Steinbrücks Nebeneinkünfte aus der Sicht seiner Beamten
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die Offenlegung aller Nebeneinkünfte der Bundes- und Landtagsabgeordneten liegt seit langem als Forderung auf dem Tisch. Der Bundestagsabgeordnete Peer Steinbrück gab auf Druck der Öffentlichkeit an, in den letzten drei Jahren Nebeneinkünfte aus seinen Redeveranstaltungen in Höhe von 1,25 Millionen Euro erhalten zu haben. Damit aber nicht genug:
-
Als Buchautor bezog er nach übereinstimmenden Pressemeldungen2 bis zu 500.000 Euro.
-
Als Mitglied des Aufsichtsrats der Thyssen-Krupp-AG erhielt der ehemalige Finanzminister im Jahr 2010 weitere 47.907 Euro und im Jahr 2012 nochmals 67.038 Euro.3
Seine Nebeneinkünfte sollen sich auf zwei Millionen Euro summieren.4
Abgeordnete und Beamte sitzen zwar vielleicht im selben Boot, sie stehen aber nicht auf einer Seite. Dies wurde bereits in dem Beitrag Bayern: Abgeordneten-diät – Beamtenbesoldung 6 : 3 näher erläutert. Abgeordnete beschließen zwar enge beamtenrechtliche Regelungen, sie sind und fühlen sich aber selbst nicht daran gebunden.
Wie würde sich nun die Rechtslage gestalten, wenn für den Kanzlerkandidaten Steinbrück nicht etwa das günstigere Abgeordnetenrecht, sondern Beamtenrecht anwendbar wäre? Wäre der ehemalige Finanzminister als „einfacher Beamter“ in seinem Ministerium tätig gewesen, so hätte für ihn das Bundesbeamtengesetz Anwendung gefunden.
-
Seine Nebentätigkeiten als Autor und Vortragender wären dann nach § 100 Abs. 1 Nr. 2 BBG genehmigungsfrei. In den Genuss, seine Einnahmen aus den Nebentätigkeiten nicht in vollem Umfang offenlegen zu müssen, wäre Steinbrück als Bundesbeamter aber nicht gekommen. Nach § 100 Abs. 2 BBG hätte er vielmehr Art, Umfang und voraussichtliche Höhe der Vergü-tung anzeigen müssen.
-
Die Tätigkeit als Aufsichtsrat wäre sogar genehmigungspflichtig gewesen (§ 99 Abs. 1 Satz 1 BBG), wobei die Genehmigung nach § 100 Abs. 3 Satz 3 BBG sogar versagt werden müsste, wenn die Vergütung mehr als 40 Pro-zent der Bezüge im Hauptamt betragen hätte.
-
Weitere Versagungsgründe wären nach § 99 Abs. 2 Satz 2 BBG darüber hinaus gegeben, wenn die Tätigkeit
-
nach Art und Umfang die Arbeitskraft so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann, oder
-
den Beamten in einen Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten bringen kann, oder
-
in einer Angelegenheit ausgeübt wird, in der die Behörde, der die Beamtin oder der Beamte angehört, tätig wird oder tätig werden kann, oder
-
die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit der Beamtin oder des Beamten beeinflussen kann, oder
-
zu einer wesentlichen Einschränkung der künftigen dienstlichen Verwend-barkeit der Beamtin oder des Beamten führen kann oder
-
dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann.
Bitte urteilen Sie selbst!
Ich denke:
Bei dem enormen Einsatz, den Herr Steinbrück bei seinen Nebentätigkeiten an den Tag legt, ist der Vorwurf verständlich, so mancher Abgeordnete nutze sein Mandat vorwiegend als eine Art Laufsteg zum Topverdiener.5
Aber damit immer noch nicht genug: Der Kanzlerkandidat der SPD und frühere Finanzminister Steinbrück hatte es mehrfach versäumt, den Bundestag über einige seiner 89 honorierten Rede-Engagements – entgegen der einschlägigen Vorschriften – zu informieren. Er begründete dies mit „Eine Nachlässigkeit von mir. Ich habe es einfach verschwitzt!“6
Wenn Sie, liebe Leserin und liebe Leser es einmal versäumen sollten, eine Nebentätigkeit anzuzeigen oder einen Antrag auf die erforderliche Genehmigung zu stellen, so wird vermutlich ein Disziplinarverfahren gegen Sie eingeleitet. Vielleicht hilft es Ihnen ja, wenn Sie sich dann auf Herrn Steinbrück berufen und sich wie er mit den bereits oben zitierten Worten rechtfertigen:
„Eine Nachlässigkeit von mir. Ich habe es einfach verschwitzt!“
Herzlich,
Ihr Dr. Maximilian Baßlsperger
________________________________________
3 Süddeutsche Zeitung vom 31.10.2012, Seite 5.
5 Süddeutsche Zeitung vom 31.10.2012, Seite 5.
6 Süddeutsche Zeitung vom 31.10.2012, Seite 5.
|
Zum Nebentätigkeitsrecht wird empfohlen:
1. Baßlsperger, Einführung in das neue Beamtenrecht, Kapitel 16, Rn. 90 ff. (Buch) und
2. Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Art. 81 BayBG Rn. 1 ff.
3. v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR, § 79 HBG, Rn. 1 ff., § 80 HBG, Rn. 1 ff. |


Ich finde es bemerkenswert wie Hr. Dr. Baßlsperger hier sehr einseitig die "schwarz-gelbe" Linie vertritt und damit offenen Wahlkampf gegen den SPD-Kandidaten Steinbrück macht. Insbesondere daneben finde ich den Vergleich zwischen Abgeordneten und Beamten. Allerdings finde ich auch, dass die Abgeordneten auch keine (bezahlten!) Nebentätigkeiten in dieser Größenordnung ausüben dürften.
Rainer Schreier
Bischofsgrün/Bayreuth