Pauschale Steuer für die Feier
Liebe Leserin, lieber Leser,
im Idealfall geht die lohnsteuerliche Behandlung von Zuwendungen des Arbeitgebers „Hand in Hand“ mit der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung. So sind beispielsweise zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistete steuerfreie Einnahmen, regelmäßig auch beitragsfrei3. Etwas anders sieht es da schon bei, nach § 40 Abs. 2 EStG, pauschal besteuerten Zuwendungen aus. So sind beispielsweise Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Beschäftigten und deren Begleitpersonen bei Betriebsveranstaltungen Arbeitslohn, soweit sie den Freibetrag von 110 € je Beschäftigten übersteigen4. Ab der dritten Betriebsveranstaltung im Jahr, oder übersteigen die Gesamtkosten einer Betriebsveranstaltung den Freibetrag, ist die gesamte Betriebsveranstaltung bzw. der den Freibetrag übersteigende Teil, lohnsteuerpflichtig. Anstelle einer individuellen Lohnversteuerung über die Gehaltsabrechnung des teilnehmenden Beschäftigten, kann der Arbeitgeber den lohnsteuerpflichtigen Betrag jedoch auch mit 25% pauschal besteuern5. Von dieser Möglichkeit wird in der Praxis auch regelmäßig Gebrauch gemacht. Schuldner dieser Lohnsteuer ist der Arbeitgeber. Gleichwohl besteht für ihn die Möglichkeit, die pauschale Lohnsteuer „im Innenverhältnis“ auf den Beschäftigten abzuwälzen.
Werden diese Zuwendungen tatsächlich pauschal besteuert, sind sie grundsätzlich auch beitragsfrei in der Sozialversicherung6. Über die Auslegung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschrift haben sich Vertreter des GKV-Spitzenverbands, der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund und der Bundesagentur für Arbeit am 20.04.2016 Gedanken gemacht. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Beitragsfreiheit nur dann vorliegt, wenn eine unzutreffende steuer- und beitragsfreie Behandlung bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung, also längstens bis Ende Februar des Folgejahres, durch eine nachträgliche Pauschalbesteuerung geändert wird7. Soweit die Theorie.
In der Praxis ist es jedoch nicht unüblich, dass, gerade bei größeren Betriebsveranstaltungen, die Gesamtkosten erst weit nach der Durchführung der Veranstaltung endgültig feststehen. Erst dann ist der Arbeitgeber auch in der Lage, die zutreffende lohnsteuerliche Würdigung vorzunehmen und eine eventuell entstehende pauschale Lohnsteuer anzumelden und abzuführen. Angemeldet wird die pauschale Lohnsteuer im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum des Lohnzuflusses, also dem Tag der Betriebsveranstaltung. Liegen die Gesamtkosten erst später vor, kann die Lohnsteuer-Anmeldung des Zuflusszeitraums grundsätzlich entsprechend korrigiert werden. Eine Korrektur ist möglich, solange der Vorbehalt der Nachprüfung, mit der eine vom Arbeitgeber beim Betriebsstättenfinanzamt eingereichte Lohnsteuer-Anmeldung gesetzlich versehen ist, wirksam ist. Durch diese weitreichende Korrekturmöglichkeit ist der Arbeitgeber jederzeit in der Lage, eine Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung in der Lohnsteuer-Anmeldung sowohl zu seinen Gunsten als auch zu seinen Ungunsten zu beantragen. Fehler bei der Lohnabrechnung können so durch die Übermittlung einer berichtigten Lohnsteuer-Anmeldung rückwirkend korrigiert werden. Die Minderung individueller Lohnsteuer des Arbeitnehmers ist jedoch regelmäßig nur bis zur Übermittlung der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung des jeweiligen Beschäftigten möglich8. Handelt es sich hingegen um die pauschale Lohnsteuer des Arbeitgebers, ist die Abgabe einer berichtigten Lohnsteuer-Anmeldung auch danach möglich, vorausgesetzt der Vorbehalt der Nachprüfung wurde noch nicht aufgehoben.
Rein verfahrensrechtlich ist es lohnsteuerlich gesehen also unproblematisch, wenn die Pauschalsteuer einer z.B. im Dezember durchgeführten Betriebsveranstaltung, deren Gesamtkosten erst im April des Folgejahres endgültig feststehen, und deshalb die Arbeitslöhne aus Anlass der Betriebsveranstaltung bisher weder pauschal noch individuell erfasst worden sind, erstmalig durch eine Korrektur der Lohnsteuer-Anmeldung Dezember angemeldet und abgeführt wird9. Dies gilt auch, wenn dieser Umstand erst im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung auffällt und aufgrund dessen die Pauschalsteuer nacherhoben wird. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber bereits eine steuerpflichtige Betriebsveranstaltung individuell im Lohn des teilnehmenden Beschäftigten versteuert hat. Denn dann ist das Lohnkonto des Beschäftigten abgeschlossen, die Lohnsteuerbescheinigung an die FinVerw übermittelt und der lohnsteuerpflichtige Anteil aus der Betriebsveranstaltung, als individuell versteuerter Arbeitslohn in der Zeile 3 der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen. Ein solche individuelle Lohnversteuerung dürfte jedoch in der Praxis selten bis gar nicht vorkommen. Darauf weist aus meiner Sicht auch zutreffend das LSG in seinem Urteil vom 24.03.202210 hin.
Nach der Ansicht der Sozialversicherung, trennen sich im rechtlichen Umgang mit solchen Veranstaltungen, spätestens am letzten Tag des Februars des Folgejahres die gemeinsamen Wege mit der Lohnsteuer. Die Frage ist jedoch, wie lange diese Ansicht noch Bestand hat. Jedenfalls hat das LSG11 entschieden, dass sich die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Arbeitslohns aus Anlass von Betriebsveranstaltungen ausschließlich nach dem Lohnsteuerrecht richtet. Auch eine nachträglich vorgenommene Pauschalbesteuerung sei sozialversicherungsrechtlich relevant, solange der Arbeitgeber die vorgenommene steuerpflichtige Erhebung noch ändern kann.
Allerdings ist die Entscheidung des LSG noch nicht rechtskräftig. Für den beitragsrechtlichen Umgang mit Arbeitslohn aus Anlass einer Betriebsveranstaltung in entsprechenden Fällen, wird Klarheit erst nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts herrschen12. Es sei denn, nach dessen Entscheidung wandert der Fall noch zum BVerfG. Zumindest wäre der Fall dann in guter lohnsteuerlicher Gesellschaft. Denn die Frage, ob bei der Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung, alle mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen sind, ungeachtet dessen, ob sie beim Arbeitnehmer einen Vorteil begründen können, ist nach wie vor rechtsanhängig13.
In dem Sinne, bleiben gesund und zuversichtlich.
Es grüßt Sie,
Ihr Matthias Janitzky
1 § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG, BMF-Schreiben vom 14.10.2015, BStBl I S. 832
2 LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.03.2022, L 12 BA 3/20; Revision anhängig BSG B 12 BA 3/2 R
3 § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV
4 § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG
5 § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG
6 § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV
7 http://www.inside-partner.de/wp-content/uploads/2016/06/BE_20_04_16.pdf
8 § 41b Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG (i.d.R. der 28. Februar des Folgejahres)
9 BFH-Urteil vom 13.11.2012, VI R 38/11
10 siehe Fußnote 2
11 siehe Fußnote 2
12 siehe Fußnote 2
13 Verfassungsbeschwerde eingelegt, BVerfG: 2 BvR 1443/21

