Deutschlandticket – Das Dilemma mit dem 5%-Zuschuss
Liebe Leserin, lieber Leser,
Inhaber eines Deutschlandtickets sind berechtigt, deutschlandweit in der 2. Klasse alle Nahverkehrszüge (u.a. RE, RB und S-Bahn), Straßen-/ Stadtbahnen, U-Bahnen und Busse sowie bestimmte Fähren in einigen Städten wie bspw. Hamburg oder Berlin zu nutzen. Das Deutschlandticket ist also ein Tarif, der für ein Entgelt von 49 € pro Kalendermonat die Nutzung des inländischen öffentlichen Personennahverkehrs ermöglicht. Die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit des Deutschlandtickets auf Nahverkehrszüge, also den öffentlichen Personennahverkehr, eröffnet damit auch dem unentgeltlich oder verbilligt vom Arbeitgeber an seine Beschäftigten überlassenen Deutschlandticket oder entsprechender Kostenzuschüsse die Steuerfreiheit1.
Als Job-Ticket kann es den Beschäftigten nur 34,30 € oder weniger kosten – vorausgesetzt, der Arbeitgeber stellt es als Job-Ticket bereit und zahlt einen Zuschuss von mindestens 25 Prozent. In diesem Fall gibt es vorerst bis Ende 2024 zusätzlich einen staatlich finanzierten, 5%-igen Preisabschlag (Rabatt). Gewährt also der Arbeitgeber seinen Beschäftigten auf das Deutschlandticket als Jobticket zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn einen monatlichen Zuschuss von 25 Prozent, bleiben die sich daraus rechnerisch ergebenden 12,25 €2/Monat steuerfrei. Der Wert des Zuschusses mindert, als Konsequenz aus der Steuerfreiheit, die Entfernungspauschale des jeweiligen Beschäftigten3. Aus dem heraus besteht die Vorgabe für den Arbeitgeber die Zuschüsse im Lohnkonto des jeweiligen Beschäftigten aufzuzeichnen und in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben4.
In der Praxis kam jetzt aber die Frage auf, ob sich denn der staatliche 5%-ige Rabatt auf den Ausgabepreis ebenfalls mindernd auf die Entfernungspauschale auswirkt und demzufolge auch in der Lohnsteuerbescheinigung des jeweiligen Beschäftigten anzugeben sei?5 Die Befürworter dieser Ansicht argumentieren, dass der staatliche Zuschuss durch die erforderliche Kostenbeteiligung des Arbeitgebers an das jeweilige Dienstverhältnis geknüpft sei und damit aus rechtlicher Sicht Arbeitslohn von dritter Seite darstelle6. Folgt man dieser Ansicht hätte das dann in der Tat eine Minderung der Entfernungspauschale des jeweiligen Beschäftigten zur Folge.
Arbeitgeber haben, wenn sie selbst Bezieher sind, in Bezug auf das Deutschlandticket zwei Möglichkeiten. Sie können für jeden Beschäftigten das Deutschlandticket vom jeweiligen Verkehrsträger im Abo für regulär 49 € pro Monat beziehen (Alternative 1). Beteiligen sie sich gegenüber den Beschäftigten an den Kosten für jedes Deutschlandticket mit mindestens 25 Prozent monatlich, erhalten sie das Deutschlandticket als Job-Ticket vom jeweiligen Verkehrsträger zum staatlich geförderten Preis von je 46,55 € pro Beschäftigten (Alternative 2)7. Abzüglich des 25%-igen Zuschusses des Arbeitgebers kostet den Beschäftigten, als Job-Ticketnutzer, das Ticket dann nur 34,30 € pro Monat (wenn der Arbeitgeber einen höheren Zuschuss zahlt, dann entsprechend weniger).
In den Fällen der Alternative 2 führt nach meinem Dafürhalten der staatliche Zuschuss von 5 Prozent jedoch nicht zu Arbeitslohn von dritter Seite, da der Arbeitgeber derjenige ist, der seinem Beschäftigten das Job-Ticket überlässt. In diesen Fällen handelt es sich bei dem 5%-igen Rabatt nicht um einen (originären) Zuschuss des Arbeitgebers, sondern um einen Übergangsabschlag beziehungsweise Rabatt auf den Ausgabepreis, der dem Arbeitgeber vom Verkehrsträger gewährt wird. Überlässt der Arbeitgeber dem Beschäftigten in dem Fall ein entsprechend rabattiertes Job-Ticket, greifen auch hier die besonderen Bewertungsregeln für Job-Tickets. Nach diesen Regelungen ist ein geldwerter Vorteil nicht anzunehmen, wenn der Arbeitgeber das Job-Ticket zum gleichen Preis an seine Beschäftigten überlässt, den der Verkehrsträger selbst vom Arbeitgeber verlangt8. Aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung an seine eigenen Vorgaben, hat der 5%-ige Rabatt, im Gegensatz zu dem 25%-igen Zuschuss des Arbeitgebers, also tatsächlich keine steuerlichen Auswirkungen. Denn nur weil das Job-Ticket als Deutschlandticket bundesweit nutzbar ist, verliert es ja nicht seinen Rechtscharakter als Job-Ticket. Insofern kann es nach meinem Dafürhalten hier keine andere Lösung geben.
Gäbe es die staatlichen Zuschussgewährungen jedoch auch in der Gestalt, dass der Arbeitgeber zwar gegenüber dem Verkehrsträger verbindlich erklärt, einen 25%-igen Zuschuss auf das Job-Ticket zu gewähren, die Verträge tatsächlich aber unmittelbar zwischen Verkehrsträger und Beschäftigtem abgeschlossen werden, könnte es allerdings anders aussehen. Denn dann hat der Arbeitgeber durch seine Zuschussgewährung an der Verschaffung des staatlich rabattierten Job-Tickets nur mitgewirkt. Was er jedoch nicht macht, ist, dem Beschäftigten ein Job-Ticket zu einem Preis zu überlassen, zu dem er es selbst vom Verkehrsträger bezogen hat. Er ist vielmehr (lediglich) aktiv an der Verschaffung der Rabattierung beteiligt. In dem Fall käme ich auch zu einer Lohnzahlung von dritter Seite. Die Rabattierung ist begründet im jeweiligen Arbeitsverhältnis und dieser geldwerte Vorteil ist auf der auf der einen Seite dann zwar steuerfrei, führt auf der anderen Seite aber zu einer Minderung der Entfernungspauschale des jeweiligen Beschäftigten. Ob die staatliche Zuschussgewährung in der Praxis jedoch in dieser Fallkonstellation überhaupt angeboten wird, habe ich noch nicht wahrgenommen.
Wie immer im Lohnsteuerrecht kommt es auf den tatsächlichen Sachverhalt an. Um vermehrte Anfragen in den Finanzämtern zum Umgang mit dem 5%-igen Zuschuss zu vermeiden, würde auch ich mir gleichwohl eine klarstellende, bundeseinheitliche Verwaltungsanweisung wünschen. Angedacht ist sie aktuell jedoch nicht9. Hat man als Arbeitgeber aktuell aber Zweifel im Umgang mit dem 5%-igen Zuschuss, bleibt somit zunächst nur der Weg über eine Anrufungsauskunft bei seinem Betriebsstätten-Finanzamt10.
In dem Sinne, bleiben Sie von Zugausfällen wegen Streiks, Schäden am Zug oder Personalmangels bei der Bahn verschont und vor allem aber zuversichtlich.
Es grüßt Sie,
Ihr Matthias Janitzky
1 § 3 Nr. 15 EStG
2 49 € x 25% = 12,25 €
3 § 3 Nr. 15 Satz 3 EStG i.V.m. § 3c EStG
4 § 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 EStG; Zeile 17 der LSt-Bescheinigung
5 siehe exemplarisch: https://www.haufe.de/personal/haufe-personal-office-platin/fahrtkostenzuschuss-22-deutschlandticket-als-steuerfreies-jobticket_idesk_PI42323_HI15458727.html
6 BMF-Schreiben vom 20.01.2015, BStBl. I S. 143
7 49 € abzgl. 5% Rabatt = 46,55 €
8 H 8.1 (1-4) Job-Ticket (zweites Tiret)
9 Exemplarisch: https://www.hesse-advisa.de/blog-1?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=13&cHash=7698a931b3840625fcee4aaf4645cc26
10 § 42e EStG

