Abgeltung von Urlaubsansprüchen
Liebe Leserin, lieber Leser,
Arbeitnehmer haben gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Geldentschädigung des Urlaubsanspruchs, wenn dieser „wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann“2. Zahlt der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer eine entsprechende Geldentschädigung, wertet die FinVerw solche Zahlungen als steuerpflichtigen Arbeitslohn, der als sonstiger Bezug lohnzuversteuern ist3. Diese grundsätzliche Einordnung stand kürzlich in einem Klageverfahren vor dem FG Hamburg auf dem Prüfstand.
In dem Klageverfahren war der Arbeitnehmer ab März 2015 arbeitsunfähig und später zu 100 % schwerbehindert. Im September 2016 ging er in Rente. Seinen Urlaubsanspruch für die Jahre 2015 und 2016 konnte er aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht einlösen. Diesen Anspruch löste der Arbeitgeber im Jahr 2016 durch eine Entschädigungszahlung ab. Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigte das Finanzamt die Entschädigungszahlung des Arbeitgebers als Arbeitslohn.
Gegen diese Festsetzung klagte der Arbeitnehmer, da aus seiner Sicht kein Lohnzufluss vorlag. Vielmehr habe sich sein Urlaubsanspruch in einen echten Schadensersatzanspruch gewandelt, da er aufgrund seiner Erkrankung seine Arbeit bis zum Renteneintritt nicht mehr aufnehmen konnte. Eine entsprechende Zahlung sei ein nicht einkommensteuerbarer Vorgang und führe demzufolge auch nicht zum Lohnzufluss. Zur Begründung verwies er auf eine Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz4. Das LAG hatte dem dort klagenden Arbeitnehmer Schadensersatz zugesprochen, da der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt hatte und dieser daraufhin verfallen war.
Das FG Hamburg gab der FinVerw für den klageanhängigen Sachverhalt Recht. Die Zahlung des Arbeitgebers ist den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen. Entscheidend für das Gericht war, dass der streitigen Zahlung keine arbeitgeberseitige Pflichtverletzung zugrunde lag. Der Arbeitnehmer erhielt die Zahlung vielmehr wegen seiner geleisteten Arbeit und nicht zum Ausgleich eines zivilrechtlichen Anspruchs auf Schadensausgleich. Die Geldentschädigung stand somit im Veranlassungszusammenhang mit dem früheren Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu seinem Arbeitgeber. Insofern liegt eine nachträgliche Lohnzahlung vor, die als Einnahme aus einem früheren Dienstverhältnis steuerpflichtig ist5. Für die Annahme einer steuerfreien Schadensersatzleistung sah das FG Hamburg deswegen keinen Raum.
Darüber hinaus liegen auch keine außerordentlichen Einkünfte vor, die die Anwendung der sog. 1/5-Regelung rechtfertigt. Die Zahlung stelle weder eine Entschädigung für entgangene Einnahmen6, noch eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit7 dar.
Diese Entscheidung macht jedoch nochmal deutlich, dass auch bei Abgeltung von Urlaubsansprüchen die Frage der Steuerpflicht immer vom Anlass der Zahlung abhängig ist. Nur Zahlungen zur Erfüllung eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber, führen nicht zu einem Lohnzufluss. Grund dafür ist, dass die Zahlung auf einem Fehlverhalten des Arbeitgebers gegenüber seinem Arbeitnehmer und nicht auf dem Dienstverhältnis zwischen den beiden Parteien beruht8.
Es grüßt Sie
Ihr Matthias Janitzky
1 FG Hamburg vom 19.03.2019, 6 K 80/18
2 § 7 Abs. 4 BUrlG
3 R 19.3 Abs. 1 Nr. 2 LStR, R 39b.2 Abs. 2 Nr. 5 LStR
4 LAG Rheinland-Pfalz vom 05.08.2015, 4 Sa 52/15
5 § 2 Abs. 1 Satz 2 LStDV
6 § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG
7 § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG
8 BFH-Urteil vom 25.04.2018 VI R 34/16, BFH/NV 2018 S. 1104

