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Probezeit: Anrechnung von Beschäftigungszeiten in der Privatwirtschaft

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Sowohl nach dem Bundesrecht, als auch nach dem Landesrecht können Beschäftigungszeiten in der Privatwirtschaft auf die Probezeit angerechnet werden. Der Vorteil für den Beamten durch die so verkürzte Probezeit besteht darin, dass er zum einen schneller zum Beamten auf Lebenszeit ernannt werden kann und zum andern auch sein allgemeiner Dienstzeitbeginn vorverlagert wird, was wiederum für seine späteren Beförderungen eine entscheidende Besserstellung mit sich bringt.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

eine Anrechnung von Vordienstzeiten kommt nicht nur für Zeiten im öffentlichen Dienst (siehe dazu den Beitrag Zeitsoldaten: Anrechnung von Dienstzeiten auf die Probezeit), sondern auch für Zeiten einer früheren hauptberuflichenTätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes – also in der Privatwirtschaft – in Frage (vgl.§ 29 Abs. 1 BLV), wobei es sich aber um solche Tätigkeiten handeln muss, die nach Art und Bedeutung mindestens der einer Laufbahn im öffentlichen Dienst entsprechen.1

Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass die außerhalb des öffentlichen Dienstes zurückgelegten Zeiten für die Wahrnehmung der Aufgaben förderlich und unter Umständen sogar ausdrücklich erwünscht sein können.2 Es gelten dabei folgende Grundsätze:

1. Die Art der Tätigkeit in der Privatwirtschaft muss mit der späteren Tätigkeit als Beamter vergleichbar sein.

Beispiel: Eine technisch ausgerichtete Tätigkeit in der Privatwirtschaft kann bei einer reinen Bürotätigkeit im öffentlichen Dienst nicht angerechnet werden.

2. Die Tätigkeit muss nach Ihrer Wertigkeit (= Bedeutung) mindestens dem Amt der jeweiligen Laufbahngruppe (in Bayern: Qualifikationsebene) entsprechen, welcher der Beamte angehört. Maßgebend ist für die Wertigkeit grundsätzlich das für die jeweilige Laufbahngruppe festgelegte Eingangsamt.

Daraus kann aber nicht im Einzelfall geschlossen werden, dass eine höherwertige Tätigkeit in jedem Fall auch bei einer Einstellung in einer niedrigeren Laufbahngruppe (in Bayern: Qualifikationsebene) angerechnet werden kann.

Da sich die Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes hinsichtlich ihrer Art regelmäßig von den Dienstaufgaben der Beamtenlaufbahnen unterscheiden, sind für die Anrechenbarkeit verhältnismäßig enge Grenzen gezogen.

Um aber die Anrechenbarkeit nicht auf Laufbahnen zu beschränken, für die die Qualifikation auf der Grundlage der Vorbildung durch die hauptberufliche Tätigkeit erworben wird, ist der unbestimmte Rechtsbegriff der Tätigkeit dahingehend auszulegen, dass sie sowohl nach ihrer Wertigkeit als auch nach der Fachrichtung (in Bayern: fachlicher Schwerpunkt) geeignet sein muss, die Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln oder zu vertiefen, die für die ordnungsgemäße Erfüllung von Dienstaufgaben der Laufbahn in der jeweiligen Laufbahngruppe (in Bayern: Qualifikationsebene) erforderlich sind. Nur dann kann auch eine privatwirtschaftliche Tätigkeit ein geeignetes Kriterium für die Feststellung der Bewährung bilden.3

Beispiele: Die Tätigkeit als Rechtsanwalt oder in der Rechts- oder Personalabteilung eines Unternehmens oder eines Verlages – nach erfolgreicher Ablegung der 2. Juristischen Staatsprüfung – kann in der Regel bei einer Ernennung in den höheren Dienst in der allgemeinen Verwaltung auf die Probezeit angerechnet werden.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


1 Für eine Anrechnung kommen dabei etwa in Bayern nach Art. 36 Abs. 3 LlbG aber nur Tätigkeiten in Betracht, die nach dem Erwerb der für die Fachlaufbahn notwendigen Qualifikation zurückgelegt wurden.
2 Konrad in Keck/Puchta/Konrad, Art. 36 LlbG, Rn. 12.
3 Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer, Art. 36 LlbG, Rn. 28.


Lesen Sie dazu:

  • Leppek in Lemhöfer/Leppek, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, § 29 BLV, Rn. 3 ff.

  • Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Art. 36 LlbG, Rn. 27 ff. und

  • Keck in Keck/Puchta/Konrad, Laufbahnrecht in Bayern, Art. 36 LlbG, Rn. 11 ff.

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2 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 23.05.2019 um 08:31:
Zunächst einmal vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Arbeit! Ihre Frage möchte ich wie folgt beantworten: Zängl geht im Kommentar von Weiß/Niedermaier/Summer in Art. 36 LlbG, Rn. 28 offensichtlich vom Erfordernis einer hauptberuflichen Tätigkeit aus. Ich denke, dass er damit Recht hat, weil anderenfalls an der Voraussetzung "entsprechende Tätigkeit" Zweifel bestehen könnten.
kommentiert am 22.05.2019 um 08:53:
Sehr geehrter Herr Baßlsperger, vielen Dank für Ihren interessanten Beitrag. Das Thema der Anrechnung von Beschäftigungszeiten ist in der Praxis immer wieder strittiges Thema. Als regelmäßiger Anwender des bayerischen Laufbahnrechts ist mir in diesem Zusammenhang folgendes aufgefallen: Das Laufbahnrecht des Bundes stellt in § 29 Abs. 1 BLV bei der Anrechnung von Beschäftigungszeiten auf die Probezeit ausdrücklich auf hauptberufliche Beschäftigungszeiten ab – eine entsprechende Definition des Begriffs findet sich dann in § 2 Abs. 5. Im bayerischen Laufbahnrecht ist die Anrechnung von Beschäftigungszeiten auch geregelt, nämlich in Art. 36 LlbG. Allerdings ist hier durchgehend von einer Tätigkeit ohne das Merkmal der Hauptberuflichkeit die Rede – obwohl dieses z. B. in Art. 15 durchaus vorkommt. Handelt es sich Ihrer Meinung nach hierbei um eine gewollte Unterscheidung? Oder müssen auch in Bayern Beschäftigungszeiten grundsätzlich im Rahmen einer hauptberuflichen Tätigkeit erworben worden sein? Über eine Anwort würde ich mich sehr freuen!
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