Corona und die Lohnsteuer

Liebe Leserin, lieber Leser,
jeder Mensch ist grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, sein körperliches Wohlbefinden und sein Immunsystem zu stärken. Dafür bedarf es noch nicht einmal einer größeren Anstrengung. Ein Anfang wäre schon gemacht, wenn man auf eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst achtet, sich ausreichend an der frischen Luft bewegt, genügend (Mineralwasser!) trinkt und ausreichend schläft. Wenn dann auch noch der Arbeitgeber dem Thema Gesundheit zugeneigt ist und gesundheitsförderliche Maßnahmen im Betrieb anbietet, wäre das ein weiterer Baustein auf dem Weg hin, zu einem besseren persönlichen Wohlbefinden und der Stärkung des eigenen Immunsystems jedes Einzelnen.
Der Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung ist vielfältig und umfasst zum einen Maßnahmen die auf eine Verhaltensänderung des Einzelnen abzielen aber genauso Maßnahmen, die die Arbeitsbedingungen vor Ort auf den Prüfstand stellen. Im Fokus stehen damit die gesundheitsförderliche Gestaltung der Arbeitstätigkeit sowie der Aufbau bzw. die Stärkung eines gesundheitsförderlichen Arbeitsumfelds.
Fakt ist, dass ein unausgewogenes Arbeitsumfeld zu Stress führt und chronischer Stress sich nicht nur nachteilig auf die seelische Gesundheit auswirkt, sondern auch das Immunsystem beeinträchtigt. Um diese Auswirkungen zu vermeiden, sind neben Kursen zur Stressbewältigung auch Änderungen der Arbeitsbedingungen notwendig.
Wenn man so will, wirkt der Bereich der betrieblichen Gesundheitsfürsorge ganzheitlich mit Auswirkungen auf den einzelnen Menschen und den Betrieb.
Bei bestimmten Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung kann es sich um von vornherein nicht steuerpflichtige Leistungen im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers handeln. Dies insbesondere dann, wenn es Maßnahmen sind, die die Arbeitsplatz- und Arbeitsablaufgestaltung betreffen, wie z. B. die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung. In der Regel kann jedoch im Hinblick auf das hohe persönliche Interesse des Arbeitnehmers an seiner eigenen Gesundheit nicht ohne Weiteres von einem „ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers“ ausgegangen werden.
Für derartige Leistungen sieht das Einkommensteuergesetz seit 2008 eine eigene Steuerbefreiungsvorschrift vor. Bis zu 600 Euro kann ein Unternehmen ab 2020 je Arbeitnehmer und Jahr steuerfrei für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit erbringen. Dies allerdings nur dann, wenn die durchgeführten Maßnahmen hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen dem vom GKV-Spitzenverband herausgegebenen Leitfaden Prävention1 entsprechen und dies durch ein Zertifikat der Krankenkassen bestätigt wird. Das heißt, das Zertifikat der Krankenkasse ist unverzichtbar für die Anwendung der Steuerfreiheit
Dies gilt aus Sicht der FinVerw sowohl für verhaltensbezogene, also primär präventive Maßnahmen für den Einzelnen2 (Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention), wie auch für entsprechende Maßnahmen des Arbeitgebers im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsfürsorge. Zur Anwendung der Steuerfreiheit muss der Arbeitgeber deshalb formal darauf achten, ein entsprechendes Zertifikat, die Höhe des steuerfreien Vorteils sowie die Teilnahmebescheinigung des einzelnen Mitarbeiters im Lohnkonto vorzuhalten.
Das umfassende Zertifizierungsverständnis der FinVerw führt zuweilen in der Praxis zu Problemen. Denn aus Sicht des Gesundheitsministeriums existiert im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ein Zertifizierungserfordernis nur für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention. Arbeitgeber haben aber im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsfürsorge auch die Möglichkeit auf andere gesundheitsförderliche Maßnahmen zurückzugreifen, die den vom GKV-Spitzenverband im Leitfaden Prävention festgelegten Kriterien entsprechen. Eine Zertifizierung derartiger Maßnahmen ist nach dem SGB V jedoch nicht vorgesehen3.
Bietet der Arbeitgeber präventive Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung wie z. B. Maßnahmen zur Stressreduzierung, Rückenkurse, Ernährungskurse oder Mitarbeiter-Schulungen zu Gesundheitsthemen (z.B. mehr Resilienz durch Gesundheitsmanagement, Fit & gesund in der Schichtarbeit) in Zusammenarbeit mit der örtlichen Krankenkasse an, stellt die Zertifizierung sicher kein Problem dar. Dies vor allem dann nicht, wenn die örtliche Krankenkasse die durchgeführten Maßnahmen bezuschusst.
Für Maßnahmen zur verhaltensbezogenen Prävention im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung ohne Einbindung der örtlichen Krankenkasse, welche gleichwohl den Vorgaben des Leitfadens Prävention genügen (z. B. „Bewegte Mittagspause“), greift die Steuerfreiheit aber nur dann, wenn der jeweilig durchführende Anbieter bzw. Kursleiter mit dem Präventionsangebot bei der Zentralen Prüfstelle Prävention zertifiziert ist.
Gerade in der jetzigen Situation ist es der Praxis aus meiner Sicht schwer vermittelbar, die Steuerfreiheit für im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung durchgeführten präventiven Maßnahmen die dem Leitfaden Prävention genügen, aus formalen Gründen (fehlende Zertifizierung) abzulehnen. Insofern hoffe ich, dass die FinVerw und das Gesundheitsministerium diese Differenz möglichst unbürokratisch lösen werden.
Zum Thema Corona noch die Erkenntnis meines kleinen Enkelkindes. Sie schlug vor, „am besten nicht mit Corona reden, dann können wir uns auch nicht anstecken!“
Bleiben Sie Gesund!
Es grüßt Sie,
Ihr Matthias Janitzky
1 https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/praevention_selbsthilfe_beratung/praevention_und_bgf/leitfaden_praevention/leitfaden_praevention.jsp
2 § 20 Abs. 4 Nr. 1 und Abs. 5 SGB V
3 https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/betriebliche-gesundheitsfoerderung/steuerliche-vorteile.html

