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Leistungen einer Versicherung bei Erwerbsunfähigkeit Arbeitslohn?

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Der Verlust der Arbeitskraft ist ein hohes Risiko. Das Leben ändert sich schlagartig. Unabhängig von den körperlichen und/oder seelischen Beeinträchtigungen laufen z. B. finanzielle Verpflichtungen, die man eingegangen ist, weiter und wollen bedient werden. Ist die Erwerbsunfähigkeit durch einen Behandlungsfehler eines Arztes eingetreten, muss die Versicherung des Arztes für das Schmerzensgeld und die Entschädigungen für den Verdienstausfall und die Mehraufwendungen während der Krankheit eintreten. Soweit so gut, aber  müssen bei den Entschädigungsleistungen auch steuerliche Aspekte berücksichtigt werden?  

Liebe Leserin, lieber Leser

Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern bewerteten  im Jahr 2016 ca. 12.000 vermutete Arzthaftungsfälle, wobei im Jahr 2016 bundesweit insgesamt 7.639 Entscheidungen zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern getroffen wurden. In 2.245 Fällen kamen die Kommissionen zu dem Ergebnis, dass ein Behandlungsfehler vorliegt1. Wird ein Behandlungsfehler festgestellt, steht dem Geschädigten ein Ausgleich des materiellen und immateriellen Schaden durch den Schädiger zu. Wobei klar sein muss, dass die körperliche und/oder seelische Unversehrtheit eines Menschen nicht mit Geld ausgeglichen werden kann.

Mit einem solchen Entschädigungsfall und der Frage, ob die den Verdienstausfall ersetzenden Entschädigungsleistungen zu Arbeitslohn führen, hatte sich jüngst das FG Köln zu befassen. Infolge einer stationär durchgeführten, missglückten Operation kam es bei einem- zu diesem Zeitpunkt seit drei Jahren nicht in einem Arbeitsverhältnis stehenden Arbeitnehmer- zu einem erheblichen Einschnitt in die körperliche Leistungsfähigkeit, durch die er erwerbsunfähig wurde. Nach langwierigen Verhandlungen erklärte sich der Haftpflichtversicherer des Schädigers zu einer Entschädigungsleistung in Höhe eines hohen sechsstelligen Betrags bereit. Von der Entschädigungsleistung entfällt ein Teilbetrag auf Schmerzensgeld, ein Teilbetrag auf Haushaltsführungsschaden und ein weiterer Teilbetrag wurde als Verdienstausfallentschädigung geleistet.

Der Arbeitnehmer vertrat die Auffassung, dass eine zu Arbeitslohn führende Entschädigung nur vorliegen könne, wenn die fragliche Einnahme im Zusammenhang mit einem genau bestimmten Arbeitsverhältnis gegenüber einem Arbeitnehmer oder seinem Rechtsnachfolger bestehe. Da er zum Zeitpunkt des Schadenseintritts jedoch arbeitslos war, könne – auch wenn er dem Arbeitsmarkt als Arbeitssuchender zur Verfügung stand - die Entschädigungsleistung auch keine Einnahmen aus einem konkret bezeichneten Dienstverhältnisses ersetzen. Insofern sei die Entschädigungsleistung in voller Höhe steuerfrei.

Das FG Köln schloss sich jedoch in seiner Entscheidung, 10 K 3444/15 vom 01.06.2017 der Auffassung des Finanzamts an. Bei Entschädigungen wegen Körperverletzung sei zu unterscheiden zwischen Beträgen, die den Verdienstausfall ersetzen und solchen, die als Ersatz für Arzt- und Heilungskosten und die Mehraufwendungen während der Krankheit, sowie als Ausgleich für immaterielle Einbußen in Form eines Schmerzensgeldes gewährt werden. Nur soweit entgangene oder entgehende Einnahmen auf Grund der verminderten Erwerbsfähigkeit ersetzt werden, besteht eine Steuerpflicht. Eine direkte Beziehung zu einem konkreten Dienstverhältnis sei nicht erforderlich. Diese seien auch dann steuerbar/steuerpflichtig, wenn der Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen von einem Dritten, hier der Versicherung des Unfallverursachers, gezahlt wird.

Um die Entscheidung einordnen zu können, muss man sich folgendes vergegenwärtigen. Dem Arbeitnehmer ist durch den Behandlungsfehler die Grundlage für jegliche berufliche Tätigkeit entzogen worden. Die Zahlung der Versicherung für den Teilbetrag, der auf den Verdienstausfall entfällt, ist unmittelbar dazu bestimmt, diesen Schaden auszugleichen. Die entgangenen Einnahmen wären, falls sie erzielt worden wären, als Arbeitseinkünfte steuerpflichtig, insofern ist die hierfür gezahlte Verdienstausfallentschädigung nach § 24 Nr. 1 EStG den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG zuzurechnen.

Allerdings hat das FG Köln die Revision gegen seine Entscheidung zugelassen. Die Frage, ob einkommensteuerpflichtige Einkünfte vorliegen, wenn eine als arbeitslos gemeldete Person aufgrund einer missglückten Operation von der Haftpflichtversicherung des Schädigers u.a. eine als „Verdienstausfall-Entschädigung“ bezeichnete Zahlung erhält, wird der BFH in dem Verfahren IX R 25/17 zu klären haben.

Es grüßt Sie   

Ihr Matthias Janitzky  

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