Guttenberg: Plagiat kraft Tradition?
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
man könnte der Meinung sein, die Vervielfältigung fremden geistigen Eigentums hätte in der Familie des Außenministers Tradition: Die Verwendung von beweglichen Lettern revolutionierte ab dem 15. Jahrhundert die herkömmlichen Methoden der Bücherherstellung und löste in Europa geradezu eine Medienrevolution aus. Als Erfinder dieser revolutionären Buchdrucktechnik gilt Johannes Gutenberg.
Aber:
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Zum einen ist Johannes Gänswein – genannt: „Gutenberg“ (mit einem „t“) kein Vorfahre von Dr. Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg,
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zum anderen wird der Begriff „Plagiat“ in einem ganz anderen Sinn definiert:
Unter einem Plagiat wird allgemein das bewusste Aneignen und die Verwendung fremden Geistesguts verstanden.1 Das Werk wird vom Plagiator als sein eigenes ausgegeben. Ein solches Plagiat kann somit auch durch das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Quellenangabe vorliegen. Die Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ist zwar zulässig, um ein neues selbstständiges Werk hervorzubringen. Das neue Werk muss aber selbst alle Voraussetzungen eines geistigen Werkes aufweisen.
Sollte sich der Plagiatsvorwurf bei Dr. Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg als wahr erweisen, so sind seitens der Universität mehrere Reaktionsmöglichkeiten denkbar:2
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Schlimmstenfalls kann der zuerkannte akademische Titel wieder entzogen werden.
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Es könnte eine Nachbesserung der Arbeit verlangt werden.
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Unter Umständen könnte auch eine Neubewertung ohne die „Plagiatsteile“ durchgeführt werden.
In Schülerkreisen nennt man ein solches Vorgehen schlechthin „Abschreiben“, wogegen Lehrer hier von einem „Unterschleif“ sprechen. Bei Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst (Anwärtern) und Auszubildenden hätte ein „Unterschleif“ – wenn er bewiesen werden kann – unter Umständen fatale Folgen:
Nach den jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen kann ein Unterschleif in Prüfungen dazu führen, dass die konkrete Arbeit (etwa eine Klausur oder eine Hausarbeit) mit „ungenügend“ bewertet wird. Eine solche Handlung kann aber auch dazu führen, dass die gesamte Prüfung als „nicht bestanden“ zu werten ist.3
Nach § 12 BeamtStG und § 14 BeamtStG kann eine bereits erfolgte Ernennung sogar zurückgenommen werden, wenn sich der Unterschleif erst nachträglich herausstellt. Grund: Die Ernennung wurde vom Beamten unter Umständen arglistig unter Vorspiegelung falscher Tatsachen herbeigeführt.4
Ich denke:
Auch in diesem Fall darf es keine Vorverurteilung geben. Sollte sich der Plagiatsvorwurf gegen Dr. Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg aber als wahr erweisen, so hat er nicht nur seinen Vorbildcharakter für den öffentlichen Dienst verloren. Die Folgen des Unterschleifs dürfen dann nicht weniger einschneidend sein, als dies bei den Angehörigen des öffentlichen Dienstes der Fall wäre.
Schließlich musste der Verteidigungsminister in einer Erklärung versichern, dass er seine Dissertation selbstständig und mit einer wissenschaftlich ordnungsgemäßen Zitierweise verfasst hat.
Herzlich,
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
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1 Nach § 23 UrhG liegt eine unerlaubte Benutzung fremder geistiger Tätigkeit dann vor, wenn ein Werk ohne Zustimmung des Urhebers unverändert übernommen, mitgestaltet oder bearbeitet wird.
2 PNP vom 18.2.2011.
3 Vgl § 35 APO Bayern.
4 Siehe hierzu schon den Blog-Beitrag Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht…

