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Nach der Wahl: Steinbrücks Stinkefinger und das Beamtenrecht

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Gestern (22.9.2013) fand die Bundestagswahl 2013 statt. Peer Steinbrück – Kanzlerkandidat der SPD – gab während des Wahlkampfes dem SZ-Magazin ein „wortloses Interview“. Auf dem Cover einer der Ausgaben der Zeitschrift präsentiert er sich mit Stinkefinger.1

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

„Pannen-Peer“2, „Problem-Peer“ oder „Peerlusconi“ solche Spitznamen musste sich SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück im Bundestags-Wahlkampf 2013 von vielen Seiten anhören. Das Magazin der Süddeutschen Zeitung hatte Steinbrück hierzu gefragt: „Um nette Spitznamen müssen Sie sich keine Sorgen machen, oder?“ Die Antwort des SPD-Mannes darauf: ein gestreckter Mittelfinger!

Die Aussagekraft dieser nonverbalen Antwort ist eindeutig und braucht an dieser Stelle nicht wiederholt zu werden. Für das Beamtenrecht stellt sich die Frage: Welche dienstrechtliche Folge hätte diese Geste, wenn sie von einem Beamten im Dienst „gezeigt“ würde?

  • Das VG Berlin hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem ein Lehrer seiner Klasse den „Stinkefinger“ zeigte. Die Geste stellte nach Auffassung des Gerichts eine Dienstpflichtverletzung dar, denn das Verhalten eines Beamten muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Die Geste drückt – so das VG – nicht nur die Missachtung gegenüber den Betroffenen aus, son-dern sie ist darüber hinaus auch geeignet, die Schüler in ihrem Selbstwertgefühl massiv zu beeinträchtigen. Aufgrund des Summeneffekts (vgl. dazu den Beitrag: Der Summeneffekt im Beamtenrecht) wurde der Lehrer (auch wegen weiterer Vergehen) aus dem Dienst entfern

Auch für den „normalen“ Verwaltungsdienst gilt: Das zeigen des „Stinkefingers“ im Dienst stellt ein Dienstvergehen dar, das zu strafrechtlichen und zu disziplinarrechtlichen Maßnahmen führen kann.

Ich denke:
Vom Beamten wird gefordert, dass er „die allgemein üblichen Formen der Höflichkeit“ wahrt.4 Das ist für Beamte – wohl auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung – eine Selbstverständlichkeit, offensichtlich aber nicht für Politiker …

Dies zeigte übrigens schon der Beitrag: Beleidigungen durch Politiker und Disziplinarrecht der Beamten mit großer Deutlichkeit.

Es soll aber auch auf den umgekehrten Fall hingewiesen werden: Zeigt ein Bürger einem Beamten den Stinkefinger, so handelt es sich eindeutig um eine Beleidigung (vgl.: Darf man seinen Esel „Beamter“ nennen?). Interessant ist in diesem Zusammenhang Folgendes: Die Kundgabe der Missachtung kann dabei auch über das Medium einer Videokamera erfolgen (polizeiliche Kontrollstelle an einer Autobahn).5 Diese Beleidigung kann je nach Lage des Falles mit einer Geldstrafe von mehreren Tausend Euro bestraft werden.6

Fazit:
Man sollte sich den Stinkefinger lieber nur denken – das gilt sowohl für Beamte, als auch für den Bürger und – erst recht – für Kanzlerkandidaten!

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
__________________________
1 http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-09/steinbrueck-mittelfinger-stinkefinger
2 http://www.tagesspiegel.de/politik/peer-steinbrueck-in-pose-pannen-peer-reckt-den-stinkefinger/8782546.html
3 VG Berlin vom 31.3.2004, Az.: 80 A 52.01.
4 Zängl in Weiß / Niedermaier / Summer / Zängl, Kommentar zum Bayerischen Beamtenrecht Rn. 180 zu § 34 BeamtStG.
5 BayOLG vom 23.2.2000, Az.: 5St RR 30/00, 5 St RR 30/2000.
6 http://www.rp-online.de/auto/ratgeber/der-stinkefinger-kann-teuer-werden-1.2413522


Zum achtungswürdigen Verhalten vgl.:

  • Baßlsperger, Einführung in das neue Beamtenrecht, (print), Kap. 13, Rn. 80 ff.

  • Baßlsperger, Einführung in das neue Beamtenrecht, (online), Kap. 14, Rn. 80 ff.

  • Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, § 33 BeamtStG, Rn. 138 ff.

  • v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR IV, § 34 BeamtStG, Rn. 37 ff.

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