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§ 11 TVÜ-VKA: Besitzstandszulage nach Unterbrechung des Anspruchs

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Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesarbeitsgericht war die Frage, ob die Zahlung der Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA nach Wiederentstehen des Anspruchs auf Kindergeld wieder aufzunehmen ist.

Sachverhalt

Der Kläger ist als Schlosser bei der Beklagten tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD Anwendung. Der Kläger erhielt für  seinen am 19.11.1987 geborenen Sohn bis zum 30.1.2007 die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA von zuletzt monatlich 90,57 Euro brutto. Der Sohn des Klägers absolvierte vom 1.8.2003 bis zum 30.1.2007 erfolgreich eine Berufsausbildung zum Zerspanungsmechaniker. Anschließend war er bis zum 31.1.2008 in seinem erlernten Beruf tätig. In dieser Zeit erhielt der Kläger für seinen Sohn weder Kindergeld noch die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA. Seit dem 6.2.2008 absolvierte der Sohn des Klägers an einer staatlichen Technikerschule eine weiterführende Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker mit dem Schwerpunkt Produktions- und Qualitätsmanagement im Fachbereich Maschinentechnik. Neben dem Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf ist eine entsprechende Berufstätigkeit von mindestens einem Jahr in diesem Beruf Voraussetzung für eine Weiterbildung. Seit Februar 2008 bezog der Kläger wieder Kindergeld. Seinen Antrag auf Zahlung der Besitzstandszulage für die Zeit vom 1.2.2008 bis 29.1.2010 lehnte die Beklagte ab, weil das Kindergeld für den Sohn nicht ununterbrochen gezahlt worden sei.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA enthalte nur eine beispielhafte Aufzählung von unschädlichen Unterbrechungstatbeständen. Sei wie hier der vorübergehende Wegfall des Kindergeldbezugs zwingende Voraussetzung für eine Weiterqualifizierung oder ein Studium, müsse eine unschädliche Unterbrechung angenommen werden. Anderenfalls werde der Kläger im Vergleich zu den Beschäftigten benachteiligt, deren Kinder ohne zwingend erforderliche Berufspraxis ein Studium oder eine Weiterbildung aufnehmen könnten oder sich für ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr entschieden.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht, die unschädlichen Unterbrechungstatbestände seien abschließend in § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA aufgeführt. Seien die Anspruchsvoraussetzungen für die Zulage nach § 11 TVÜ-VKA einmal weggefallen, dann solle diese Leistung auch nicht mehr aufleben.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Prozessergebnis

Der Kläger hatte auch vor dem BAG keinen Erfolg.

Begründung (Zusammenfassung)

Der Anspruch des Klägers auf die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA für seinen Sohn ist mit der Beendigung des Kindergeldanspruchs durch die Aufnahme einer Berufstätigkeit seines Sohnes am 31.1.2007 endgültig untergegangen.

§ 11 Abs. 1 TVÜ-VKA gewährt in Fällen, in denen der Kindergeldanspruch wegen der Fortsetzung der Berufsausbildung des Kindes wieder entsteht, keinen erneuten Anspruch auf die Besitzstandszulage für den kinderbezogenen Entgeltbestandteil.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA besteht der Anspruch nur solange und insoweit, wie für die im September 2005 zu berücksichtigenden Kinder ohne Unterbrechung Kindergeld gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung der §§ 64, 65 EStG oder der §§ 3,4 BKGG gezahlt würde. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nur in den in § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA abschließend aufgezählten Fällen vor, deren Voraussetzungen hier unstreitig nicht erfüllt sind.

Auch aus den durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum 1.7.2008, also nach Beginn des streitigen Zeitraums, eingefügten Protokollerklärungen zu § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA folgt nichts anderes.

§ 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 TVÜ-VKA ist mit Art. 3 GG i. V. m. Art. 6 GG vereinbar.

Diese Regelung benachteiligt Eltern, denen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nach einer Unterbrechung der Berufsausbildung des Kindes wieder Kindergeld zusteht, nicht gleichheitswidrig und lässt auch deren durch Art. 6 GG geschützten Belange nicht gleichheits- oder sachwidrig außer Betracht. Tarifvertragsparteien steht es nämlich frei, ob und in welchem Umfang sie neben dem rein arbeitsleistungsbezogenen Entgelt durch einen zusätzlichen Entgeltbestandteil einen sozialen, familienbezogenen Ausgleich gewähren wollen. Die Tarifvertragsparteien durften darauf abstellen, dass grundsätzlich mit der Einstellung der Kindergeldzahlung der bei Überleitung in den TVöD bestehende und nach ihrem Willen allein schützenswerte Besitzstand der Beschäftigten erlischt. Die Tarifvertragsparteien mussten bei ihrer Regelung auch nicht berücksichtigen, dass es Berufswege gibt, bei denen zwischen schulischen Phasen, in denen ein Kindergeldbezug grundsätzlich in Betracht kommt, auch Phasen der Berufstätigkeit geschaltet sind, in denen nach Vollendung des 18. Lebensjahres grundsätzlich kein Kindergeldanspruch besteht (§ 32 Abs. 4 EStG). Sie mussten auch nicht danach differenzieren, ob diese Phasen der Berufstätigkeit – wie im Fall des Sohnes des Klägers –in der Ausbildungsordnung vorgesehen sind oder ob ein Kind eines Beschäftigten sich erst nach einigen Jahren der Berufstätigkeit entschließt, sich weiterzuqualifizieren oder sogar einen gänzlich neuen Berufsweg zu beginnen.

Bei der Regelung von Massenerscheinungen, wie es die Überleitung der Beschäftigten in den TVöD ist, liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Randunschärfen kommt und die Regelung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann.

BAG U.v. 14.4.2011, Az. 6 AZR 734/09

Bernhard Faber, Richter am Arbeitsgericht a. D.

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