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Vortäuschen einer Krankheit = Entfernung aus dem Dienst

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Bereits in dem Beitrag Sonderurlaub für Lehrerin im Dschungelcamp? wurde der Fall einer Lehrerin geschildert, die ihre Tochter ins „Dschungelcamp“ begleitete und unter Vorspiegelung einer Krankheit den Antrag auf Gewährung von Sonderurlaub umging.

Liebe Leserin, lieber Leser,


hier nochmals der Sachverhalt in groben Zügen: Eine Studienrätin wollte ihre Tochter in das bestens bekannte „Dschungelcamp“ von RTL ins ferne Australien begleiten und beantragte deshalb im Jahr 2016 Sonderurlaub. Da dieser abgelehnt wurde, täuschte sie ihre Ärztin, legte in der Folge ein falsches Gesundheitszeugnis vor – und trat die Reise dennoch an.


Das Verwaltungsgericht Lüneburg entschied am 26.4.2019 – 10 A 6/17 – auf die Entfernung aus dem Dienst – und das ist gut so!


Die Lehrerin hatte sich das Attest einer Ärztin, die ihr für mehrere Wochen Dienstunfähigkeit bescheinigte, mit falschen Angaben erschlichen. Die genannten Symptome einer depressiven Erkrankung waren erwiesenermaßen so nicht gegeben. Viktorija Volk hatte die Täuschungsabsicht vorher bereits in einem Strafverfahren zwar bestritten, war aber im März 2018 vom Landgericht Lüneburg bereits zu 5.400 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Jetzt hat sie durch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht nur ihre lebenslange Anstellung, sondern auch ihre Versorgungsbezüge verloren, sie wird lediglich in der gesetzlichen Rentenversicherung „nachversichert“.


Für den Vertreter der niedersächsischen Landesschulbehörde war klar, dass Frau Volk sich eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht und „ihre Dienstpflicht mit Füßen getreten“ hatte, wodurch das notwendige Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit dauerhaft zerstört wurde.1 Da nützte es auch nichts, dass der Anwalt der „fürsorgenden Mutter“ in der Verhandlung vortrug, seine Mandantin habe ihren Fehler eingesehen und im Umgang mit den Medien habe sie „dumm“, möglicherweise auch „dämlich“ agiert. Er berief sich außerdem auf Fälle, in denen Lehrer Kinderpornografie besessen oder über längere Zeit Drogen konsumiert hatten und trotzdem Staatsdiener bleiben durften.


Dem wollten die Richter des VG Lüneburg völlig zu Recht nicht folgen. Das Gericht nannte Volks Verhalten eine „planvolle und berechnende Vorgehensweise“. Außerdem habe sie ihre fehlende Einsicht auch noch öffentlich gemacht. Sie habe – gegen Anordnungen der Landesschulbehörde – selbst nach Erhebung der Disziplinarklage noch im Januar 2018 ein Interview gegeben.2 Auch für die Zukunft bezweifelt das Gericht, dass die Studienrätin dienstlichen Belangen Vorrang vor ihren privaten Bedürfnissen einräumt. Sie sei als Lehrkraft mit besonderer Vorbildfunktion und für den öffentlichen Dienst insgesamt untragbar.3


Zwar kann die Beamtin gegen das Urteil noch in Berufung gehen. Es ist aber wohl nicht damit zu rechnen, dass das niedersächsische OVG anders entscheiden wird. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Berufungsverfahren bekommt die vom Dienst suspendierte Lehrerin aber immerhin noch die Hälfte ihres Gehalts und das sind rund 2.100 Euro netto.4

 

Ihr

Dr. Maximilian Baßlsperger

 


 

Lesen Sie dazu auch die Beiträge mit dem Titel:

 


 

Näheres siehe in der Literatur bei:

I. Zum Sonderurlaub:

  • Weiß/Niedermaier/Summer: Art. 93 BayBG, Rn. 155 ff.

 

II. Zur Entfernung aus dem Dienst:

  • Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 10 BDG, Rn. 1 ff.
Weiß † / Zängl † / Summer † / Niedermaier † / Baßlsperger / Conrad / Brandl-Michel / Spitzlei

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11 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 31.05.2019 um 14:45:
KH, ich bin durchaus für ein Dienstrecht, gerne nur Beamte( bei festen und dauerhaften Arbeitsverhältnissen natürlich ). Letzte Minute Telekom war natürlich ein Problem
kommentiert am 31.05.2019 um 13:41:
Liebe Frau Berg,! Wieder stimme ich mit vielem überein. Allerdings haben wir das Problem mit den schlechten Mitarbeitern (Faulheit, Interessenslosigkeit, Schlampigkeit usw. usw. und Vortäuschen von Krankheiten - wobei wir auch wieder beim eigentlichen Thema wären) in allen Bereichen - auch bei den Angestellten. Zwar wird man Arbeitnehmer in der Regel "schneller wieder los", aber auch bei den Angestellten im öffentlichen Dienst gibt es unkündbare Arbeitsverhältnisse und damit eine beamtengleiche Rechtsstellung. Soll man deshalb auf Beamtenverhältnisse im Leistungsbereich ganz oder überwiegend verzichten? Man sollte bei der Überlegung vielmehr das Interesse der Allgemeinheit in den Vordergrund stellen. Stichwort: Streikverbot; Sicherheit vor Willkür aufgrund sicherer Arbeitsplätze (etwa bei der Notengebung); leichte Versetzbarkeit, Steuerung der Ausgaben durch Besoldungsgesetze usw. usw. Unsere Wirtschaft hält den Vergleich mit anderen Nationen seit Jahrzehnten bestens stand - nicht zuletzt wegen einer gut funktionierenden Verwaltung. Das sorgt wiederum für einen hervorragenden allgemeinen Lebensstandard und daran trägt der öffentliche Dienst - gerade auch die Beamten - ein gehöriges Maß an Verantwortung.
kommentiert am 30.05.2019 um 14:14:
Noch einmal zu den Postnachfolgern. Es ist schwierig, in der letzten Minute zu verbeàmten und dann innerhalb kurzer Zeit diese Beamten nicht mehr zu wollen und zu akzeptieren. Privatisiere ich, sorge ich dafür, dass nicht in letzter Sekunde verbeamtet wird, macht ja keinen Sinn. Zumal bei der Telekom 1993 nicht nur viele Beamtè neu eingestellt wurden, scheinbar sah man auch bei der ganzen Angelegenheit nicht genau hin. So reichte es, die Telekombeamtin im nicht technischen Diensti war studierte Betreibswirtin, eine Ausbildung zur Dipl. Verwaltungswirtin war nicht mehr zusätzlich erforderlich, so konnte man schnell aufsteigen! LG
kommentiert am 30.05.2019 um 13:18:
Zu den Lehrern, diese machen eine überragend wichtige Arbeit. Leider ist natürlich nicht jeder für diese, für mich an Pastoren erinnernde Arbeit, geeignet. Nur um Beamter zu werden, ist sicher zu wenig für den Lehrerberuf. grundsätzlich halte ich die Verbeamtung dort grundsätzlich für richtig. Faule und unfähige Lehrer, andere kenne wir alle noch aus unserer Schulzeit. ein guter Lehrer kann dir eine neue Welt eröffnen, dies macht den großen Wert dieser Arbeit aus? Ein schlechter Lehrer ist allerdings ein Problem für viele., da müssten mehr Eingriffsmöglichkeiten möglich werden Ich bin eher für ein Dienstrècht, gerne auf beamtenrechtlicher Basis! Trennung machte so für mich nie Sinn. Briefträger Bemter, Lehrerin in Bremen Angestellte, wo soll der Sinn sein ?
kommentiert am 30.05.2019 um 09:18:
Liebe Frau Berg! Ich möchte Sie zunächst um Entschuldigung, aber auch um Verständnis dafür bitten, dass ich weiterhin das Kürzel K.H. verwende. Ich stehe an verantwortungsvoller Position meinem Dienstherrn und auch meiner Behördenleitung nicht ganz unkritisch gegenüber und würde auch im Interesse meiner Mitarbeiter dabei bleiben. Ihre Ausführungen zur Post habe ich mit Interesse gelesen. Man hatte früher die Vorstellung, dass die Daseinsvorsorge in den Händen von Beamten bleiben sollte. Dazu rechnete man sowohl den öffentlichen Verkehr (Bahn), als auch die Kommunikation, die früher ausschließlich auf dem Postweg bzw. durch Telefon erfolgte. Durch die rapide Entwicklung technischer Möglichkeiten hat sich hier bekanntlich einiges - zum sehr Positiven - entwickelt und man ist von dieser Vorstellung abgegangen. Wer allerdings Beamter war, dem konnte diese Rechtsstellung nicht entzogen werden. Man versuchte diese Mitarbeiter aber - zum Teil auf durchaus schikanöse Art - "los zu werden" (Stichworte: Frühpension, Versetzung, Dienstaufgabenzuteilung etc.). Da verwundert es nicht, dass so mancher ehemalige Beschäftigte von der "guten alten Zeit" spricht. Heute sehen wir das Problem bei der Notwendigkeit einer Verbeamtung bezüglich der Lehrerschaft. Hierzu gibt es ja in dieser Blogreihe einige sehr interessante Beiträge. "Müssen Lehrer Beamte sein?" Welche Meinung vertreten Sie hierzu? L.G. K.H.
kommentiert am 29.05.2019 um 19:14:
Hallo lieber K.H. Seit 1995 sind die Postnachfolger privatisiert. Ich denke bei der Telekom und bei der Postbank ist dies auch gut nachvollziehbar , bei der normalen Post gibt es immer wieder Debatten,? Privatisiert man aber, gibt es keinen moralischen Grund, so sehe ich es, bis zur letzten Sekunde zu verbeàmten , da man kurze Zeit später die Beamten dort verfluchte, was ein Wahnsinn.Die Post, sicher nie ein Megahoheitsbereich verbeamtete stärker als Kommunen usw. dies kann ich nicht nachvollziehen, da Postaufgaben in großer Zahl Arbeitstätigkeiten waren, Angestellte gab es kaum. Wie gesagt, gerne können alle Beamte sein, aber heutige Situation ist nicht immer erklärbar! Lh
kommentiert am 29.05.2019 um 08:46:
Mein Vater meint: Als wir noch Postbeamte hatten, wurde die Zustellung von Briefen und Paketen noch von Beamten getrennt vorgenommen. Durch Zalando usw. hat sich die Arbeit der Postboten wesentlich schwieriger gestaltet. Die sind jetzt aber allesamt keine Beamten mehr, haben Zeitverträge und ein geringes Einkommen - auf die schwere Arbeit bezogen. Er meint aber auch, dass man sich früher besser auf die Post verlassen konnte.
kommentiert am 28.05.2019 um 19:23:
Liebe Frau Berg! Meines Wissens ist die Zahl der Beamten bei der Post doch wesentlich zurückgegangen, oder wissen Sie da etwas anderes?
kommentiert am 26.05.2019 um 17:49:
Ja, Grüße Sie , mein Bester! Ich bin eh für ein Dienstrecht, gerne auf beamtenrechtlicher Grundlage! Unfähigkeit und Faulheit sollten im Beamtenrecht nicht geduldet werden, letztere ist es wohl auch nicht, wie der Blogbetreiber, aber auch Prof . Battis überzeugend schreiben!Wie denken Sie darüber, dass bei der Post meist deutlich stärker verbeamtet wurde als bei vielen anderen Behörden, mit dem Hoheitsbegriff läss sich dies nicht erklären?Bis zur letzten Minute wurde bei der Telekom verbeamtet . Paar Jahre später wollte man die Beamten nicht mehr, ein Wahnsinn, egal wie öman über Privatisierungen denkt!
kommentiert am 26.05.2019 um 16:14:
Und wieder einmal sind wir einer Meinung. Und ich denke, dass es da auch keine andere Ansicht geben sollte. Gerade solche Leute schaden enorm dem Ansehen der gesamten, im Grunde sehr gut funktionierenden Verwaltung.
kommentiert am 26.05.2019 um 11:31:
https://www.spiegel.de/karriere/duesseldorf-amtsgericht-verurteilt-finanzbeamtin-zu-bewaehrungsstrafe-a-1269249.html Diese "Dame" hat scheinbar, gesellschaftspolitisch betrachtet, eine Menge krimineller Energie, es ging eben nicht um nur 6 Monate. Sie ist eine Abzockerin! Der Behörde die Haupschuld zu geben, wäre zu einfach! Sie hat im Staatsdienst nichts verloren,das Vertrauen in ihre Person ist nicht mehr gegeben, weder für Bürger noch für Behörde LG Bei Ihrem Beispiel, lieber Blogbetreiber, stimme ich Ihnen voll zu, so schadet man dem Beamtentum, welches mit seiner Mischung aus Rechten und Pflichten eben nicht zum Spass der einzelnen Beamtin da ist, sondern dem Wohle der Allgemeinheit dient!!
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