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Kümmert Euch auch um die älteren Beschäftigten!

Entgegen dem gängigen Klischee sind auch ältere Beschäftigte Leistungsträger im öffentlichen Dienst. Sie verdienen genauso viel Beachtung durch das Personalmanagement wie die jüngeren Generationen.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

in letzter Zeit haben wir uns immer wieder um die Jüngeren gekümmert: Was geht in den Köpfen der Generationen Y und Z in Bezug auf die Berufs- und Stellenwahl vor? Wie können wir den öffentlichen Dienst für diese jungen Menschen interessant machen? Was zeichnet gute Onboarding-Prozesse aus? Mit welchen Maßnahmen können wir die Jüngeren an die Behörden und Verwaltungen binden? In den Blog-Beiträgen – aber auch in vielen anderen Veröffentlichungen von Kollegen‘1 – konnten Sie Antworten auf diese Fragen finden.

Bedeutsame Beschäftigtengruppe

Angesichts unserer Bemühungen, die Jüngeren besser zu verstehen und die Strukturen in den Verwaltungen an deren Anforderungen anzupassen, dürfen wir jedoch andere Beschäftigte und deren Belange nicht aus dem Fokus verlieren. Jede oder jeder vierte Beschäftigte im öffentlichen Sektor ist älter als 55 Jahre (Statistisches Bundesamt, 2024). Viele aus dieser Gruppe werden noch zehn oder mehr Jahre für ihre Dienstherren oder Arbeitgeber tätig sein. Ohne das Engagement und das Fachwissen der älteren Beschäftigten würde in mancher Verwaltung nichts mehr gehen.

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Altersdiskriminierung unerwünscht

Behördenleitungen und Führungskräfte müssen dafür sorgen, dass auch diese Beschäftigten leistungsbereit und leistungsfähig bleiben. Aus der Praxis höre ich jedoch nicht selten andere Töne. Öfters scheint die Einstellung vorzuherrschen, dass die Alten doch eh bald weg seien – warum sich also noch um diese Gruppe kümmern? Und manchmal artet das Handeln in offensichtliche Altersdiskriminierung aus – wenn z. B. ältere Bewerbende nicht mehr für Auswahlverfahren im Tarifbereich eingeladen oder ältere Beschäftigte nicht mehr zu Fortbildungsmaßnahmen zugelassen werden.

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Lesen Sie hier verschiedene Gastbeiträge zum Thema Personalmanagement im öffentlichen Dienst.

Altersstereotyp auf dem Prüfstand

Nicht nur in Zeiten des Personalmangels sind solche Haltungen und Handlungsweisen unangemessen. Sie resultieren aus einem weit verbreiteten Altersstereotyp, wonach ältere Beschäftigte weniger innovationsfähig als jüngere seien oder sich nicht mehr auf Veränderungen einstellen können oder wollen. Ältere seien wenig anpassungsbereit und formbar, starrsinnig und könnten schlechter lernen. Ihre Motivation sei geringer, ihre Leistungsfähigkeit niedriger als diejenige von jüngeren Beschäftigten. Sicher werden Sie Einzelfälle kennen, auf die diese Beschreibungen zutreffen. Aber gibt es nicht auch jüngere Beschäftigte, die leistungsunwillig sind oder sich schwer mit Neuem tun? Und gibt es nicht auch viele ältere Beschäftigte, die bis zur Pensionierung voll dabei sind und noch so manche Innovation anstoßen?

Viele Stärken, wenige Schwächen

Mühlenbrock (2017) hat Studienergebnisse zu altersbedingten Veränderungen zusammengefasst. Tatsächlich nehmen mit dem Alter die Muskelkraft, Sinnesleistungen oder die Reaktionsgeschwindigkeit ab. Die Geschwindigkeit, mit der Informationen in artifiziellen Situationen verarbeitet werden, lässt nach. Dafür nimmt jedoch das Erfahrungs- und Fachwissen mit dem Alter zu, ebenso wie soziale und Selbstmanagementkompetenzen. Letzteres zeigt sich z. B. darin, dass sich Beschäftigte mit zunehmendem Alter genauer überlegen, wie die eigenen Kompetenzen effektiv zur Lösung einer Aufgabe eingesetzt werden können. Hinsichtlich der Motivation verlieren extrinsische Anreize (z. B. Leistungsprämien) bei älteren Beschäftigten an Bedeutung – die Karotte vor der Nase ist nicht mehr so attraktiv wie früher. Die intrinsische Motivation nimmt mit dem Alter jedoch zu. Mit dem Alter lässt die emotionale Labilität nach; beispielsweise regt man sich weniger schnell über unhöfliche Anmerkungen von Bürgern‘ auf. Mühlenbrock (2017) zeigt weiter auf, dass mit zunehmendem Alter die Zufriedenheit und die Bindung an die Organisation zunimmt. Qualitätsbewusstsein, Sicherheitsverhalten, Zuverlässigkeit, Loyalität und Verträglichkeit sind ebenfalls positiv mit dem Alter assoziierte Merkmale. Im Hinblick auf die Gesundheit ist festzuhalten, dass die Krankheitsdauer zunimmt, jedoch die Häufigkeit von Krankheitsereignissen („Krankmeldungen“) abnimmt. Keinen Einfluss hat das Alter auf die mentale Gesundheit, die Problemlösungsfähigkeit in realer Umgebung sowie die Kreativität und Innovationsfähigkeit. Insgesamt also gute Voraussetzungen, um weiterhin hohe Arbeitsleistungen zu erbringen.

Unterschiedliche Lebenslagen

Mit dem Alter nehmen die Unterschiede zwischen den Menschen zu. Dies bezieht sich nicht nur auf die körperlichen und geistigen Kompetenzen der Beschäftigten, sondern auch auf deren Lebenslagen und Zukunftspläne. Während der eine mit Mitte fünfzig noch Vater von Kleinkindern ist, kümmert sich die andere im ähnlichen Alter um ihre pubertierende Enkelin. Der Sechzigjährige pflegt den dementen Vater, während die gleichalte Kollegin den Karriereturbo zünden will. Eine ältere Kollegin lässt beim Marathon-Lauf die jüngeren Mitläufer weit hinter sich, im Gegensatz dazu strebt ein End-Fünfziger wegen einer Krankheit den Ruhestand an.

Individuelle Lösungen finden

Das Personalmanagement sollte für die unterschiedlichen Lebenslagen möglichst individuelle Lösungen finden – alle älteren Beschäftigten mit denselben Maßnahmen über einen Kamm zu scheren bringt wenig. Eine Ausnahme gibt es für diese Regel jedoch: Nicht das Alter an sich ist leistungsmindernd, sondern die klischeebehafteten Zuschreibungen der Kollegen‘. Eine Maßnahme ist folglich für alle Älteren sinnvoll: Die Behörden- und Verwaltungsleitungen sollten sich aktiv gegen das Altersstereotyp positionieren und die Kompetenzen der älteren Beschäftigten genauso schätzen wie diejenigen der jüngeren. Diese Wertschätzung ist eine gute Grundlage, um mit weiteren individuellen Maßnahmen die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der älteren Beschäftigten zu erhalten.

Letztlich liegt es im Eigeninteresse der jüngeren Generationen: Werden die Silver-Ager demotiviert oder gar hinausgedrängt, bleibt die Arbeit an der Gen Y und der Gen X kleben.

Herzlichst

Andreas Gourmelon

Quellenangabe Statistisches Bundesamt (2024). Destatis: Öffentlicher Dienst – Beschäftigte nach Altersgruppen und der Art des Dienst- oder Arbeitsvertragsverhältnisses (Stand: 30. Juni 2022). https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Oeffentlicher-Dienst/Tabellen/beschaeftigen-alter.html (Abruf am 10. Juni 2024).


1 Durch die Verwendung eines Apostrophs wird gekennzeichnet, dass mit dem Begriff Menschen jeglichen Geschlechts gemeint sind.

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