Übertragung einer Direktzusage nur mit Bedacht
Liebe Leserin, lieber Leser,
der Verkauf von Gesellschaftsanteilen löst steuerliche Folgen aus und sollte, insbesondere in den Fällen, in denen eine (Kapital)Gesellschaft ganz veräußert wird, gut vorbereitet werden. So ist es bei Kapitalgesellschaften gängige Praxis, dass den angestellten Geschäftsführern zur Absicherung des „Lebensabends“ eine betriebliche Altersvorsorge in Form einer Pensions- bzw. Direktzusage erteilt wird. Das hat, wie Eingangs ja schon geschrieben, in der Anspar- und in der Leistungsphase bestimmte steuerliche Vorteile, führt aber auch zu einer Belastung der Bilanz durch den sukzessiven Anstieg von zu betrieblichem Aufwand führenden Rückstellungen. Als Folge daraus bereiten die in der Bilanz auszuweisenden Pensionsrückstellungen zunehmend Schwierigkeiten gerade beim Verkauf von Gesellschaftsanteilen, geschweigen denn, wenn das Unternehmen ganz veräußert werden soll. Das liegt vor allem daran, dass der oder die Käufer das Vorhandensein einer Pensionsrückstellung durch einen entsprechend niedrigeren Kaufpreis für die Anteile quittieren.
Modelle zur Auslagerung von Pensionsverpflichtungen gibt es viele. Eine davon ist die Auslagerung von Pensions- bzw. Direktzusagen auf einen externen Pensionsfonds. Um den Gesellschaften die Auslagerung von Pensions- bzw. Direktzusagen zu ermöglichen, ohne dass sich für den oder die angestellten Geschäftsführer(n) als Arbeitnehmer ein steuerlicher Nachteil ergibt, hat der Gesetzgeber seit 2002 eine Möglichkeit geschaffen, entsprechende Altlasten auf einen externen Pensionsfonds lohnsteuerfrei zu übertragen. Danach stellen Leistungen, die die Gesellschaft als Arbeitgeber an einen Pensionsfonds leistet, damit dieser dessen bestehende Versorgungsverpflichtung bzw. die Versorgungsanwartschaften erfüllt, keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, obwohl der Arbeitnehmer durch die Übertragung der Direktzusage (interner Durchführungsweg) auf den Pensionsfonds (externer Durchführungsweg) einen direkten Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen gegenüber einem Dritten erwirbt. Der Eintritt der Steuerfreiheit hängt aber davon ab, dass der Arbeitgeber einen Antrag bei seinem Finanzamt auf gleichmäßige Verteilung der durch die Übertragung auf den Pensionsfonds zusätzlich entstehenden Betriebsausgaben auf die folgenden zehn Wirtschaftsjahre stellt1. Ein einmal gestellter Antrag auf Verteilung der zusätzlichen Betriebsausgaben auf zehn Jahre ist unwiderruflich. Die Regelung kommt also eher unter dem Gesichtspunkt der „Entschlackung“ des Aufwandskontos durch Übertragung der Pensionsverpflichtungen unter gleichzeitiger Fortführung des Unternehmens zum Zuge. Die Fälle der Übertragung der Pensionsverpflichtungen und gleichzeitigem Verkauf der Gesellschaftsanteile sind aber von der Regelung nicht ausgeschlossen.
Der Fall eines Gesellschafters, der „in seiner“ Kapitalgesellschaft als angestellter Geschäftsführer tätig war und dem vor Jahren bereits eine Pensionszusage erteilt wurde zeigt, dass die steuerfreie Übertragung einer solchen Pensionsverpflichtung auf einen externen Pensionsfonds zwar „kein Hexenwerk“ ist, sie aber gut vorbereitet werden sollte. Andernfalls „droht“ im Übertragungszeitpunkt eine unliebsame Überraschung in Form einer Versteuerung von Arbeitslohn beim Pensionsberechtigten ohne „klassischem“ Geldfluss.
Konkret lag dem Fall, der erstinstanzlich beim FG Köln2 verhandelt wurde, folgender Sachverhalt zugrunde. Im Rahmen der Veräußerung der Kapitalgesellschaft wurde die gegenüber dem angestellten Gesellschafter-Geschäftsführer erteilte Pensionsverpflichtung auf einen Pensionsfonds übertragen. Als Gegenleistung für die Übertragung trat die Kapitalgesellschaft ihre Ansprüche aus einer zur Deckung der Pensionszusage des Geschäftsführers abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung i. H. v. 257.644 € ab. Die in der Bilanz für die Pensionsverpflichtung gebildete Rückstellung i. H. v. 233.680 € wurde aufgelöst. Demgemäß ergab sich bei der Kapitalgesellschaft ein Aufwand i. H. v. 23.964 € (= 257.644 € abzgl. 233.680 €). Gleichzeitig wurde die Tätigkeit des angestellten Gesellschafter-Geschäftsführers, der zu diesem Zeitpunkt 54 Jahre alt war, beendet. Ein Antrag auf Verteilung der (zusätzlichen) Betriebsausgaben i. H. v. 23.964 € auf zehn Jahre wurde nicht gestellt. Das Finanzamt ordnete im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Gesellschafter-Geschäftsführers die Übertragung der Pensionszusage auf den Pensionsfonds in Höhe der gebildeten Rückstellung (233.680 €) als steuerpflichtigen Arbeitslohn ein, da der Kläger durch die Übertragung einen unmittelbaren Rechtsanspruch gegen den Pensionsfonds erworben habe. Eine Steuerfreiheit gem. § 3 Nr. 66 EStG komme mangels Antrags des Arbeitgebers nicht in Betracht. Die Antragstellung sei formale Voraussetzung für die Anwendung des § 3 Nr. 66 EStG.
Der Gesellschafter-Geschäftsführer als Kläger vertrat hingegen die Auffassung, dass die Übertragung der Pensionszusage auf den Pensionsfonds nicht zum Zufluss von Arbeitslohn führe bzw. nach § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei sei. Das Unterlassen der Antragstellung (Aufwandsverteilung) aufseiten des ehemaligen Arbeitgebers könne nicht dazu führen, dass in Höhe des Gesamtbetrages seiner Zahlung an den neuen Versorgungsträger die Steuerbefreiung versagt wird. Vielmehr sei der Arbeitslohn auf den grundsätzlich zu verteilenden Aufwand i.H.v. 23.964 € zu beschränken.
Nachdem bereits das Finanzgericht Köln die Klage als unbegründet zurückgewiesen hat, schließt sich nun auch der BFH3 der Auffassung des Finanzamts dem Grunde nach an. Durch die Übertragung der Zusage auf den Pensionsfonds liegt ein Zufluss von Arbeitslohn vor. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtung stellt sich der Vorgang so dar, als hätte die Kapitalgesellschaft dem Kläger Mittel zur Verfügung gestellt, die der Kläger aufgewandt hat, um von einem fremden Dritten (dem Pensionsfonds) eine Pensionszusage zu erhalten, mit welcher er unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung der Kapitalgesellschaft ist. Darüber hinaus habe der Kläger einen eigenen Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen gegenüber dem Pensionsfonds erworben. Ein solcher Fall ist eindeutig von den Fällen zu unterscheiden, in denen lediglich ein Schuldnerwechsel stattfindet. Wenn eine an einen Arbeitnehmer erteilte Direktzusage lediglich von einem anderen Rechtsträger übernommen wird, ohne dass sich etwas an dem Charakter der Pensionszusage oder an deren Inhalt geändert hat, fließt dem Arbeitnehmer in einem solchen Fall --unabhängig von der Rechtsform des Übernehmers-- noch kein Arbeitslohn zu4. Zu dieser Erkenntnis kam der BFH bereits in dem Fall, in dem im Rahmen einer Veräußerung einer Kapitalgesellschaft die Pensionsverpflichtung nicht auf den Erwerber, sondern auf eine eigens dafür gegründete Kapitalgesellschaft übergangen ist, die alle Rechte und Pflichten aus der dem Arbeitnehmer gewährten Pensionszusage übernahm. In einem solchen Fall ändert sich der Charakter der Pensionszusage nicht, es liegt vielmehr eine bloße Schuldübernahme5 vor, die lediglich zu einem Schuldnerwechsel führt und als solche keinen unmittelbaren Zufluss von Arbeitslohn beim Pensionsberechtigten bewirkt.
Allerdings sieht der BFH die Höhe des zugeflossenen Arbeitslohns anders. Denn die Übertragung einer vom Arbeitgeber erteilten Pensionszusage auf einen Pensionsfonds führt beim Arbeitnehmer in Höhe der zur Übernahme der bestehenden Versorgungsverpflichtung erforderlichen und getätigten Leistungen, also 257.644 € (nicht 257.644 € abzgl. 23.964 € = 233.680 €) zum Zufluss von Arbeitslohn. Das Gesetz sei zudem bei der Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift nicht zu beanstanden. Wird der für die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 66 EStG erforderliche Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG nicht gestellt, ist die vom Arbeitgeber erbrachte Ablöseleistung in vollem Umfang (lohn-)steuerpflichtig.
Die Entscheidung zeigt es deutlich: die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen sind hoch komplex und bedürfen sorgfältiger Planung und Beratung. Getreu dem Motto: wer Rat begehrt, dem kann geholfen werden.
Es grüßt Sie,
Ihr Matthias Janitzky
1 § 4e Abs. 3 EStG
2 FG Köln vom 27.09.2018, 6 K 814/16, EFG 2019, 19 - 22
3 BFH-Urteil vom 19.04.2021, VI R 45/18
4 BFH-Urteil vom 18.08.2016, VI R 18/13, BStBl II 2017, 730
5 § 415 Abs. 1 BGB

