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Muss ein Polizeibeamter sein Leben einsetzen?

Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) hat in unserer Verfassungsordnung wie das damit untrennbar verbundene Recht auf Wahrung der Menschenwürde (Art. 1 GG) den höchsten Stellenwert. Gilt das auch für Polizeibeamte?

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Einschränkungen des Art. 2 Abs. 2 GG sind nur insoweit möglich, als Gefahrenlagen für Beamte unvermeidlich sind, die verfassungsmäßige Ordnung sowie das Leben, die Freiheit und die Unversehrtheit der Bürger zu wahren. Entsprechende Risikolagen müssen daher

  • der Polizeivollzugsbeamte,
  • der Beamte im Strafvollzug,
  • der Feuerwehrbeamte,
  • der Verfassungsschutzbeamze und
  • der Beamte in der Gesundheitsverwaltung (z. B. bei der Seuchenbekämpfung) hinnehmen.

Allerdings ist hierzu nach dem BVerfG eine gesetzliche Präzisierung der Pflichtenlage notwendig.

Diese Tätigkeiten sind im Übrigen nicht nur mit einer erhöhten Gefahr für Leib und Leben verbunden, sie bedingen auch eine gesteigerte psychische Belastung für den einzelnen Beamten und seine gesamte Familie.

Nach Art. 2 Abs. 1 PAG hat die Polizei etwa in Bayern die Aufgabe, die allgemein oder im Einzelfall bestehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Polizeivollzugsbeamte – aber auch Feuerwehrbeamte und Justizvollzugsbeamte – sind auch dann zur Risikoübernahme verpflichtet, wenn sie sich erkennbar einer Selbstgefährdung von Leib und Leben aussetzen, wobei diese Verpflichtung allerdings dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegt, weshalb ein solcher Einsatz wohl nur zum Zweck des Schutzes von Leib und Leben anderer, nicht aber etwa zum Schutz von Sachgütern verlangt werden kann.

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News Beamtenrecht

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Diese Pflicht resultiert zum einen aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG und zum anderen aber auch aus dem Berufsbild des Polizeivollzugsbeamten bzw. der oben genannten Laufbahnen. Aus der Pflicht zur vollen Berufshingabe folgt zugleich die Pflicht, die typischen Berufsgefahren des im Einzelfall übertragenen Amtes auf sich zu nehmen.

Der Gesetzgeber hat hier einen „Mindestausgleich“ dadurch geschaffen, dass er die Altersgrenze für den gesetzlichen Ruhestand um fünf Jahre vorverlegt hat (jetzt auf das 62. Lebensjahr; vgl. Art. 129 BayBG für Polizeivollzugsbeamte, Art. 139 BayBG für Justizvollzugsbeamte, Art 131 BayBG für Verfassungsschutzbeamte und Art. 132 BayBG für Feuerwehrbeamte).

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Außerdem bestehen auch noch andere besondere versorgungsrechtliche Bestimmungen wie erhöhtes Unfallruhegehalt (§ 37 BeamtVG/Art. 54 BayBeamtVG), Unfallsterbegeld (für Bayern: Art. 57 BayBeamtVG), Unfallhinterbliebenenversorgung (für Bayern: Art. 58 BayBeamtVG) oder Unfallentschädigung (für Bayern: Art. 62 BayBeamtVG).

Dazu ist anzumerken:
Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit benötigen nach der Wesentlichkeitstheorie des BVerfG (so schon: BVerfG, 14.03.1972 - 2 BvR 41/71 zum Strafgefangenenrecht) stets eine gesetzlichen Grundlage. Diese ist – soweit ersichtlich – nur in Hamburg gegeben. Hier bestimmt § 107 Abs. 1 HmbBG:
„Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte haben ihre Amtspflichten unter Einsatz ihrer Person, notfalls auch ihres Lebens, zu erfüllen.“

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Interessant sind hier etwa folgende Entscheidungen, auf welche Walter in ZBR 2024, 225/228 hinweist:

  • Das Amtsgericht Tiergarten  (Urteil vom 16.5.2002 – 213 1. Kap. – Js 1159 /98) verurteilte 2 Polizeibeamte, die bei einem Raubüberfall nicht einschritten, zu Haftstrafen mit Bewährung wegen versuchter Körperverletzung im Amt.
  • Das Amtsgericht Schwelm (Urteil vom 16.11.2021 -  59 Ls 500 – Js 551/20 – 25/20) verurteilte 2 Polizeibeamtinnen, die bei einer Schießerei ihren Kollegen nicht zur Seite standen, wegen gemeinschaftlich versuchter Körperverletzung im Amt durch Unterlassen ebenfalls zu Bewährungsstrafen.

Meine Meinung:
Richtig ist, dass Polizeibeamte auch in solchen Fällen eine „Garantenpflicht“ besitzen, die sie zum Einschreiten verpflichtet. Inwieweit allerdings eine Pflichtverletzung bei der Gefährdung des eigenen Lebens vorliegt, das kann wohl nur anhand des jeweiligen Einzelfalles entschieden werden.

Nach Auffassung des Verfassers besteht in den oben genannten Bereichen zwar zum einen eine besondere Gefahrenlage, zum anderen besteht aber auch in diesen Bereichen grundsätzlich

Keine Pflicht zum Heldentod!

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

Literaturhinweis:

Lexikon Beamtenrecht; Stichwörter:

  • Polizeivollzugsbeamte;
  • Feuerwehrbeamte;
  • Justizvollzugsbeamte
  • Verfassungsschutzbeamte

Weiß/Niedermaier/Summer, § 3 BeamtStG, Rn. 26.

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