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Ehe mit ehemaliger Schülerin kein nachträglicher Persilschein

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Wer als Beamter in einem ordentlichen Strafverfahren keine Strafe erhält, der darf sich als Beamter noch lange nicht sicher sein, dass er auch im Rahmen seines Dienstverhältnisses ungeschoren davonkommt. Das zeigt der Fall eines Lehrers aus dem Raum Rosenheim, dessen Fall schon einmal Gegenstand des Beitrags Sex mit Schülerin: Keine Strafe – aber Entfernung aus dem Dienst war. Das Urteil im Disziplinarverfahren ist nun rechtskräftig.1

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vor mehr als sieben Jahren lernte der Pädagoge A. Mohr2 seine heutige Frau kennen und lieben3. A. Mohr war der Klassenleiter der damals erst 15 Jahre alten Helena4 an einer Schule im Landkreis Rosenheim. Er wurde vom Dienst suspendiert, als das Verhältnis zu der Schülerin bekannt wurde. Das Amtsgericht Rosenheim verurteilte ihn zu sechs Monaten Haft auf Bewährung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen, also einer Person unter 16 Jahren. A. Mohr legte Berufung ein. Es blieb zwar bei der Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen, gleichwohl sahen die Richter am Landgericht Traunstein in der 2. Instanz von der Verhängung einer Strafe ab. Grund: Das Paar ist heute glücklich verheiratet.

Da A. Mohr jedoch Beamter war, hatte die Affäre für ihn auch disziplinarrechtliche Folgen. Das Verwaltungsgericht München entschied, dass er als Lehrer untragbar sei und entfernte ihn aus dem Dienst. Auch hiergegen legte der Pädagoge Berufung ein. Der BayVGH sah keine Veranlassung, von den Feststellungen und dem Urteil des Amtsgerichts Rosenheim abzuweichen und bestätigte die Entfernung aus dem Dienst. Da es für bayerische Beamte keine Revisionsinstanz in disziplinarrechtlichen Angelegenheiten gibt, ist die Entscheidung nunmehr rechtskräftig.

Begründung: Durch das sexuelle Verhältnis zu der damals 15-Jährigen habe der Lehrer eine schwere innerdienstliche Pflichtverletzung begangen: „Ein Lehrer, der sich mit einer Schülerin einlasse, müsse sich im Klaren sein, dass damit seine berufliche Existenz auf dem Spiel steht“, sagte der Vorsitzende. Ein Verhältnis zu einer Schülerin könne der Staat nicht dulden. „Welche Eltern“, fragte der Richter, „würden schon einem Lehrer trauen, von dem bekannt sei, dass er ein Verhältnis mit einer 15-Jährigen begonnen hat“.5

Wie verhalten sich nun die strafrechtliche Verurteilung und das Disziplinarrecht zueinander?

Die Antwort hierauf gibt § 14 BDG: Ist danach gegen einen Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt worden, so darf zwar wegen desselben Sachverhalts ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehalts im Disziplinarverfahren nicht mehr ausgesprochen werden. Eine Kürzung der Dienstbezüge kann nur mehr ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Eine Entfernung aus dem Dienst oder eine Rückstufung sind aber noch möglich.

Ich denke:
Man muss sich fragen:

  • Liegt sogar bei einer offensichtlich sehr innigen Beziehung, die in einer Ehe des ehemaligen Lehrers mit seiner Schülerin endete, ein so schweres Dienstvergehen vor, dass dadurch das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren gegangen ist?

  • Hätte das Gericht nicht auch berücksichtigen müssen, dass die Zukunft der jungen Familie durch die disziplinarrechtliche Entscheidung gefährdet, wenn nicht gar zerstört hätte werden können?

  • Wäre nicht unter Berücksichtigung des Familienschutzes nach Art. 6 GG eine Versetzung an eine weit entfernte Schule und eine Rückstufung in ein niedrigeres Amt ausreichend gewesen?

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


§ 14 BDG lautet:

Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Straf- oder Bußgeldverfahren

(1) Ist gegen einen Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt worden oder kann eine Tat nach § 153a Abs. 1 Satz 5 oder Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung nach der Erfüllung von Auflagen und Weisungen nicht mehr als Vergehen verfolgt werden, darf wegen desselben Sachverhalts

1. ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehalts nicht

ausgesprochen werden,

2. eine Kürzung der Dienstbezüge nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich

erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten.

(2) Ist der Beamte im Straf- oder Bußgeldverfahren rechtskräftig freigesprochen worden, darf wegen des Sachverhalts, der Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gewesen ist, eine Disziplinarmaßnahme nur ausgesprochen werden, wenn dieser Sachverhalt ein Dienstvergehen darstellt, ohne den Tatbestand einer Straf- oder Bußgeldvorschrift zu erfüllen.

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1 http://www.sueddeutsche.de/bayern/beziehung-zwischen-lehrer-und-schuelerin-verbotene-liebe-1.1622480
2 Der Name ist geändert und soll lediglich an den römischen Gott der Liebe erinnern.
3 Disziplinarrechtliche Maßnahmen bei Verhältnissen zwischen Lehrern und Schülern waren schon mehrfach Gegenstand dieser Blog-Reihe; vgl. etwa die Beiträge: Auch Sex mit erwachsenen Schülern ist ein Dienstvergehen und Sex mit Schülerin: Keine Strafe – aber Entfernung aus dem Dienst
4 Auch dieser Name ist geändert.
5 http://www.sueddeutsche.de/bayern/beziehung-zwischen-lehrer-und-schuelerin-verbotene-liebe-1.1622480


Zum Verhältnis von Strafrecht und Disziplinarrecht siehe

  • Gansen, § 14 BDG, Rn. 1 ff.

  • Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Art. 15 BayDG, Rn. 1 ff.

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1 Kommentar zu diesem Beitrag
kommentiert am 06.02.2015 um 17:59:
Ein völlig unverständliches und wirklichkeitsfremdes Urteil. Da ist der Dienstherr ja genauso unbelehrbar wie die katholische Kirche!
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