Danach soll bundesweit nach Tarif bezahlt, ein am Bedarf orientierter Personalschlüssel eingeführt, die Anwerbung ausländischer Pflegekräfte beschleunigt und die Zahl der Auszubildenden und Ausbildungseinrichtungen gesteigert werden.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil:
„Pflegekräfte verdienen Anerkennung und eine gute Bezahlung. Unser Ziel sind bessere Gehälter über Mindestlöhne sowohl für Hilfs- als auch für Fachkräfte und gleiche Bezahlung in Ost und West. Die rechtlichen Grundlagen sollen noch vor der Sommerpause von der Bundesregierung beschlossen werden. Dann ist die Pflegebranche am Zug: Sie muss entscheiden, ob sie für bessere Löhne einen flächendeckenden Tarifvertrag abschließen kann, oder Mindestentgelte – wie bisher – über die Pflegekommission festgelegt werden sollen.“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn:
„Pflege muss wieder attraktiver werden. Das geht nur mit mehr Personal. Denn das entlastet nicht nur die einzelne Pflegekraft, sondern lässt auch mehr Zeit für die Betreuung der Pflegebedürftigen. Die Beschlüsse der Konzertierten Aktion sind ein Auftrag an alle Beteiligten. Und sie sind ein Versprechen an alle Pflegekräfte: Wir werden weiter dafür kämpfen, dass die Situation in der Pflege besser wird.“
Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey:
„Mit der Ausbildungsoffensive sorgen wir für mehr Nachwuchs für die Branche. Das hilft auch denen, die bereits jetzt in der Pflege arbeiten. Denn die Auszubildenden von heute sind die Kolleginnen und Kollegen von morgen.“
Die Ergebnisse der Konzertierten Aktion Pflege im Detail
Mehr Personal
Pflegekräfte brauchen genügend Kolleginnen und Kollegen an der Seite, verlässliche Dienstpläne und gesunderhaltende, transparente Arbeitsbedingungen. Deshalb wurde vereinbart:
- verbindlichere Regeln für die Besetzung von Pflegeheimen und Krankenhäusern mit Pflegekräften einzuführen. In den Heimen soll dafür ein Personalbemessungsverfahren umgesetzt werden, das bis Juni 2020 entwickelt und erprobt sein soll. Für die Krankenhäuser entwickeln Krankenkassen (GKV), Krankenhausgesellschaft (DKG) zusammen mit dem Verband der privaten Krankenversicherungen (PKV), Deutschem Pflegerat, Gewerkschaften und Arbeitgebern ein entsprechendes Konzept. Bis zum 31.12.2019 legen Deutscher Pflegerat, DKG und Verdi einen Interims-Vorschlag dazu vor.
- die Gewinnung von Pflegefachkräften aus dem Ausland zu erleichtern. Dafür werden eine Zentrale Servicestelle für berufliche Anerkennung aufgebaut, ein Gütesiegel für private Vermittler ausländischer Pflegekräfte entwickelt und Möglichkeiten der Fach- und Sprachausbildung für ausländische Pflegekräfte in den Herkunftsländern geprüft. Die Bedingungen für eine Ausbildung in Deutschland sollen durch Öffnung der Berufsausbildungsbeihilfe für ausländische Auszubildende verbessert werden. Zudem wird durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz der rechtliche Rahmen weiterentwickelt.
- die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften zu verbessern. Dazu verpflichten sich Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser, einen hohen Arbeitsschutzstandard und mehr Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung umzusetzen und das betriebliche Eingliederungsmanagement auszubauen, zu verlässlichen Dienstplänen, der Fort- und Weiterbildung von Führungskräften in der Pflege sowie der verbesserten Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf.
Mehr Geld
Bislang werden Pflegekräfte sehr unterschiedlich und häufig zu niedrig entlohnt. Deshalb wurde vereinbart:
- die Entlohnungsbedingungen in der Altenpflege zu verbessern.
- nach Qualifikation differenzierte Mindestlöhne zu entwickeln (mindestens für Pflegefach- und Hilfskräfte).
- die Ost-West-Differenzierung beim Pflegemindestlohn aufzugeben.
Zur Umsetzung dieser Ziele kommen nach Auffassung der AG zwei unterschiedliche Wege in Betracht:
- die Festsetzung von Mindestlöhnen auf Vorschlag der Pflegekommission.
- ein Tarifvertrag, der auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes unter Berücksichtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechtes flächendeckend erstreckt werden kann (Mehrheitsposition).
- die hierfür jeweils erforderlichen gesetzlichen Änderungen werden BMAS und BMG zügig auf den Weg bringen.
Außerdem bestand Einigkeit darüber,
- dass eine Verbesserung der Entlohnung eine verbesserte Finanzausstattung der Pflegeversicherung erforderlich macht.
- dass eine finanzielle Überlastung der Pflegebedürftigen durch steigende Eigenanteile zu verhindern ist.
Mehr Ausbildung
Die neuen Pflegeausbildungen starten zum 1. Januar 2020. Ihre Einführung wird begleitet durch die „Ausbildungsoffensive Pflege“ (2019 – 2023). Hierzu wurde beschlossen:
- die Zahlen der Auszubildenden und der ausbildenden Einrichtungen bis 2023 im Bundesdurchschnitt um jeweils 10 Prozent zu steigern.
- mit einer Informations- und Öffentlichkeitskampagne für die neuen Pflegeausbildungen zu werben.
- mindestens 5.000 Weiterbildungsplätze zur Nachqualifizierung von Pflegehelferinnen und -helfern einzurichten.
- die Pflegeschulen in den „Digitalisierungspakt Schule“ einzubeziehen, um sie für die neuen Herausforderungen der Digitalisierung fit zu machen.
Mehr Verantwortung
Pflegefachkräfte sollen mehr Entscheidungsbefugnisse bekommen. Deshalb wurde beschlossen:
- den Verantwortungsbereich von Pflegekräften auszuweiten. Dafür werden u. a. Standards zur Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen (z. B. Ärzten) entwickelt und weitere Verordnungsmöglichkeiten geprüft. Das BMG startet diesen Prozess noch dieses Jahr.
- die bestehenden Möglichkeiten, Heilkunde auf Pflegefachkräfte zu übertragen, besser zu nutzen und bestehende Hürden abzubauen.
Mehr Digitales
Die Arbeit von Pflegekräften soll durch Digitalisierung erleichtert werden. Dann bleibt mehr Zeit für Pflege. Deshalb wurde beschlossen:
- die Zettelwirtschaft in der Pflege endlich abzuschaffen:
die Kommunikation zwischen der Pflege und anderen Gesundheitsberufen soll mittelfristig komplett auf elektronische Datenverarbeitung umgestellt werden (elektronische Pflegeakte, Entlassmanagement, Verordnungen), dazu sollen die Pflegeeinrichtungen an das sichere Datennetz des Gesundheitssystems angeschlossen werden.
ab 1.10.2022 sollen ambulante Pflegedienste Leistungen der Pflegeversicherung nur noch auf elektronischem Weg mit den Kassen abrechnen, ab dem 1.4.2013 soll dies auch für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege gelten.
- die Telepflege, etwa zur Beratung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen, weiter zu entwickeln.
- in der häuslichen und stationären Pflege sowie in Krankenhäusern technische Systeme zu Kontroll-, Routine- und logistischen Tätigkeiten vermehrt als Unterstützung einzusetzen (z. B. robotische Systeme zum Transport, zur Lagerung und zur Mobilisierung von Personen, intelligente Pflegewagen sowie Systeme zur Risikovermeidung wie Tür-auf-Sensoren, Aufstehmelder, Sturzerkennung und Orientierungslichtern).
- Pflegekräfte bei der Einführung digitaler Techniken von Beginn an einzubinden, um die Akzeptanz und den alltäglichen Nutzen von digitalen Hilfsmitteln zu fördern.
Hintergrund
Um den Arbeitsalltag von Pflegekräften spürbar zu verbessern, haben das Bundesgesundheits-, das Bundesfamilien- und das Bundesarbeitsministerium im Juli 2018 die Konzertierte Aktion Pflege ins Leben gerufen. Zusammen mit den Ländern, Pflegeberufs- und Pflegeberufsausbildungsverbänden, Verbänden der Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser, den Kirchen, Pflege- und Krankenkassen, Betroffenenverbänden, der Berufsgenossenschaft, der Bundesagentur für Arbeit sowie den Sozialpartnern wurden fünf Arbeitsgruppen eingerichtet, um konkrete Schritte festzulegen:
- Arbeitsgruppe 1: Ausbildung und Qualifizierung
- Arbeitsgruppe 2: Personalmanagement, Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung
- Arbeitsgruppe 3: Innovative Versorgungsansätze und Digitalisierung
- Arbeitsgruppe 4: Pflegekräfte aus dem Ausland
- Arbeitsgruppe 5: Entlohnungsbedingungen in der Pflege
Quelle: Internetmitteilung des Bundesgesundheitsministeriums vom 4.6.2019
Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.