
2 VG Darmstadt, NVwZ-RR 06, 566 (569).
3 Baßlsperger, Die Beendigung des Beamtenverhältnisses wegen Krankheit, ZBR 2010, 73 (77).
4 www.welt.de/wissenschaft/medizin/article6622943/Studie-weckt-Zweifel-am-Body-Mass-Index.html

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2 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 14.10.2015 um 18:13:
Von Wahrsagern und anderen Geschichtenerzählern Der Problematik mit dem BMI kann man nur bedingt folgen. Sicher steht außer Frage, dass ein erhöhter Fettanteil gemessen am Gesamtkörpergewicht gravierende Auswirkungen auf den menschlichen Körper -haben kann-. Fraglich ist in diesem Zusammenhang nur, woher ein daraufhin ermittelter BMI rührt, der keine reine Messung des "Fettwertes" zulässt, sondern sich rein auf das Gesamtgewicht stützt. Der Mensch ansich ist ja nunmal dafür bekannt (lassen wir diese Eineiigen Zwillinge mal außer betracht), nicht wie ein Ei dem anderen zu gleichen. Individuell betrachtet sind wir eben nicht nur rein charakterlich, sondern eben auch von der Körperstruktur sehr unterschiedlich. Der eine ist eher der Typ "Holzfäller", der andere eben Typ "Balletttänzer", ohne eine der beiden genannten Berufsgruppen denunzieren zu wollen. Die nun auftretende Problematik in meinen Augen ist, dass sich die beurteilenden Ärzte nun auf diese BMI Zahl berufen, obgleich die sich zu beurteilende Person in gänzlich anderen Grundzügen darstellt, als erwartet. Nicht mit Schwimmreifen behaftet, sondern in Gänze kompakt und obenrum vielleicht etwas breiter als der Durchschnitt. Kurzgesagt: "Die BMI Zahl kann so u.U. etwas suggerieren, was man so nicht vermutet hätte". Das dieser ermittelte Wert dann über die Leistungsfähigkeit einer Person auch nur geringste Aussagekraft hat, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Im Zusammenhang mit der körperlichen Eignung geben die beauftragten Ärzte eine Stellungnahme für die Zukunft ab, die darüber Auskunft geben soll, ob ein Beamter bis zum Pensionsalter "fit" bleibt. Im Bereich des BMI können sich m.M.n. in noch 40 Jahren ausstehenden Dienstes noch viele Veränderungen ergeben. Für mich nur ein Blick in die Glaskugel, die ohne konkrete gesundheitliche "vorab bestehende" Erkrankungen, nicht klar ersichtlich sein kann. Im laufe eines Beamtenlebens kann viel passieren, was die Dienstfähigkeit beeinträchtigen kann (Sportunfälle, Urlaubskrankheiten, Kfz-Unfälle, etc.). Das solch schlimmen Umstände eintreten könnten ist in meinen Augen genauso schwer vorhersagbar, wie der Eintritt einer schwerwiegenden Erkrankung bei einem erhöhten BMI. Somit bleibt mir nur noch zu sagen: "Nicht den Appetit verderben lassen, die Mensa kocht sowieso nicht so gut."
kommentiert am 05.02.2015 um 15:06:
Unglaublich! Verständlich ist es für mich, dass man keine extrem übergewichtigen Beamten ernennen möchte, aber die gesundheitliche Eignung sollte nicht nach dem BMI erschlossen werden, sondern es sollte individuell für jeden zukünftigen Beamten entschieden werden.
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