Polizisten und Strafrichter als Bus- und Taxifahrer?
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
nach § 99 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BBG und den entsprechenden Vorschriften der Länder ist eine Genehmigung schon dann zu versagen, wenn eine Nebentätigkeit dem Ansehen der Verwaltung abträglich sein kann. Auch durch das Disziplinarrecht wird das Ansehen der Verwaltung geschützt. So hat etwa das VG Meiningen2 entschieden, dass private Besuche eines Bordells durch einen Polizeibeamten kein Dienstvergehen darstellten. Ist der Polizeibeamte aber mit der Kontrolle des von ihm besuchten Bordells beruflich betraut oder ist er mit der Untersuchung von Straftaten im „Rotlichtmilieu“ befasst, kann der Besuch des Bordells nach der Entscheidung des Gerichts sehr wohl dem Ansehen der Verwaltung schaden und ein Dienstvergehen darstellen.
Die Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz zum Nebentätigkeitsrecht führen als Beispiele für ansehensgefährdende Nebentätigkeiten3 auf:
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die Tätigkeit eines Richters oder Rechtspflegers als Taxifahrer;
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die Tätigkeit eines Rechtspflegers oder Urkundsbeamten als Türsteher einer Diskothek;
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das Betreiben einer Videothek mit pornographischem Material durch einen Justizwachtmeister4;
Es fragt sich allerdings, ob diese Beispiele noch zeitgemäß sind.
Ich denke:
Rechtsprechung und Verwaltung sollten der Tatsache Rechnung tragen, dass sich in den Augen der Öffentlichkeit ein großer Wertewandel vollzogen hat.
Man wird kaum mehr vertreten können, dass etwa eine Tätigkeit als Taxi- oder Busfahrer, selbst durch einen Richter oder einen Beamten des höheren Dienstes, als reine „Zubrottätigkeit“ und damit als Ansehensschädigung der Verwaltung eingestuft werden muss. Abgesehen davon, dass eine solche Wertung zwangsläufig zu einer Diskriminierung einzelner Berufsgruppen führen wird, lässt sich aufgrund der geänderten Anschauungen in der Gesellschaft die Auffassung schon deshalb nicht mehr vertreten, weil grundsätzlich nicht mehr zwischen „höheren“ und „niederen“ Tätigkeiten unterschieden werden kann und der individuellen Selbstverwirklichung gerade außerhalb des Amtes ein gesteigerter Stellenwert zukommt.
Liest man den in der Einleitung erwähnten Fall des OVG Münster vom 29.4.2011 genau, so sieht man, dass der Beamte bereits wegen einer Trunkenheitsfahrt vorläufig des Dienstes enthoben war. Hätte der Dienstherr durch die Erteilung einer entsprechenden Genehmigung in diesem Fall eine Nebentätigkeit als Busfahrer legitimiert, so wäre ohne jeden Zweifel ein Ansehensverlust eingetreten. Die Art der Tätigkeit (Busfahrer) war dann aber wohl für die Ablehnung nicht ausschlaggebend.
Herzlich,
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
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1 Az.: 6 A 1665/10.
2 Beschluss vom 25.9.2003, Az.: 6 D 60015/02.Me
3 Vom 16. Februar 2004; Az.: 2003 - V - 597/04
4 VG Hannover, NJW 1988, 1162
Zum Versagungsgrund der möglichen Ansehensbeeinträchtigung:
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Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Bayerisches Beamtenrecht,
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Art. 81 Abs. 3 Nr. 6 BayBG, Rn.
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v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR, § 79 HBG, Rn. 77 und 78

