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Oberste Dienstbehörde: Eine gesetzgeberische Ungenauigkeit

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Das Bundesbeamtengesetz und die verschiedenen Ländergesetze enthalten Legaldefinitionen zum Begriff der obersten Dienstbehörde. Diese Definitionen enthalten allerdings gravierende Fehler.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

nach § 3 Abs. 1 BBG (Bundesbeamte) ist oberste Dienstbehörde der Beamtin oder des Beamten die oberste Behörde eines Dienstherrn, in deren Geschäftsbereich die Beamtin oder der Beamte ein Amt wahrnimmt.

Nach Art. 2 Satz 1 BayBG ist die oberste Dienstbehörde die oberste Behörde des Dienstherrn in dem Dienstbereich, in dem der Beamte oder die Beamtin ein Amt bekleidet.

Diese Legaldefinitionen sind äußerst unglücklich, worauf auch Günter Hilg für die Landesgesetzgebung und hier insbesondere den Kommunalbereich bereits mehrfach hingewiesen hat.1

Sowohl nach § 10 Abs. 3 BBG, als auch nach § 8 Abs. 3 BeamtStG wird mit der Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Probe, auf Lebenszeit und auf Zeit gleichzeitig ein Amt (im statusrechtlichen Sinn) verliehen. Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst besitzen aber auch kein Amt im konkret- oder abstrakt funktionellen Sinn. Folge: Beamte auf Widerruf haben noch keinerlei Amt. Gleichwohl sind die obersten Dienstbehörden für eine Reihe von Entscheidungen auch für diese Beamten zuständig. So erlassen die Ministerien als oberste Dienstbehörden etwa die entsprechenden Ausbildungsvorschriften für die Beamten auf Widerruf in ihrem Geschäftsbereich (vgl. in Bayern Art. 22 LlbG), sind zuständig für die Kürzung der Vorbereitungsdienstes (in Bayern Art. 27 LlbG); sie sind Disziplinarbehörden usw.

Fazit:
Beamte auf Widerruf haben zwar kein „Amt“, aber sehr wohl eine oberste Dienstbehörde. Die gesetzlichen Definitionen sind deshalb ungenau.

Wer nimmt nun in der Praxis die Aufgaben der obersten Dienstbehörde wahr?

  • Oberste Dienstbehörde der Staatsbeamten sind die Staatsministerien des Bundes oder der Länder (jeweils für die Beamten ihres Geschäftsbereichs). Beispiel: Das Finanzministerium des jeweiligen Landes für die an den Finanzämtern tätigen Steuerbeamten.

  • Die oberste Dienstbehörde der Beamten der übrigen Dienstherren, also der „Nichtstaatsbeamten“, bestimmt sich nach den einschlägigen Gesetzen, Rechtsverordnungen oder Satzungen. In der Regel ist das oberste zur Willensbildung berufene „Kollegialorgan“ die oberste Dienstbehörde. So ist etwa bei Gemeindebeamten der Gemeinderat oder – worauf Hilg hinweist – auch der erste Bürgermeister als oberste Dienstbehörde berufen. Bei Landkreisbeamten ist folglich der Kreistag, beim Bezirk der Bezirkstag, bei Zweckverbänden die Verbandsversammlung oberste Dienstbehörde.

Die oberste Dienstbehörde hat zahlreiche Zuständigkeiten, vgl. § 14 Abs. 3 oder § 31 Abs. 2 BBG (Art. 6 Abs. 4, Art. 7 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 BayBG). Im Übrigen muss die Zuständigkeit der obersten Dienstbehörde ausdrücklich durch Gesetz bestimmt sein.

Lesen Sie zum Amtsbegriff auch den Blog-Beitrag:
Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


Zu den obersten Dienstbehörden wird empfohlen:

  • Baßlsperger, Einführung in das neue Beamtenrecht, Kapitel 3, Rn. 51 ff. (print),

  • Baßlsperger, cockpit Beamtenrecht, Thema EF, Wichtige Begriffe des Beamtenrechts,

  • Summer in Weiß/Niedermaier/Summer, Bayerisches Beamtenrecht, Art. 2 BayBG, Rn. 2,

  • Werres in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 2 LBG NRW, Rn. 1 ff.


1 Hilg, apf 2003, B 41ff, apf 2007, B 9 und apf 2012, B 67 ff..

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1 Kommentar zu diesem Beitrag
kommentiert am 29.01.2015 um 19:53:
Es ist sehr verwunderlich, dass der Gesetzgeber sich diese Ungenauigkeit erlaubt hat. Schließlich spielt die oberste Dienstbehörde bei vielen beamtenrechtlichen Fragen eine große Rolle. Allein um ein Beispiel zu nennen wäre an dieser Stelle das Widerspruchsverfahren zu erwähnen. Hätten Beamte auf Widerruf im Vorbeireitungsdienst tatsächlich keine oberste Dienstbehörde, stellt sich nun die Frage, wo sie einen Widerspruch einlegen könnten und welche Behörde letztendlich den Widerspruchsbescheid erlassen würde. Daher sollte der Gesetzgeber meines Erachtens nach die aktuelle Legaldefintion noch einmal überarbeiten.
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