Mit Urteil vom 14. Januar 2025 – 1 BvR 548/22 – hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Erhebung einer Gebühr für den polizeilichen Mehraufwand zumindest bei „Hochrisikospielen“ im Fußball mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Liebe Leserin, lieber Leser,
immer wieder werden Polizeibeamte bei ihrem Einsatz in und vor Fußballstadien durch sog. „Hooligans“ verletzt.1 Der oder die Täter können meist nicht ermittelt werden. Nach dem Beamtenrecht handelt es sich hierbei in aller Regel um Dienstunfälle, für welche der Dienstherr – in der Regel also das jeweilige Land – nach den Bestimmungen des Beamtenversorgungsrechts finanziell gerade stehen muss. Ein gewisser Ausgleich ist nach dem BVerfG jetzt aber möglich.
Grundlage des Rechtsstreits war eine Regelung der Stadt Bremen (§ 4 Abs.4 Bremisches Gebühren- und Beitragsgesetz (BremGebBeitrG). Diese lautet:
„Eine Gebühr wird von Veranstaltern oder Veranstalterinnen erhoben, die eine gewinnorientierte Veranstaltung durchführen, an der voraussichtlich mehr als 5 000 Personen zeitgleich teilnehmen werden, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird. Die Gebühr ist nach dem Mehraufwand zu berechnen, der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften entsteht. Der Veranstalter oder die Veranstalterin ist vor der Veranstaltung über die voraussichtliche Gebührenpflicht zu unterrichten. Die Gebühr kann nach den tatsächlichen Mehrkosten oder als Pauschalgebühr berechnet werden.“
Sachverhalt:
Für den 19. April 2015 war ein Spiel der Fußball-Bundesliga zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV im Bremer Weserstadion angesetzt. Dabei unterrichtete die Polizei Bremen die Beschwerdeführerin (DFL) unter Verweis auf § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG über ihre voraussichtliche Gebührenpflicht als Veranstalterin. Nach den damaligen Erkenntnissen und Informationen war am Spieltag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Fans der beiden Vereine zu rechnen. Dies erforderte den Einsatz von starken Polizeikräften um den zu erwartenden Ausschreitungen durch sinnvolle Einsatzmaßnahmen effektiv zu begegnen. Die Rechnung, welche an die DFL gestellt wurde, lautete auf 425.000 €. Dies hielt die Veranstalterin für rechtswidrig und klagte.

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Die Argumente der DFL gegen eine finanzielle Inanspruchnahme lauten auch jetzt noch wie folgt2:
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Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere die Gewährleistung einer störungsfreien An- und Abreise der Besucher im öffentlichen Raum zu einer Veranstaltung, obliegt der Polizei.
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Die Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte ist weder von der DFL veranlasst, noch erfolgt dies im überwiegenden Interesse der DFL, ebenso ermöglicht dies keinen sonstigen spezifischen (Sonder-)Vorteil.
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Die Polizei wird vielmehr im Interesse der Allgemeinheit tätig. Die DFL und auch der jeweils die Veranstaltung durchführende Heimclub sind Teil der Allgemeinheit, sie sind nicht spezifische Nutznießer, die aus der Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte einen Sondervorteil erlangen würden.
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Ein etwaiger Mehraufwand zur Verhinderung von Gewalttaten im öffentlichen Raum rechtfertigt keine Gebührenpflicht. Unabhängig davon verhindern Gebührenbescheide keine einzige Einsatzstunde der bereitgestellten Polizistinnen und Polizisten.
Dem ist das BVerfG – richtigerweise – nicht gefolgt. Es teilte damit im Ergebnis die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 29.03.2019 – 9 C 4.18).
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Entscheidend war für das Gericht:
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Die Mehrkosten der Polizeieinsätze sollen nicht durch die Gesamtheit der Steuerzahler, sondern auch durch die wirtschaftlichen Nutznießer der Polizeieinsätze geschultert werden und das seien nun einmal die DFL und ihre Vereine.
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Dabei handele es sich um ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel, denn § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG greife zwar in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Veranstalterin ein, der Eingriff sei aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
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Die Veranstaltungsgebühr beeinträchtige die Berufsfreiheit der Veranstalterinnen und Veranstalter auch in einer Gesamtschau nicht unangemessen.
Gerade dieses letztgenannte Argument wird vermutlich von einem großen Teil der Bevölkerung geteilt, weil es nicht einsehbar ist, dass an Fußballspieler und Funktionäre der Vereine und der DFL monatlich viele Millionen gezahlt werden, während der „kleine“ Steuerzahler auch noch die Kosten für die Polizeieinsätze tragen soll.

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Außerdem: Im Zeitraum der Saisons 2021/2022 bis 2024/2025 liegen die Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehübertragungsrechte der Fußball-Bundesliga im Inland durchschnittlich je Saison bei 1,1 Milliarden Euro. Da ist es doch nur allzu verständlich, wenn die DFL und ihre Vereine bei Polizeieinsätzen nur zu einem Bruchteil dieser Beträge herangezogen werden.
Es kann also den anderen Ländern nur geraten werden, alsbald Bestimmungen zu erlassen, die dem § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG entsprechen. Damit können außerdem auch Kosten gemindert werden, die dem Dienstherrn hinsichtlich der Ersatzleistungen bei den oben beschriebenen Dienstunfällen immer wieder entstehen.
Klar ist aber auch: Die DFL wird die Mehrkosten keinesfalls selbst tragen, sondern auf die Zuschauer abwälzen. Aber auch das werden die „Fans“ mit Sicherheit in Kauf nehmen....
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Literaturhinweis:
Lexikon Beamtenrecht, Stichwort: Dienstunfall
