Am 1.4.2024 trat bekanntlich das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG, BGBl. I Nr.109) in Kraft. Was bedeutet dies für den Behördenbetrieb?
Liebe Leserin, lieber Leser,
der wesentliche Inhalt des Gesetzes ist folgender
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Legalisierung des Cannabis-Konsums für Erwachsene, wobei der Besitz von bis zu 25 Gramm im öffentlichen Raum zum Eigengebrauch erlaubt, der Besitz von bis zu 50 Gramm trockener Blüten legal ist.
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„Privat“ dürfen maximal drei weibliche Pflanzen angebaut werden, erst ab 60 Gramm Trockenblüten tritt Strafbarkeit ein.
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Sogenannte Cannabis Social Clubs (CSC) mit bis zu 500 Mitgliedern dürfen als „eingetragene Vereine“ Cannabispflanzen anbauen und an Vereinsmitglieder begrenzte Mengen (25 Gramm pro Tag und insgesamt 50 Gramm pro Monat) abgeben.
Zahlreiche andere Gesetze mussten geändert bzw. neu gefasst werden (siehe Art. 2 mit Art. 14a des CanG), wie etwa das Bundesnichtraucherschutzgesetz, das Jugendarbeitsschutzgesetz oder das Strafgesetzbuch und die Fahrerlaubnis-Verordnung.
Die Kritik an dem neuen Gesetz ist vielfältig und unüberhörbar. Einige Beispiele:
Wer die enthaltenen Abstandsregeln oder den rechtmäßigen oder rechtswidrigen Anbau von Cannabis kontrollieren soll, ist völlig ungeklärt. Es droht schon deshalb eine Überbürokratisierung.
Es ist auch offen, wie die in § 5 Abs. 2 CanG vorgeschriebene Abstandsregel von 100 m zu Kindergärten und Schulen etc. gemessen werden soll, oder ob hier eine „ungefähre Schätzung“ genügen wird.
Zehntausende von bereits ausgesprochenen Strafen müssen jetzt erlassen werden. Laut der „Deutschen Richterzeitung“ müssen jetzt außerdem etwa 210.000 Strafakten neu überprüft werden.1
Es drohe ein nicht überschaubares Chaos bei Gerichten und Behörden – insbesondere bei den schon jetzt überlasteten Dienstkräften der Polizei –, aber auch bei der Lehrerschaft.
Die Höchstmenge von Cannabis, die Privatpersonen künftig nach § 19 CanG besitzen (25 Gramm) und pro Monat anbauen (50 Gramm) dürfen, weiche zu stark ab. Bisher gab es im Betäubungsmittelgesetz die geringe Menge von sechs Gramm, bei der die Staatsanwaltschaft entscheiden konnte, das Verfahren einzustellen und nicht weiter zu verfolgen habe.
Der Zugang zu der Droge wird zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes nur Erwachsenen, im Ergebnis aber durch die mögliche und zu erwartende Weitergabe auch den Jugendlichen erleichtert.
Noch eine persönliche Kritik des Verfassers:
Das Gesetz ist unübersichtlich und unleserlich geschrieben und mit einer Vielzahl von zum Teil nicht überprüfbaren Ver- und Geboten überladen. Es ist (wieder einmal) ein Beispiel dafür, wie man Regelungen aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gerade nicht verfassen sollte. Außerdem: In ein und demselben Gesetzestext werden gleich zwei unterschiedliche Abkürzungen (KCanG und CanG) verwendet.

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Welche Auswirkungen hat das Gesetz aber für den öffentlichen Dienst?
Zunächst unterliegen die Angehörigen des Dienstes wie alle Bürger den neuen rechtlichen Vorgaben. Sie dürfen damit im privaten Bereich Cannabis in den vorgegebenen Mengen konsumieren und die entsprechenden Pflanzen auch anbauen.
Fraglich ist, ob Cannabis jetzt auch in der Behörde geraucht werden darf.
Hier bestehen bereits allgemein zum Rauchen von Tabak zahlreiche bundes- und landesrechtliche Regelungen, wie etwa das Nichtraucherschutzgesetz. Nach § 5 Abs. 1 der Arbeitsstättenverordnung hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Rauch und Dämpfe von Tabak- und Cannabisprodukten sowie elektronischen Zigaretten geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.
Bayern trifft hierzu eine Regelung durch das Gesetz zum Schutz der Gesundheit (Gesundheitsschutzgesetz – GSG – vom 23. Juli 2010, GVBl. S. 314). Das Rauchen in Behörden ist nach Art. 3 dieses Gesetzes in Behörden generell verboten. Betroffen sind davon Gebäude des Landes ebenso wie Gebäude der Gemeinden und Gemeindeverbände. Nach Art. 6 und 7 GSG können die jeweiligen Behördenleiter eine Ausnahme in einem besonders gekennzeichneten Nebenraum gestatten. Möglich ist das Rauchen aber auch in einem (in der Regel) besonders abgegrenzten Außenbereich einer Behörde.
Für das Rauchen von Cannabis enthält § 5 CanG ein besonderes Konsumverbot:
§ 5 Konsumverbot
(1) Der Konsum von Cannabis in unmittelbarer Gegenwart von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist verboten.
(2) Der öffentliche Konsum von Cannabis ist verboten:
- in Schulen und in deren Sichtweite,
- auf Kinderspielplätzen und in deren Sichtweite,
- in Kinder- und Jugendeinrichtungen und in deren Sichtweite,
- in öffentlich zugänglichen Sportstätten und in deren Sichtweite,
- in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr und
- innerhalb des befriedeten Besitztums von Anbauvereinigungen und in deren Sichtweite.
Im Sinne von Satz 1 ist eine Sichtweite bei einem Abstand von mehr als 100 Metern von dem Eingangsbereich der in Satz 1 Nummer 1 bis 4 und 6 genannten Einrichtungen nicht mehr gegeben.
(3) In militärischen Bereichen der Bundeswehr ist der Konsum von Cannabis verboten.
Behörden sind hier also nicht genannt. Dies ließe den Schluss zu, dass damit das Rauchen von Cannabis in den oben genannten Bereichen von Behörden gestattet ist. Man wird hierzu allerdings davon auszugehen haben, dass auch ohne eine spezielle Regelung das Arbeitsschutzgesetz Anwendung findet und schon deswegen eine Gleichbehandlung von Tabak- und Cannabisrauchern nicht zulässig ist.
Hinweis:
Aufgrund der bundesrechtlichen Regelung kann jedenfalls das „Kiffen“ im Landtag, wie es Toni Schuberl, ein Abgeordneter der „Grünen“, praktiziert hat, nicht untersagt werden.2
Weiterhin stellt sich die Frage, ob Cannabispflanzen jetzt auch im Dienstzimmer angebaut werden dürfen.
So mancher Behördenangehörige schmückt seinen Arbeitsbereich mit Grünpflanzen etc. Diese können nicht nur dessen Allgemeinbefinden und damit evtl. sogar seine dienstlichen Leistungen stärken, sondern auch als Teil der Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) des Dienstherrn nicht untersagt werden, solange andere Behördenangehörige hierdurch nicht beeinträchtigt werden.
Nach § 9 CanG gilt jedoch (auch ohne eine weitere spezielle Regelung), dass Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, „an ihrem Wohnsitz“ oder „an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt“ der private Eigenanbau von insgesamt nicht mehr als drei Cannabispflanzen gleichzeitig erlaubt ist.
Das Dienstzimmer eines Beschäftigten des öffentlichen Dienstes stellt zwar einen Teil seines „dienstlichen Wohnsitzes“ (§ 15 Abs. 1 BBesG), nicht aber seinen allgemeinen Wohnsitz und (hoffentlich) auch nicht seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ dar, sodass ein Züchten von Cannabispflanzen in der Behörde schon aus diesem Grund nicht zulässig ist. Insofern würde sich damit natürlich auch eine Einzelfallgenehmigung des Behördenleiters verbieten.
Zunächst wäre es denkbar, dass der jeweilige Gesetzgeber eine Regelung zum Verbot des Cannabiskonsums in einer allgemein geltenden Bestimmung trifft. So hat etwa Bayern vor Kurzem zum „Gendern“ in § 22 Abs. 5 AGO festgelegt:
„Im dienstlichen Schriftverkehr und in der Normsprache wenden die Behörden die Amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung an. Mehrgeschlechtliche Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt, Gender-Gap oder Mediopunkt sind unzulässig.“
Auf die gleiche Art könnte ein Verbot des Konsumierens von Cannabis und (rein deklaratorisch) des Anbaus der entsprechenden Pflanze in der Behörde durch einen Zusatz bei der AGO untersagt werden.
Der Geltungsbereich dieser Geschäftsordnung beschränkt sich aber auf die Behörden des Freistaats Bayern (staatliche Behörden). Deshalb enthält § 36 AGO den Hinweis: „Gemeinden, Landkreisen, Bezirken und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts wird empfohlen, nach dieser Geschäftsordnung zu verfahren“.
Die Umsetzung der Ziele in nichtstaatlichen Behörden kann durch das Direktionsrecht des jeweiligen Behördenleiters vorgenommen werden. Der Behördenleiter nimmt in aller Regel bei Beamten auch die Funktion des weisungsberechtigten Dienstvorgesetzten wahr.
Wie bereits oben erwähnt, bestimmt § 5 Abs. 1 der Arbeitsstättenverordnung, dass der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Rauch und Dämpfe von Tabak- und Cannabisprodukten sowie elektronischen Zigaretten geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot – auch für einen „Joint“ – zu erlassen.
Nach § 80 Abs. 1 Nr. 17 und 18 BPersVG (und dem entsprechenden Landespersonalvertretungsgesetzen) besteht ein Beteiligungsrecht des Personalrats bei den Grundsätzen des behördlichen oder betrieblichen Gesundheits- und Eingliederungsmanagements und bei Regelungen zur Ordnung in der Dienststelle sowie des Verhaltens der Beschäftigten und damit gerade auch bei dem Erlass eines Rauch- und damit Cannabisverbots. Damit ist der Weg für eine entsprechende Dienstvereinbarung offen (§ 63 BPersVG und das entsprechende Landesrecht). Hiervon sollte der Personalrat aufgrund des neuen CanG Gebrauch machen und gemeinsam mit der Dienststellenleitung den Konsum und (deklaratorisch) den Anbau der Droge einvernehmlich untersagen.
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Allgemein bemerkenswert ist auch noch Folgendes:
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Es dürfen zwar bis zu drei Cannabispflanzen angebaut und bis zu 25 g der Droge in Besitz gehalten werden. Wenn die Ernte der eigenen Pflanzen aber mehr als 25 g verwendbares Cannabis ergibt, muss der Rest „vernichtet“ werden – eine völlig lebensfremde Vorgabe des Gesetzes!
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Cannabis darf nur als Einzelperson geraucht werden. Wer den „Joint“ wie üblich in der Gruppe weitergibt, macht sich strafbar, weil nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 CanG die Weitergabe verboten und unter Strafe gestellt ist. Wer soll das aber kontrollieren?
Zu welchen Schwierigkeiten das neue Gesetz nicht nur bei Polizisten, Lehrern und sonstigen Überwachungspersonal, sondern auch bei den Gerichten führen wird, zeigt ein Urteil des LG Mannheim vom 12.4.2024 – (Az.: 5 KLs 804 Js 28622/21). Das neue Gesetz führte hier zum Freispruch eines Drogenschmugglers, der 450 kg (!) Marihuana einführen wollte. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von acht Jahren gefordert.
Der Vorsitzende Richter begründete den Freispruch damit, dass nach dem BGH verschlüsselte „Chats“ – die zur Aufklärung des Falles beigetragen hatten – nur unter bestimmten Voraussetzungen vor Gericht verwertbar seien (vgl. § 100a Abs. 2 Ziffer 7a StPO), und diese Ermittlungstätigkeit nunmehr daran scheitere, dass Cannabis nach dem CanG seit dem 1.4.2024 kein Betäubungsmittel mehr sei. Das Landgericht ordnete eine finanzielle Entschädigung für den Angeklagten für die Zeit in Untersuchungshaft an.
Hätte es sich um eine andere Droge gehandelt, so der Vorsitzende Richter, wäre das Urteil unter Umständen anders ausgefallen. Die Kammer sei nicht von der Unschuld des Mannes überzeugt. Aber ohne die „Chats“ fehlten schlussendlich überzeugende Beweise… Die Staatsanwaltschaft will laut einer Sprecherin in Revision gehen. Der BGH wird somit prüfen, ob das LG die Gesetzeslage korrekt interpretiert hat.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Literaturhinweis:
Näheres zur PR-Beteiligung vgl. auch Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, § 51 BeamtStG, Rn. 63 (Dienstvereinbarung).

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