Minijobs, vorhersehbares Überschreiten der 450-Euro-Grenze
Liebe Leserin, lieber Leser,
ein positiver Effekt der weiterhin guten Entwicklung am Arbeitsmarkt ist, dass immer mehr Jobs weg von den nur geringfügig abgesicherten Minijobverhältnissen rein in sozial komplett abgesicherte Arbeitsstellen geführt werden. So betrug im Jahr 2007 die Anzahl der Minijobs in Deutschland (ohne Minijobs im Privathaushalt), noch fünf Millionen, zehn Jahre später sind es rund 200.000 weniger. Im Vergleich dazu stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im gleichen Zeitraum von rund 27 Millionen auf 32 Millionen Personen.
Gleichwohl gibt es in der heutigen Zeit Bereiche im Arbeitsleben, die sind ohne Beschäftigte im Minijobverhältnis kaum vorstellbar. Ich denke da in erster Linie an den Bereich der Gastronomie und hier insbesondere an Zeiten, in denen die großen Volksfeste wie Karneval, Kirmes, Oktoberfest oder Weihnachtsmarkt stattfinden. Zu dieser Zeit herrscht „Crunch-Time“ in der Gastronomie, was für die Beschäftigten gleichbedeutend ist mit jeder Menge Arbeit, sprich Stunden „kloppen“. Dies führt in aller Regel auch zu einem, gegebenenfalls mehrmaligen Überschreiten, der monatlichen 450-Euro-Grenze. Als Folge daraus erzielen die Beschäftigten auch kein gleichbleibendes, sondern ein, über das Jahr betrachtet, schwankendes Entgelt.
Schwankende Entgelte sind unproblematisch, solange die monatliche Grenze von 450 Euro nicht überschritten wird. Kritisch wird es erst, wenn die monatliche 450-Euro-Grenze (mehrfach) überschritten wird. Dies vor allem dann, wenn ein (mehrmaliges) Überschreiten von Beginn der Beschäftigung an feststand. Die Frage ist dann, ob ein solches, vorhersehbares Überschreiten gleichbedeutend ist, mit einer Versagung der pauschalierenden Abgeltung des Minijobs nach steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften.
Die zutreffende Beantwortung der Frage war bisher deswegen problematisch, weil die Institutionen „Steuer“ und „Sozialversicherung“ hierzu eine unterschiedliche Auffassung vertreten haben.
Die „Steuer“ lehnte das Vorliegen eines Minijobs ab, wenn ein vorhersehbares Überschreiten der monatlichen 450-Euro-Grenze in mehr als drei Monaten innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums vorlag. Dies selbst dann, wenn die zu erwartenden Entgeltansprüche in diesem Zeitraum den Betrag von 5.400 Euro nicht überschritten haben.
Im Gegensatz dazu sieht die „Sozialversicherung“ die Tatsache, dass in einzelnen Monaten auch Arbeitsentgelte oberhalb von 450 Euro erzielt werden, als unschädlich für das Vorliegen eines Minijobs an, solange die jährliche Entgeltgrenze von 5.400 Euro nicht überschritten wird.
Wenig verwunderlich, dass der differenzierte Umgang der Institutionen mit diesem Lebenssachverhalt bei den betroffenen Personen auf wenig bis gar kein Verständnis stieß. Umso erfreulicher, dass die „Steuer“ sich nunmehr dazu entschieden hat, der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung über die Anerkennung eines Minijobs insgesamt steuerlich zu folgen. Mit anderen Worten, die Richtlinie für die versicherungsrechtliche Beurteilung von geringfügigen Beschäftigungen (Geringfügigkeits-Richtlinien)1 gilt als Maßgabe für beide Institutionen.
In Zukunft sollten damit unterschiedliche Auslegungen im Steuer- und Sozialversicherungsrecht über das Vorliegen eines Minijobs ausgeschlossen sein.
Es grüßt Sie,
Ihr Matthias Janitzky
1 Abrufbar unter www.minijob-zentrale.de (hier: Basiswissen Minijob)

