Eine Studie von Prof. Bettina Franzke geht der Frage nach, wie mehr Frauen in Spitzenpositionen der öffentlichen Verwaltungen gelangen können.
Liebe Leserin, lieber Leser,
mit ihrem Gastbeitrag berichtet Frau Prof. Dr. Bettina Franzke1 über ihre in einer Studie gewonnenen Ergebnisse zum Thema „Frauen in Führungspositionen“. Aus den Erkenntnissen leitet sie Hinweise zur Förderung von Frauen ab:
Befragung von 54 Teamleiterinnen
Der Frauenanteil im Top-Management ist gering, dies gilt für alle Bereiche des öffentlichen Dienstes. Dabei sind Frauen auf der untersten Führungsebene vielerorts schon gut repräsentiert (Kohaut & Möller, 2022). Doch anders als ihre männlichen Kollegen steigen sie oft nicht weiter auf. Um mehr über die Karriereaspirationen und Hürden von Frauen zu erfahren, wurden in einem Forschungsprojekt 54 qualitative Interviews mit Teamleiterinnen in der öffentlichen Verwaltung ausgewertet (Franzke, 2023a).

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Der Weg in die Führungsaufgabe
Die Ergebnisse zeigen, dass der Aufstieg in die Teamleitung in der Regel aus einer sachbearbeitenden Funktion erfolgte. Bei den Müttern lag zu diesem Zeitpunkt die Lebensphase mit Kindern im betreuungsintensiven Alter zumeist hinter ihnen. Ein Drittel der Befragten plante den Wechsel in die Führungsebene, bei den anderen spielten günstige Umstände wie eine Umorganisation eine Rolle. Die Führungsmotivation der befragten Frauen macht sich vorrangig an dem Umgang mit Menschen und dem Team fest. Sie praktizieren ihrer Einschätzung nach einen stark mitarbeiterorientierten, kooperativen und partizipativen Führungsstil. Mehr als zwei Drittel der Befragten geben an, Akzeptanzprobleme zu erfahren. So werden sie weniger ernst genommen oder ihr Führungsstil gilt als nicht durchsetzungsstark.

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Karriereambitionen
Jede zweite Teamleiterin ist ambitioniert, weiter aufzusteigen. Dies impliziert ein enormes Potenzial für die Führungskräfteentwicklung. Hauptmotive sind der Wunsch nach persönlicher Weiterentwicklung sowie die Aussicht auf ein größeres Aufgabengebiet. Nicht aufstiegsinteressierte Frauen geben sich dagegen mit dem Erreichten zufrieden oder schrecken vor einem höheren zeitlichen Investment oder dem Auswahlverfahren zurück. Oder sie fürchten, sich von Fachaufgaben zu entfernen und stattdessen stärker politisch eingebunden zu werden.
Empfehlungen für die Praxis
Aus den Forschungsergebnissen werden Empfehlungen zur Frauenförderung abgeleitet, die sich sowohl an aufstiegsmotivierte Frauen als auch an Führungskräfte, Gleichstellungsbeauftragte, Personal- und weitere Entscheidungsverantwortliche (z. B. die Personalvertretung) im öffentlichen Dienst richten. Eine Handreichung (Franzke, 2023b) geht in anschaulicher und praxisnaher Weise auf Aspekte ein, die sich für Frauen in der öffentlichen Verwaltung als maßgebliche Stellschrauben für das berufliche Weiterkommen herausstellten:
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Förderung der Karriereplanung und der Aufstiegsmotivation bei Frauen: u. a. Ansprache von Frauen, Förderung von Selbstwirksamkeitserwartungen
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Unterstützung von Frauen beim Aufstieg in Führungspositionen aller Ebenen: u. a. Erkennen von Führungspotenzialen, klischeefreie Gestaltung von Anforderungsprofilen, Fairness in Auswahlverfahren, geschlechtsspezifische Besonderheiten in der Führungsmotivation
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Anerkennung eines frauenspezifischen Führungsstils beim Aufstieg und bei der Ausübung von Führungspositionen: u. a. Vermittlung eines vielfältigen Bildes von Führung, Einbeziehung weiblich konnotierter Merkmale als Mehrwert
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Lebensphasenorientierte Personal- und Führungskräfteentwicklung: u. a. Flexibilisierung von Karrierewegen, Führen in Teilzeit
Werkzeuge für die Personalentwicklung
Die Handreichung enthält konkrete Fragen, Übungen und Werkzeuge für das Selbststudium, für Führungstrainings und das Personalmanagement:
- an aufstiegsorientierte Frauen gerichtete Fragen zur Selbstklärung
- an Teilzeitführung Interessierte gerichtete Empfehlungen
- Netzwerkanalyse
- Tipps für die Selbstpräsentation
- Umgang mit Widerständen gegen Frauen in Führungspositionen, Argumentationshilfe für Betroffene und die Gleichstellungsarbeit
- Tipps zur Entwicklung klischeefreier Anforderungsprofile und Beurteilungsverfahren
- Übung zu geschlechtsspezifischen Besonderheiten in der Führungsmotivation
- Übung zum Erkennen und Nutzen von Führungspotenzial bei Frauen
- Ablaufmodell zur Einführung und Förderung von Teilzeitführung
Checkliste
Die skizzierten Ansätze machen deutlich, dass durch ein Zusammenwirken unterschiedlicher Kommunikations- und Führungsstile ein Mehrwert entstehen kann. Es gilt, die Führungs- und Organisationskultur in eine Richtung weiterzuentwickeln, bei der unterschiedliche Managementstile, Lebensweisen und biografische Hintergründe zur Geltung kommen können. Dies leistet auch einen Beitrag zu dem Ziel, Diversity oder mehr Vielfalt in einer zukunftsfähigen Verwaltung zu verankern. Eine abschließende Checkliste bietet einen Überblick über das große Spektrum an möglichen Maßnahmen, um den Anteil an Frauen in Führungspositionen zu steigern.
Herzlichst
Andreas Gourmelon
Quellenangaben
Franzke, Bettina (2023a). Frauen in Führungspositionen der öffentlichen Verwaltung: Chancen, Hürden und Handlungsoptionen. Forschungsbericht.
https://www.professor-franzke.de/pdf/Franzke_Frauen_in_Fuehrungspositionen_Forschungsbericht_2023.pdf
Franzke, Bettina (2023b). Female Leadership. Strategien für aufstiegsorientierte Frauen und eine geschlechtergerechte Führungskräfteentwicklung in der öffentlichen Verwaltung. Handreichung.
https://www.professor-franzke.de/pdf/Franzke_Frauen_in_Fuehrungspositionen_Handreichung_2023.pdf
Kohaut, Susanne & Möller, Iris (2022). Der Weg nach ganz oben bleibt Frauen oft versperrt. IAB-Kurzbericht 1/2022.
1 Prof. Dr. Bettina Franzke, Dipl.-Psych., Professorin für interkulturelle Kompetenzen und Diversity-Management an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW, Abteilung Köln. Mitglied im Forschungsinstitut für Personal und Management der HSPV NRW. Arbeitsschwerpunkte sind: Genderkompetenz in der Personalführung, Chancengleichheit im Beruf, Förderung von Diversitätskompetenz, interkulturelles Lernen.
