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Wenn Putins Krieg nach Deutschland kommt…

Seit Februar 2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Deutsche Waffen werden dabei gegen den Angreifer Russland eingesetzt. Der Ukraine soll auf diese Weise bei ihrer Verteidigung geholfen, eine Ausweitung des Krieges verhindert werden. Was würde den deutschen Beamten bei einer Ausweitung des Krieges – etwa auch gegen die Nato – nach bereits geltendem Recht drohen?

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Liebe Leserin, lieber Leser,

nicht nur deutsche Kampfpanzer werden gegen den Aggressor eingesetzt, auch die Lieferung von Angriffswaffen („Taurus“) mit enormen Reichweiten wurde von Mitgliedern des Bundestages gefordert, was letztendlich aber durch die maßgebliche Entscheidung des Bundeskanzlers ausgeschlossen wurde.

Klar ist: Ängste werden dadurch geschürt – auch bei den Angehörigen des öffentlichen Dienstes.

Was schreiben aber die Beamtengesetze bei einer durch Putin veranlassten Angriffssituation vor?

Entsprechende Regelungen bestehen gegenwärtig sowohl für Bundesbeamte nach §§ 138 mit 143 BBG, als auch für Landes- und Kommunalbeamte nach §§ 55 mit 59 BeamtStG. Dabei umfasst der Geltungsbereich der Normen – anderes, als es etwa nach der Überschrift des § 56 BeamtStG zu erwarten wäre – sowohl den Verteidigungs- als auch den Spannungsfall (Reich, BeamtStG, § 55 Rn. 1).

Die wesentlichen Inhalte dieser Regelungen stellen sich wie folgt dar:

  • Beamte können für Zwecke der Verteidigung auch ohne ihre Zustimmung zu einem anderen Dienstherrn abgeordnet oder zur Dienstleistung bei über- oder zwischenstaatlichen Dienststellen verpflichtet werden.

  • Es können ihnen bei einer solchen Situation besondere Pflichten übertragen werden.

  • Beamte haben bei der Erfüllung der ihnen dann übertragenen Aufgaben auch besondere Gefahren und Erschwernisse auf sich zu nehmen, „soweit diese zumutbar sind“. (Wer bestimmt das?)

  • Beamte sind auch im Ausland zur Dienstleistung verpflichtet.

  • Eine Entlassung der Beamten auf ihren eigenen Antrag hin kann für Zwecke der Verteidigung hinausgeschoben werden.

  • Der Eintritt der Beamten in den Ruhestand nach Erreichen der Altersgrenze und die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand auf Antrag ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit können ebenfalls hinausgeschoben werden.

  • Ruhestandsbeamte, welche die geltende Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben, können erneut in ein Beamtenverhältnis berufen werden.

  • Es ist weiterhin möglich, Beamte für Zwecke der Verteidigung zu verpflichten, vorübergehend in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen und an einer Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen.

  • Beamte sind dann außerdem verpflichtet, über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus ohne besondere Vergütung Dienst zu leisten.

All diese Beschränkungen, Anordnungen und Verpflichtungen nach dem BBG und dem BeamtStG sind ausschließlich nach Maßgabe des Artikels 80a des Grundgesetzes zulässig.

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Dieser lautet für den „Spannungsfall“:
Art. 80a Abs. 1: Ist in diesem Grundgesetz oder in einem Bundesgesetz (= BBG und BeamtStG, siehe oben) über die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung bestimmt, dass Rechtsvorschriften nur nach Maßgabe dieses Artikels angewandt werden dürfen, so ist die Anwendung außer im Verteidigungsfalle nur zulässig, wenn der Bundestag den Eintritt des Spannungsfalles festgestellt oder wenn er der Anwendung besonders zugestimmt hat.

Wichtig: Eine Zweidrittelmehrheit ist hierfür erforderlich!

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Art. 80 a Abs. 3: Abweichend von Abs. 1 ist die Anwendung solcher Rechtsvorschriften auch auf der Grundlage und nach Maßgabe eines Beschlusses zulässig, der von einem internationalen Organ im Rahmen eines Bündnisvertrages mit Zustimmung der Bundesregierung gefasst wird.

Für den „Verteidigungsfall“ ist in Art. 115a GG geregelt:

Art. 115 a Abs. 1: Die Feststellung, dass das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird, oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungsfall), trifft der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Bundesregierung und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.

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Art. 115a Abs. 4: Wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen, und sind die zuständigen Bundesorgane außerstande, sofort die Feststellung nach Absatz 1 Satz 1 zu treffen, so gilt diese Feststellung als getroffen und als zu dem Zeitpunkt verkündet, in dem der Angriff begonnen hat. Der Bundespräsident gibt diesen Zeitpunkt bekannt, sobald die Umstände es zulassen.

Gott bewahre und schenke unseren Politikern „göttliche Eingebungen“! (Frei nach Ludwig Thoma, vgl. Sie dazu den Beitrag Der Münchner im Himmel.)

Und das, bevor ein Spannungs- oder ein Verteidigungsfall eintritt!

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

Literaturhinweis:

Weiß/Niedermaier/Summer,
Schütz/Maiwald;
v. Roetteken/Rothländer,
jeweils Rn. 1ff. zu § 55 mit 59 BeamtStG.

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3 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 23.06.2024 um 20:15

Liebe/r MB! Es muss wegen der Parallelen zur Abordnung so sein, dass in erster Linie das im Beamtenverhältnis erreichte Statusamt maßgeblich sein muss. Die fehlende militärische Ausbildung muss entweder durch Fortbildungsmaßnahmen ausgeglichen werden, oder es muss ein Einsatz auf solchen Dienstposten erfolgen, die nicht unbedingt eine militärische Ausbildung voraussetzen - wie etwa in der Verwaltung. Außerdem besteht die gesetzliche Möglichkeit, nicht amtsgemäße Dienstleistungen zu übertragen.
kommentiert am 22.06.2024 um 19:44

Danke für diesen spannenden Blogbeitrag! Mir fällt dazu spontan eine Frage ein, die sich vielleicht viele "gediente" Kollegen stellen: Kann denn ein Beamter, der vorher als Wehrpflichtiger seinen Grundwehrdienst abgeleistet hat und als Gefreiter (Besoldungsgruppe A 3) in die allgemeine Reserve entlassen worden ist, im Verteidigungsfall nach dem Wehrpflichtgesetz wieder als Soldat zur Bundeswehr einberufen werden? Meine wehrfähigen Beamten der 3. und 4. QE bekleiden i.d.R. Ämter zwischen A 9 und A 15, wären aber bei der Bundeswehr nach ihrem Reservistendienstgrad einfache Mannschaftssoldaten (A 3 bis A 4) - und damit einem Unteroffizier (A 5, wie z.B. unser Hausmeister) befehlsmäßig unterstellt. Das wäre ja schon etwas befremdlich... Zumal Beamten gemäß § 56 BeamtStG im Verteidigungsfall Aufgaben einer Laufbahn mit geringeren Zugangsvoraussetzungen nur übertragen werden dürfen, wenn dies aus dienstlichen Gründen unabweisbar ist. Eine militärische Verwendung im Offiziersrang (A 9 entspricht bereits einem Leutnant) dürfte aber wegen der komplett fehlenden Ausbildung ebenfalls nicht in Betracht kommen.
kommentiert am 17.06.2024 um 09:29

Für alle Eltern in der Ostukraine wäre es sicherlich egal, ob sie und ihre Familie ukrainische Russen oder russische Ukrainer sind, wenn keines ihrer Kinder im Krieg verwundet oder gar getötet wird!
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