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Schleuser: Festnahme nicht nur durch Polizeibeamte

Das staatliche Gewaltmonopol wird in der Regel nur von Polizeivollzugsbeamten und Justizvollzugsbeamten ausgeübt. Aber auch Private haben in besonderen Situationen bestimmte „Gewaltbefugnisse“.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

die Staatsanwaltschaft Traunstein hat in einer Pressemitteilung im März 2024 bekanntgegeben:

„Nach umfassender Aufklärung des Sachverhalts wurde ein Ermittlungsverfahren eingestellt, das gegen drei Privatpersonen eingeleitet worden war, die am 27. Dezember 2023 auf ihrem landwirtschaftlichen Anwesen in Berchtesgaden einen 39-jährigen Mann als mutmaßlichen Schleuser festgenommen hatten.“

Nach der Festnahme waren bei dem Mann Verletzungen festgestellt worden. Ob der Schleuser evtl. deswegen eine Strafanzeige gegen die drei Personen gestellt hatte, ist der Pressemitteilung nicht zu entnehmen.

Den drei Privatpersonen wurde vorgeworfen, den mutmaßlichen Schleuser am 27. Dezember 2023 bei dessen Festnahme mit der die Faust oder einem Gegenstand aus Metall geschlagen, die Windschutzscheibe und die Scheibe auf der Fahrerseite des von diesem gefahrenen Kastenwagens zerstört und den Schleuser getreten zu haben, nachdem sie ihn aus dem Fahrzeug gezogen hatten. Es bestand für die Staatsanwaltschaft damit ein Anfangsverdacht, dass sich die Festnehmenden wegen Nötigung, Sachbeschädigung und eines Körperverletzungsdelikts evtl. strafbar gemacht haben könnten.

Die staatsanwaltschaftliche Prüfung, ob sich die drei Privatpersonen mit ihrem Handeln tatsächlich strafbar gemacht haben, hat dann aber ergeben, dass die Tatvorwürfe nicht ausreichend nachzuweisen waren und deren Handlungen durch das „Jedermann-Festnahmerecht“ gerechtfertigt waren. Es lagen keine zureichenden Beweise vor, vielmehr war das „Jedermann-Festnahmerecht“ gerechtfertigt. Denn dieses Recht gilt wegen des staatlichen Gewaltmonopols nur zu dem Zweck, einen auf frischer Tat ertappten Straftäter der Strafverfolgung durch die zuständigen Behörden zuzuführen.

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Das Ermittlungsverfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft Traunstein folglich eingestellt.

Zum Verständnis:
Das Verhalten der drei Privatpersonen war in der konkreten Situation gemäß § 127 Strafprozessordnung (StPO) gerechtfertigt.

§ 127 Abs. 1 StPO lautet:
„Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen.“

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Bezüglich der verbleibenden Vorwürfe der fahrlässigen Körperverletzung, der Nötigung und der Sachbeschädigung handelten die drei Privatpersonen nach der Mitteilung der Staatsanwaltschaft gerechtfertigt, da sie in zulässiger Weise von § 127 StPO (siehe oben) Gebrauch gemacht hatten. Diese Vorgehensweise mit Anwendung gewisser, nicht übertriebener körperlicher Gewalt war unter Berücksichtigung der Bedeutung der Straftat verhältnismäßig, schließlich war der Festgenommene dringend verdächtig, sich durch den Transport von 18 Personen in einem Kastenwagen ohne Sicherungsmöglichkeit in das Bundesgebiet des Einschleusens von Ausländern unter einer das Leben gefährdenden Behandlung schuldig gemacht zu haben, wie die Staatsanwaltschaft ausführt. Dabei handelte es sich um eine schwere Straftat, für die der mutmaßliche Schleuser im Falle einer Verurteilung voraussichtlich eine hohe Haftstrafe zu erwarten hat. Im Verhältnis dazu waren – so die Staatsanwaltschaft – insbesondere eine etwaige fahrlässige Körperverletzung, das Fixieren am Boden und das Einschlagen der Scheiben durchaus noch als verhältnismäßig einzustufen.

Der festgenommene Mann befindet sich im Übrigen weiterhin in Untersuchungshaft, da er dringend verdächtig ist, 18 Personen unter einer das Leben gefährdenden Behandlung nach Deutschland eingeschleust zu haben.

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Festzustellen bleibt:
Die Beschränkung des staatlichen Gewaltmonopols auf die hierzu berechtigten und verpflichteten Beamten ist richtig und wichtig. Es gibt aber auch eine wichtige „Zivilcourage“, bei welcher es Privatpersonen gerade nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht unnötig schwergemacht werden darf, dem Allgemeinwohl entsprechend zu handeln.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

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