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Ein Geschenk mit kuriosen Folgen: Lehrerin zahlt 4000 Euro Strafe

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Eine Berliner Lehrerin muss wegen eines Geschenkes, das sie von Schülern ihres Abiturkurses erhalten hat, eine Strafe von 4000 Euro zahlen.1 Der Vater eines Schülers hatte die Lehrerin wegen Vorteilsannahme (§ 331 StGB) angezeigt, weil sie das Geschenk im Wert von 200 Euro angenommen hatte. Besonders kurios: Der Vater, der die Lehrerin anzeigte, soll selbst Lehrer sein.2

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

auch das soll es heute noch geben: Schüler, die mit ihrem Lehrer über viele Jahre hinweg ein gutes Verhältnis haben und ihm deswegen aus besonderen Anlässen eine Freude bereiten wollen. Ein solcher Anlass kann, wie in dem konkreten Fall, eine bestandene Abiturprüfung sein. Was viele Lehrer – und schon gar nicht deren Schüler – nicht wissen: Beamte (und Angestellte des öffentlichen Dienstes) dürfen Geschenke nur dann annehmen, wenn sie einen bestimmten Wert nicht übersteigen. Dieser Wert beträgt in Berlin nach einer Ausführungsvorschrift für den gesamten öffentlichen Dienst, die im Januar 2013 von der Innenverwaltung aktualisiert wurde, maximal 10 Euro. Dabei gibt es aber eine weitere Einschränkung: Nach dieser Vorschrift dürfen Staatsbedienstete „geringwertige Werbegeschenke wie Kalender oder Kugelschreiber“ bis zu einem Wert von fünf Euro „je Vorteilsgeber und Kalenderjahr“ annehmen. Eine Aufmerksamkeit einzelner Bürger, „mit der der Dank der Allgemeinheit uneigennützig zum Ausdruck gebracht werden soll“, sei bis zu einem Wert von insgesamt 10 Euro (beispielsweise ein Blumenstrauß) zulässig. „Dies gilt auch für Geschenke von Eltern oder Schülerinnen oder Schüler, die damit im eigenen Namen oder im Namen einer Gruppe oder Klasse Dank zum Ausdruck bringen wollen.“3 

Durch die Annahme des Geschenkes beging die Lehrerin eine Straftat (Vorteilsannahme); siehe dazu den Blog-Beitrag Amtsdelikte. Sie wurde zu einer Geldstrafe von 4.000 Euro verurteilt.

Dabei scheint es allerdings so, dass die entsprechenden Verwaltungsregelungen die Grenzen des Abstrusen weit überschreiten.

Lesen Sie dazu den Blog-Beitrag: Zu Weihnachten: Bitte keine Geschenke an Beamte.

Gewiss. Die Annahme von Belohnungen und Geschenken für Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes muss beschränkt bleiben, denn es gilt, das Ansehen des Berufsbeamtentums zu wahren. Die engen Regelungen für die Annahme von Belohnungen und Geschenken könnten allerdings von Außenstehenden als „scheinheilig“ eingestuft werden, wenn man bedankt, dass Lehrer weiterhin „Freifahrten, Freiflüge oder Freiplätze“ etwa von Reiseveranstaltern annehmen dürfen, weil dadurch die Ausgaben, die ansonsten ihrem Dienstherrn zur Last fielen eingespart werden. Auf diese Weise sollen die Kosten für die Dienstreisen minimiert werden.

Weiterhin stellt sich die Frage: Worin sollte jetzt noch – nach Abschluss der Abiturprüfung – ein Vorteil oder Entgegenkommen liegen, das sich die Schüler oder ihre Eltern von einem Lehrer erhoffen?

Wie „sinnvoll“ und praxisfern die „10-Euro-Regelung“ ist, zeigen außerdem die folgenden
Beispiele:

  • Ein Abiturjahrgang besteht aus 40 Schülern. Aus Wertschätzung der jahrelangen Verdienste, die sich eine Lehrerin erworben hat, will sie dieser Pädagogin ein Abschiedsgeschenk machen. Bei der Höchstgrenze von 10 Euro darf der Klassensprecher von jedem Schüler 25 Cent einsammeln.

  • Zum Blumenstrauß (siehe das oben angeführte Beispiel der Verwaltungsvorschrift): Eine langstielige Rose kostet heute in einem Blumengeschäft 4 Euro. Die Abiturklasse könnte ihrer Lehrerin also (rein rechnerisch) 2,5 Rosen – ohne Verpackungsmaterial (derzeitiger Preis ein Euro) als Anerkennung ihrer jahrelangen erfolgreichen Arbeit überreichen!

Lesen Sie dazu auch den Blog-Beitrag:
Das Abschiedsgeschenk: Vom Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


Zur Annahme von Belohnungen und Geschenken siehe:

  • Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 42 BeamtStG, Rn. 1 ff.

  • Kathke in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 42 BeamtStG, Rn. 1 ff.

  • Kohde in v. Roetteken/Rothländer, HBR IV, § 42 BeamtStG, Rn. 1 ff.


1 http://www.berliner-zeitung.de/berlin/berlinerin-muss-4000-euro-strafe-zahlen-lehrer-zeigt-lehrerin-wegen-geschenks-an,10809148,29468364.html
2 http://www.news4teachers.de/2015/01/lehrerin-nimmt-geschenk-ihres-abi-kurses-an-und-bekommt-strafbefehl-ueber-4000-euro/
3 http://www.stern.de/panorama/berliner-abiturkurs-lehrerin-muss-fuer-geschenk-4000-euro-strafe-zahlen-2163395.html

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3 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 09.03.2015 um 11:53:
L. Wimmer: Lies doch lieber einmal den Beitrag: Maßnahmeverbot wegen bereits erfolgter strafrechtlicher Ahndung! Das sollte Deine Frage beantworten!
kommentiert am 06.03.2015 um 08:36:
Vermutlich bekommt die Lehrerin auch noch ein Disziplinarverfahren - das ist dann wirklich die Höhe!!!!
kommentiert am 05.03.2015 um 11:03:
Völlig irre und typisch für die Beamten!
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