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Residenzpflicht – für Asylbewerber und Beamte

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Was haben Asylbewerber und Beamte gemeinsam? Eine zutreffende Antwort könnte lauten: Beide unterliegen der Residenzpflicht. Während bei Asylbewerbern eine Abschaffung der Residenzpflicht möglich erscheint, ist dies im Beamtenrecht aber nicht absehbar.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

für Asylbewerber wird durch § 56 des Asylverfahrensgesetzes eine sogenannte „Residenzpflicht“ begründet. Demnach ist einem Asylbewerber der Aufenthalt nur in dem Bezirk bzw. Landkreis gestattet, in dem die für ihn zuständige Ausländerbehörde ihren Sitz hat. Die Regelung soll dazu beitragen, die Anerkennungsverfahren zu verkürzen und um einen Missbrauch des Asylrechts zu verhindern.

Aber auch das Beamtenrecht kennt eine Residenzpflicht. Diese spiegelt sich u. a. in der Verpflichtung der Polizeivollzugsbeamten zum Aufenthalt in Gemeinschaftsunterkünften (vgl. dazu auch § 59 BeamtStG) wider. Während das Beamtenstatusgesetz für das allgemeine Beamtenrecht zur Residenzpflicht keine explizite Regelung enthält, wird diese für Bundesbeamte in § 72 BBG bestimmt.

Ein Beispiel: Vollzugsbeamte des Münchner Polizeipräsidiums, des Landeskriminalamts und die operativen Kräfte des Landesamtes für Verfassungsschutz mussten bis August 2009 ihren Wohnsitz in München haben oder zumindest im Münchner S-Bahn-Bereich wohnen.

Dabei ist Folgendes festzustellen: Das für alle Staatsbürger geltende Grundrecht der Freizügigkeit (Art. 11 GG) im ganzen Bundesgebiet gilt auch für Beamte. Der Beamte hat das Recht, seinen Wohnsitz und seine Wohnung im Bundesgebiet und im gesamten Gebiet der EU frei zu wählen. Durch die Residenzpflicht kommt es naturgemäß zu Einschränkungen der Freizügigkeit. Bei der Wahl der Wohnung hat der Beamte darauf zu achten, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung seiner Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird (§ 72 Abs. 1 BBG / Art. 74 Abs. 1 BayBG). Eine solche Beeinträchtigung könnte der Fall sein, wenn der Beamte die Dienstzeiten aufgrund der großen Entfernung zwischen Wohnung und Dienststelle nicht einhalten kann oder wenn er durch zu lange Anfahrtszeiten einfach überbeansprucht wird. Zeichnen sich solche Beeinträchtigungen ab, so wird der Dienstherr nach dem Fürsorgeprinzip prüfen müssen, wie er dem Beamten helfen kann. Dies kann z. B. für bayerische Staatsbeamte durch Wohnungsfürsorgedarlehen nach den Bayerischen Familienheimrichtlinien geschehen.

Es gelten dabei folgende Grundsätze:

  1. Der Beamte ist bei der Wahl seiner Wohnung nicht auf den Dienstort beschränkt.

  2. Der Beamte hat seine Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten nicht beeinträchtigt wird.

  3. Es genügt, wenn der Beamte eine Zweitwohnung im üblichen Einzugsbereich der Dienststelle nimmt. Die Begründung eines Familienwohnsitzes ist hierfür nicht erforderlich.

Nur wenn es die dienstlichen Verhältnisse erfordern, kann der Beamte angewiesen werden, eine Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen (§ 73 Abs. 2 BBG / Art. 74 Abs. 2 BayBG). Dies kommt etwa bei Polizeibeamten, bei Feuerwehrbeamten und bei Beamten, die in Justizvollzugsanstalten, Krankenhäusern, kommunalen Versorgungs- und Verkehrsbetrieben usw. Dienst tun, in Frage.

Bei besonderen dienstlichen Verhältnissen kann für Beamte angeordnet werden, sich während der dienstfreien Zeit erreichbar in der Nähe des Dienstortes aufzuhalten (§ 74 BBG / Art. 74 Abs. 3 BayBG), z. B. bei drohenden Katastrophen, bei Großveranstaltungen, in Spannungsfällen usw. Dies wird als Rufbereitschaft bezeichnet. Bereitschaftsdienst ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass sich der Beamte auf Aufforderung des Dienstherrn an einem bestimmten Ort zur sofortigen Dienstaufnahme bereithalten muss.  

Fazit:
Man kann also die Residenzpflicht der Asylbewerber und der Beamten nur schwerlich miteinander vergleichen. Eine Parallele besteht aber insofern, als sowohl im Asylrecht als auch im Beamtenrecht bei einem Verstoß mit Sanktionen gerechnet werden muss:

  • Der wiederholte Verstoß gegen die Residenzpflicht wird nach § 85 des Asylverfahrensgesetzes mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe belegt.

  • Ein Verstoß gegen die beamtenrechtliche Residenzpflicht stellt ein Dienstvergehen dar, das im Einzelfall mit einer entsprechenden Disziplinarmaßnahme zu ahnden ist.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


§ 56 AsylVfG lautet:

Räumliche Beschränkung

(1) Die Aufenthaltsgestattung ist räumlich auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, in dem die für die Aufnahme des Ausländers zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt. In den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 ist die Aufenthaltsgestattung räumlich auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, in dem der Ausländer sich aufhält.

(2) Wenn der Ausländer verpflichtet ist, in dem Bezirk einer anderen Ausländerbehörde Aufenthalt zu nehmen, ist die Aufenthaltsgestattung räumlich auf deren Bezirk beschränkt.

(3) Räumliche Beschränkungen bleiben auch nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung in Kraft bis sie aufgehoben werden. Abweichend von Satz 1 erlöschen räumliche Beschränkungen, wenn der Aufenthalt nach § 25 Abs. 1 Satz 3 oder § 25 Abs. 2 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes als erlaubt gilt oder ein Aufenthaltstitel erteilt wird.

Art. 74 BayBG lautet:

Residenzpflicht

(1) Der Beamte oder die Beamtin hat eine Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsmäßige Wahrnehmung der Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird.

(2) Der oder die Dienstvorgesetzte kann den Beamten oder die Beamtin anweisen, die Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen, wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern.

(3) Wenn besondere dienstliche Verhältnisse es dringend erfordern, kann der Beamte oder die Beamtin angewiesen werden, sich während der dienstfreien Zeit erreichbar in Nähe des Dienstorts aufzuhalten.


Zur Residenzpflicht wird empfohlen:

  1. Summer in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Art. 74  BayBG, Rn. 1 ff. 

  2. Baßlsperger, Einführung in das neue Beamtenrecht, Kapitel 13, Rn. 84 ff. (Buch) und Kapitel 14, Rn. 84 ff. (e-book). 

  3. v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR, § 87 HBG, Rn. 1 ff., § 88 HBG, Rn. 1 ff.

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