Kommt Bewegung in das Projekt „Wohnen für Hilfe“?
Liebe Leserin, lieber Leser,
seit dem 14.03.2018 ist die neue „alte“ Bundesregierung im Amt. Die große Koalition kann somit rund sechs Monate nach der Bundestagswahl mit der Arbeit beginnen. Über die im einkommen- bzw. lohnsteuerlichen Bereich auf der Agenda stehenden Punkte, bin ich grundsätzlich in meinem Blog-Beitrag vom 18.02.2018 „Was ist einkommen- bzw. lohnsteuerlich zu erwarten, wenn….“ bereits eingegangen.
Allerdings findet sich im Koalitionsvertrag unter der Überschrift „Familien und Kinder im Mittelpunkt“ (Unterpunkt „Seniorinnen und Senioren“) auch noch folgender Satz, der Hoffnung macht, dass die steuerlichen Gegebenheiten und die damit verbundenen administrativen Hemmnisse bei dem, vor allem aus sozialen Gründen, begrüßenswerten Projekts „Wohnen für Hilfe“ beseitigt werden sollen: „Wir wollen Hürden beim Ausbau alternativer Unterstützungs- und Wohnformen – wie z. B. bei der steuerrechtlichen Bewertung von „Wohnen für Hilfe“ – beseitigen und Seniorengenossenschaften stärken.“
Das Modell „Wohnen für Hilfe“, das in diversen Städten im Bundesgebiet angeboten wird und unterschiedlich ausgestaltet sein kann, richtet sich an Seniorinnen und Senioren sowie Studierende und Auszubildende, die eine auf die Dauer des Studiums bzw. der Ausbildung befristete Wohnpartnerschaft nach dem Prinzip der gegenseitigen Hilfe eingehen möchten.
Ältere Menschen bieten dabei jungen Menschen günstigen Wohnraum an. Als Gegenleistung verpflichten sich die Studierenden und Auszubildenden in aller Regel zur Verrichtung praktischer Alltagshilfen für den Wohnraumanbieter. Alternative Modelle sehen aber auch die Möglichkeit nachbarschaftlicher Hilfe im direkten Wohnumfeld des Wohnraumanbieters oder die Erbringung ehrenamtlicher Tätigkeiten in den Einrichtungen und Projekten der jeweiligen Stadt. Gemein ist allen bekannten Modellen, dass die geleisteten Stunden als Mieterlass angerechnet werden, wobei in der Regel ein Quadratmeter Wohnfläche mit einer Stunde Hilfe im Monat verrechnet wird. Ganz nebenbei, werden mit dieser Wohnform die Solidarität und der Austausch unter den Generationen gefördert. In Zeiten wo freier Wohnraum ein begehrtes Gut ist, ist diese Idee der Nutzung freien Wohnraums für beide Seiten sicherlich eine lohnende Sache.
Allerdings geht die Finanzverwaltung in den vorbeschriebenen Modellen regelmäßig davon aus, dass zwischen dem Wohnraumanbieter und dem Wohnraumnutzer ein Arbeitsverhältnis besteht. Daraus folgen administrative Aufgaben, auch und gerade im steuerlichen Bereich, wie z.B. der möglichen Einbehaltung, Anmeldung und Abführung von Lohnsteuerbeträgen oder eventuell der Anmeldung des „Arbeitnehmers“ als Minijobber im Haushalt bei der Minijob-Zentrale.
Die Einordnung als Arbeitgeber seines „Mieters“, ist für viele Wohnraumanbieter verständlicherweise ein abschreckendes Szenario und insofern eine Hürde, die der stärkeren Verbreitung dieser sozial geprägten Idee der Wohnform entgegensteht und die es abzubauen gilt.
Wenn jetzt also die neue Bundesregierung Handlungsoptionen verspricht, steuerlichen Administrativaufwand für das Projekt „Wohnen für Hilfe“ zu beseitigen, ist dies sicherlich der richtige Ansatz und der Sache dienlich. Jetzt muss es nur noch angegangen und umgesetzt werden.
Es grüßt Sie
Ihr Matthias Janitzky

