Liebe Leserin, lieber Leser,
Nach § 84 Abs. 1 Nr. 6 BPersVG (und dem entsprechenden Landespersonalgesetzen) wirkt der Personalrat bei einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand (§ 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) und der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit (§ 27 BeamtStG) mit. Hierfür ist jedoch ein Antrag des Beamten erforderlich (§ 84 Abs. 2 BPersVG). Dabei unterliegen der Beteiligung des Personalrats nicht nur die Fälle, in denen die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand gegen den Willen des Beamten verfügt wird, sondern auch Entscheidungen zur Ablehnung eines Antrags des Beamten auf vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Aber auch wenn ein Beamter gegen seinen Willen weiter im aktiven Dienst zu verbleiben hat, ist damit eine Überprüfung der Auswirkungen auf die Personalverwaltung und auf die Interessen der Beschäftigten durch die Personalvertretung möglich.
Von besonderer Bedeutung ist die Beteiligung des Personalrats in aller Regel also dann,
wenn der Beamte im Zwangspensionierungsverfahren die Beteiligung beantragt,
wenn der Dienstherr einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand ablehnen will oder
wenn der Dienstherr beabsichtigt, die begrenzte Dienstfähigkeit festzustellen.
Wird der Personalrat dann auf einen Antrag des Beamten hin nicht beteiligt, ist die Versetzung in den Ruhestand zwar nicht nichtig, aber rechtswidrig und kann mit Erfolg durch Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) vor dem Verwaltungsgericht angegriffen werden. Eine Nachholung der Beteiligung ist aber auch noch in einem evtl. eingeleiteten Widerspruchsverfahren (§ 54 Abs. 3 BeamtStG) mit heilender Wirkung möglich.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Personalvertretung bereits bei der Untersuchungsanordnung zu beteiligen ist. Hierzu wird zwar die Auffassung vertreten, dass ein Beteiligungsrecht allein kraft der Allzuständigkeit des Personalrats besteht (siehe dazu BVerwG v. 5.11.2010 – 6 P 18/09 – PersR 2011, 38 mit Anmerkung Neumann in DVfR Forum B, B13-2011 zum Landesrecht Schleswig-Holstein: Mitbestimmung; siehe auch OVG Bremen v. 31.5.2017 – 6 LP 37/16 – PersV 2017, 425).
Es wird allerdings auch die Meinung vertreten, dass die Anordnung der ärztlichen Untersuchung nur eine vorbereitende Handlung darstellt, welche kein Beteiligungsrecht der Personalvertretung auslöst (VG Stuttgart v. 12.02.2018 – 10 K 1859/18 –).
Das OVG Bremen hatte in seiner Entscheidung v. 31.5.2017 – 6 LP 37/16 – (siehe oben) in Zusammenhang mit der Personalratsbeteiligung bei Untersuchungsanordnungen zur Frage der Allzuständigkeit des Personalrats im Ergebnis festgestellt, dass dieser Allzuständigkeit ein umfassende Bedeutung zukomme. Die im Personalvertretungsrecht enthaltenen Beispielskataloge schränkten die Allzuständigkeit deshalb nicht ein, weil nach dem Personalvertretungsgesetz der Hansestadt Bremen weder dem Wortlaut noch der Gesetzessystematik, noch der Gesetzeshistorie eine solche Einschränkung zu entnehmen sei. Eine Einengung der Mitbestimmung auf den reinen Wortlaut des Gesetzes sei damit nicht rechtmäßig.
Dieser Auffassung ist das BVerwG allerdings nicht gefolgt (BVerwG v. 15.10.2018 - 5 P 8/17). Das Gericht hat hier festgestellt, dass diese Auslegung nur für die im BremPersVG enthaltene Allzuständigkeit gelte, mangels Vergleichbarkeit der Gesetzessystematik gelte dieses Ergebnis aber nicht für die in anderen Landespersonalvertretungsgesetzen festgeschriebene Allzuständigkeit. Ein Beteiligungsrecht bei Untersuchungsanordnungen kann sich hiernach nur dann ergeben, wenn ein Personalvertretungsgesetz eine bestimmte Beteiligungsform ausdrücklich vorsieht.
Beispiel:
Nach § 75 Abs. 1 Nr. 4 LPVG NRW ist der Personalrat bei der Anordnung von amts- und vertrauensärztlichen Untersuchungen zur Feststellung der Arbeits- oder Dienstfähigkeit anzuhören (dazu OVG NRW v. 17.1.2022 – 6 B 54/22 –).
Ist die Beteiligung des Personalrats kraft landesgesetzlicher Bestimmung also vorgeschrieben und wird sie nicht (oder nicht ordnungsgemäß) vorgenommen, so führt dies zur Rechtswidrigkeit der Untersuchungsanordnung und folglich zum Erfolg eines hiergegen gerichteten Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO.
Das Beteiligungsrecht der Personalvertretung bei Untersuchungsanordnungen hängt nach der Rechtsprechung davon ab, ob das jeweils einschlägige Personalvertretungsgesetz eine solche Beteiligung vorsieht oder nicht (siehe oben).
Hierzu sollte aber Folgendes nicht unberücksichtigt bleiben: Für den einzelnen Beamten ist die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung in aller Regel mit großen Schwierigkeiten verbunden. Er ist auf Hilfe angewiesen. Soweit sich aus dem jeweiligen Personalvertretungsgesetz kein Beteiligungsrecht ergibt, besteht ein solches Recht nach der Rechtsprechung auch nicht aufgrund der Allzuständigkeit des Personalrats. Aus diesem Grunde wäre es für den einzelnen Gesetzgeber angezeigt, seine personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen entsprechend zu ergänzen.
Dies würde zum einen bei rechtmäßigen Anordnungen dem Sinn des Personalvertretungsrechts entgegenkommen, der bekanntlich darin besteht, eine gemeinsame, gleichgerichtete Zusammenarbeit zwischen den beiden Organen Personalvertretung und Dienststellenleitung zu schaffen.
Zum anderen würde der Personalrat hierdurch in die Lage versetzt werden, seine Schutzfunktion bei rechtswidrigen Untersuchungsanordnungen der Dienststellenleitung tatsächlich auch wirksam ausüben zu können.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
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