Höheres Elterngeld durch Wechsel der Steuerklassen
Liebe Leserin, lieber Leser,
als familienpolitisches Instrument gleicht das Elterngeld für eine gewisse Zeit fehlendes Einkommen aus, wenn Eltern ihr Kind nach der Geburt selbst betreuen. Ab 2015 werden Eltern, die sich Erwerbs- und Familienarbeit teilen möchten, zusätzlich durch das ElterngeldPlus unterstützt.
Die Höhe des Elterngeldes orientiert sich am monatlich verfügbaren Nettoeinkommen, das der betreuende Elternteil vor der Geburt des Kindes hatte und das nach der Geburt wegfällt. Wobei das Nettoeinkommen, welches für die Berechnung des Elterngeldes durch die Elterngeldstelle herangezogen wird, nicht deckungsgleich sein muss, mit dem tatsächlichen Nettoeinkommen auf dem Lohnzettel. Die Elterngeldstelle rechnet selbst und wendet dafür ein vereinfachtes Verfahren an. Grob skizziert berechnet die Elterngeldstelle vom Brutto-Einkommen der letzten zwölf Monate vor der Geburt des Kindes (Bemssungszeitgraum), ohne Berücksichtigung persönlicher Freibeträge aber unter Beachtung der in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gültigen Steuerklasse und einer monatlichen Werbungskostenpauschale, das sogenannte Elterngeld-Netto. Das auf dieser Basis zustehende Elterngeld selbst beträgt dann mindestens 300 Euro (150 Euro bei ElterngeldPlus) und höchstens 1800 Euro (900 Euro bei ElterngeldPlus) monatlich.
Gleichwohl können spätestens seit dem Urteil des BSG vom 25.06.2009 (B 10 EG 3/08 R) beiderseits nichtselbständig beschäftigte Ehegatten/eingetragene Lebenspartnerschaften rechtssicher vor der Geburt ihres Kindes allein deshalb die Steuerklasse wechseln, um dadurch ein höheres Elterngeld zu erzielen. Ein Steuerklassenwechsel allein zur Erzielung höheren Elterngelds stellt, so das BSG, keinen Rechtsmissbrauch dar und ist daher bei der Elterngeldberechnung zu beachten.
Werdende Eltern, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen, haben es somit selbst in der Hand, auf die Höhe des Elterngelds und damit auch auf das monatliche Gesamthaushaltsnettoeinkommen aus Elterngeld und verbleibendem Nettoarbeitslohn positiv Einfluss zu nehmen. Damit unterm Strich aber ein Maximum an monatlichem Gesamthaushaltsnettoeinkommen zustande kommt, ist – nachdem feststeht, wer und wie lange Elternzeit nimmt – erhöhtes Rechnen angesagt. Denn nicht immer bedeutet ein Wechsel der Steuerklassen, in der Summe gesehen, ein höheres monatliches Gesamthaushaltsnettoeinkommen.
Es gilt also, aus nach der Geburt noch verfügbarem Arbeitslohn und zu erwartendem Elterngeld, das für die Familie maximale monatliche Gesamthaushaltsnettoeinkommen zu errechnen.
Hilfestellung bei der Ermittlung des zu erwartenden Elterngeldes und der Berechnung des monatlichen Nettoeinkommens unter Beachtung verschiedener Steuerklassenkonstellationen gibt die Internetseite www.parmentier.de unter der Rubrik Lohnsteuerberechnung. Einen ausführlichen Elterngeldberechner finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Aber Vorsicht, viel Zeit zum Vergleichen und Rechnen bleibt nicht. Denn, damit sich die Änderungen beim individuellen Elterngeld-Netto auch auf die Höhe des Elterngeldes auswirken, muss die geänderte Steuerklasse in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten haben.
Unabhängig davon, sollte aber immer auch berücksichtigt werden, dass der Wechsel in die ungünstigere Steuerklasse für den anderen Ehe bzw. Lebenspartner neben einem geringeren Nettolohn auch Risiken bergen kann, weil die höhere Steuerlast die Bemessungsgrundlage für Lohnersatzleistungen wie Kranken- und Arbeitslosengeld senken kann. Im Fall einer möglichen Arbeitslosigkeit des einen Elternteils, sollte dieser Aspekt im Vorfeld mit einbezogen werden.
Denn ein Einfaches „zurück auf Start“ ist steuerlich nicht so ohne weiteres möglich. Ehegatten/ eingetragene Lebenspartner können – außer im Jahr der Eheschließung bzw. der Verpartnerung - nämlich grundsätzlich nur einmal im Laufe des Kalenderjahres beim Finanzamt die Änderung der Steuerklassen beantragen. Lediglich in bestimmten Lebenssituationen lässt die FinVerw im Verwaltungsweg bestimmte Ausnahmen von der gesetzlichen Regelung zu. Ein zusätzlicher Wechsel ist demnach möglich, wenn ein Ehegatte/Lebenspartner keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn mehr bezieht oder verstorben ist, wenn sich die Ehegatten/Lebenspartner auf Dauer getrennt haben oder wenn ein Dienstverhältnis wieder aufgenommen wird, z.B. nach einer Arbeitslosigkeit oder einer Elternzeit. Der Fall des erneuten Wechsels der Steuerklasse, zur Erlangung eines höheren Elterngeldes, also eines außersteuerlichen Grundes, zählt nicht zu diesen Ausnahmen.
Haben also berufstätige Ehegatten/ eingetragene Lebenspartner bereits einen Antrag auf Wechsel der Steuerklasse im Kalenderjahr gestellt, lässt die FinVerw einen weiteren Steuerklassenwechsel im Kalenderjahr, bei Kenntnis von einer Schwangerschaft nach der ersten Antragstellung, mit dem Ziel der Aufstockung der Bemessungsgrundlage für Elterngeld nicht mehr zu. In dieser, gegenüber den zulässigen Ausnahmen, einschränkende Regelung sieht das FG Köln in seinem Urteil 3 K 887/16 vom 25.10.2016 auch keine Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG und des Grundrechts nach Art. 6 Abs. 1 GG. Ein weiterer, nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht vorgesehener Steuerklassenwechsel, lasse sich auch nicht nach der Entstehungsgeschichte, Systematik und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung entnehmen, so die Richter. Das einmalige Wahlrecht zum Wechsel der Steuerklassen gewährt den Ehegatten somit bloß das Recht auf mögliche steuerliche Belastungen im Laufe oder am Ende eines Kalenderjahres zu reagieren und damit das Ehegatteneinkommen im laufenden Jahr zu regulieren. Dies im Vorgriff darauf, dass im Rahmen einer Einkommensteuererklärung mögliche steuerliche Unwuchten wieder „glatt gezogen“ werden können.
Bahnt sich also ein neuer Erdenbürger an, sollte der Fokus der Gedanken der Eltern nicht ausschließlich auf das Modell des Kinderwagens, die Einrichtung des Kinderzimmers oder die Babyausstattung gerichtet sein. Von irgendwas müssen diese Dinge ja auch bezahlt werden. Und auch wenn das ganze Drumherum um das Thema Elterngeld nüchtern und unromantisch klingt, gegen ein späteres Plus in der Haushaltskasse durch höheres Elterngeld aufgrund geschicktem Vorgehen bei der Auswahl der Steuerklassen im Vorhinein, hat im Nachhinein doch bestimmt keiner etwas.
Es grüßt Sie
Ihr Matthias Janitzky


