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Wie gesund muss ein Polizist sein?

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13. Februar 2025 (Az.: 2 C 4.241) zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen von einer gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers um die Einstellung im Polizeivollzugsdienst auszugehen ist.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

die gesundheitliche Eignung für den Polizeidienst ist nach dem BVerwG von der Einstellungsbehörde dann anzunehmen, wenn die Bewerber den besonderen Anforderungen dieses Dienstes genügen. Dies gilt – so das BVerwG – aber nicht nur für den aktuellen Gesundheitszustand, sondern auch für künftige Entwicklungen, die angesichts einer bekannten Vorerkrankung zu erwarten sind.

Im Umkehrschluss hat das BVerwG entschieden, dass bei einem gegenwärtig voll polizeidienstfähigen Bewerber die gesundheitliche Eignung nur dann verneint werden kann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor dem Eintritt der Polizeidienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist.

Im konkreten Fall erlitt der Kläger während seiner Ausbildung zum Polizeikommissar als Anwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf einen Schlaganfall, konnte aber mangels fortdauernder gesundheitlicher Beeinträchtigungen sein Studium an der Hochschule der Polizei – einschließlich der geforderten Sportleistungen – erfolgreich abschließen. Die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe lehnte der Dienstherr jedoch mit der Begründung ab, der Beamte sei wegen der erhöhten Gefahr eines weiteren Schlaganfalls nicht mehr uneingeschränkt polizeidienstfähig.

Das Verwaltungsgericht Trier (Az.: VG 7 K 3052/21.TR) hatte daraufhin mit Urteil vom 15. November 2022 – den Dienstherrn verpflichtet, den Kläger unter Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe in den Polizeidienst einzustellen.

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Auf die Berufung des Landes hin hat das OVG Koblenz (Az.: OVG 2 A 10587/23.OVG) mit Urteil vom 17. Januar 2024 dagegen dem Land Recht gegeben: Bei Polizeibeamten seien wegen der besonderen Einsatzlagen besondere Anforderungen zu stellen. Bewerber für den Polizeidienst seien deshalb auch dann wegen fehlender Polizeidienstfähigkeit abzulehnen, wenn bei ihnen das gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erhöhte Risiko für den Eintritt einer solchen Erkrankung bestehe, deren Auftreten in besonderen Einsatzlagen eine Gesundheitsgefahr für den Beamten selbst oder für Dritte darstellen könnte. Dies sei beim Kläger wegen der im Vergleich zur Normalbevölkerung wesentlich erhöhten Wahrscheinlichkeit eines erneuten Schlaganfalls bis zum Erreichen des Pensionseintrittsalters der Fall.

Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die Revision des Klägers mit seinem o.g. Urteil die für den Beamten negative Entscheidung des OVG aufgehoben.

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Grund: Für die Beurteilung der Frage, ob aktuell gesundheitlich geeignete Bewerber voraussichtlich wegen einer Vorerkrankung vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze polizeidienstunfähig werden, ist kein anderer Prognosemaßstab anzuwenden als bei Bewerbern für den allgemeinen Verwaltungsdienst.

Siehe dazu den Beitrag: Gesundheitliche Eignung – neue Maßstäbe des BVerwG

In beiden Fallgruppen gilt der Maßstab der „überwiegenden Wahrscheinlichkeit“, d. h. eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50%. Diese Voraussetzung war – ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts – nicht erfüllt.

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Auch die Annahme einer bereits gegenwärtig eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit im Hinblick auf die möglichen Folgen eines „Rückfalls“ während eines Polizeieinsatzes überdehnt nach Ansicht des BVerwG die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung von Bewerbern um eine Einstellung in den Polizeivollzugsdienst. Ein strengerer Maßstab für diesen Personenkreis kann nach dem BVerwG ohne eine gesetzgeberische Vorgabe nicht angelegt werden (siehe hierzu die „Wesentlichkeitstheorie“ des BVerfG, vgl. z. B. BVerfG, 21.04.2015 – 2 BvR 1322/12 siehe Lexikon).

Fazit:

Nach dem BVerwG spielt es also keine Rolle, wenn bei einem Bewerber, einem Polizeibeamten auf Widerruf oder auf Probe ein deutlich erhöhtes Risiko für den Eintritt solcher Erkrankungen besteht, deren Auftreten in besonderen Einsatzlagen eine Gesundheitsgefahr für den Polizeivollzugsbeamten selbst oder für Dritte darstellen kann (so noch die Vorinstanz: OVG Koblenz  v. 17.1.2024 – siehe oben).

Die Entscheidung des BVerwG hat wohl nicht nur einen rechtlichen, sondern sie hat auch einen politischen Hintergrund, weil dadurch die Rekrutierung des Nachwuchses in einer besonders grundrechtssensiblen Laufbahn sehr erleichtert wird.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

Literaturhinweis:

  • Lexikon: Stichwort Wesentlichkeitstheorie
  • Weiß/Niedermaier/Summer, § 9 BeamtStG, Rn. 24 ff. und Art. 19 BayBG, Rn. 1 ff. (derzeit in Vorbereitung)
  • Schütz/Maiwald, § 9 BeamtStG, Rn. 20 ff.
  • V. Roetteken/Rothländer, HBR, § 9 BeamtStG, Rn. 205ff.
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