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Änderung im Haushaltsrecht macht den Weg frei für die Einführung der Unterschwellenvergabeordnung – UVgO 2017

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Newsletter 3, Juni 2017 als PDF zum Download

Mit der Änderung des § 30 Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG) und des § 55 Abs. 1 Bundeshaushaltsordnung (BHO) wird der in der UVgO etablierte Gleichrang zwischen Öffentlicher Ausschreibung und Beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb nun auch gesetzlich legitimiert.

Bund, Länder und Kommunen sitzen in den Startlöchern, um die am 7. Februar 2017 im Bundesanzeiger bekanntgemachte Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte (Unterschwellenvergabeordnung – UVgO) für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich einzuführen (siehe Newsletter Ausgabe Februar 2017). Eine letzte Hürde dafür war bisher, dass die in der UVgO enthaltene Gleichstellung zwischen Öffentlicher Ausschreibung und Beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb noch kollidierte mit dem haushaltsrechtlich verbrieften Vorrang der Öffentlichen Ausschreibung vor den anderen Vergabearten. Diese Hürde für die Einführung der UVgO haben Bundestag und Bundesrat Anfang Juni mit dem „Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften“ aus dem Weg geräumt. Die §§ 30 HGrG, 55 Abs. 1 BHO sehen jetzt den Gleichrang zwischen Öffentlicher Ausschreibung und Beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb explizit vor.

§ 30 HGrG und § 55 Abs. 1 BHO lauten nun:

Dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen muss eine Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Teilnahmewettbewerb ist ein Verfahren, bei dem der öffentliche Auftraggeber nach vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme eine beschränkte Anzahl von geeigneten Unternehmen nach objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien auswählt und zur Abgabe von Angeboten auffordert.

Auf Bundesebene bedarf es nunmehr noch der Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 55 BHO. Die Entscheidung darüber trifft die Arbeitsgruppe Haushaltsrecht der Obersten Bundesbehörden, in der die Beauftragten für den Haushalt der jeweiligen Obersten Bundesbehörden vertreten sind. Wenn nun auch die Bundesländer rasch ihre rechtlichen Vorgaben an die neue Rechtslage auf Bundesebene anpassen ist der Weg frei dafür, die UVgO flächendeckend „scharf zu schalten“ und den 1. Abschnitt der VOL/A außer Kraft zu setzen.

Hintergrund:

Anders als die VgV ist die UVgO keine Rechtsverordnung i.S.d. Art. 80 GG. Hierfür fehlt dem Bund die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Das bedeutet, dass die Veröffentlichung der UVgO im Bundesanzeiger aus sich heraus keine Rechtsverbindlichkeit entfaltet, sondern die Vorschriften erst durch den Anwendungsbefehl von Bund und Ländern in Kraft gesetzt werden. Dies kann durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift geschehen. Für die VOL/A erfolgte dies überwiegend über das haushaltsrechtliche Regelwerk, in manchen Ländern auch über die Landesvergabegesetze. Zusätzlich zur Bekanntmachung der UVgO müssen also Bund und Länder die neue Verfahrensordnung für verbindlich erklären und gleichzeitig die VOL/A Abschnitt 1 außer Kraft setzen.

Eine besondere Problematik für das Inkrafttreten der UVgO ergab sich durch die darin enthaltene Gleichstellung der Öffentlichen Ausschreibung und der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb (§ 8 Abs. 2 S. 1 UVgO). Damit soll die im Oberschwellenbereich mit der Vergaberechtsreform 2016 vorgenommene Gleichstellung des offenen und des nicht offenen Verfahrens (§ 119 Abs. 2 S. 1 GWB) im Unterschwellenbereich nachvollzogen werden. Dies stand unterhalb der EU-Schwellenwerte jedoch im Widerspruch zu dem gesetzlich verankerten Vorrang der Öffentlichen Ausschreibung in §§ 30 HGrG, 55 Abs. 1 BHO bzw. den Landeshaushaltsordnungen. Die untergesetzliche UVgO kann diese gesetzliche Vorgabe nicht außer Kraft setzen, sodass ihr Inkrafttreten so lange hinausgeschoben war, bis auch in den hausrechtlichen Vorschriften der Gleichrang der Öffentlichen Ausschreibung und der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb etabliert ist. Für die Änderung der entsprechenden haushaltsrechtlichen Vorgaben nutzte die Bundesregierung das Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 als sog. Trägergesetz. Ein durchaus riskantes Unterfangen, da die hochpolitische Neuregelung des Finanzausgleichs bis zuletzt auf Messers Schneide stand. Einem Scheitern dieses Gesetzes wären auch die Änderungen in §§ 30 HGrG, 55 Abs. 1 BHO zum Opfer gefallen und die UVgO wäre bis weit in die nächste Legislaturperiode in die Warteschleife geschickt worden. Hier vertraute das federführende Bundeswirtschaftsministerium offenbar dem am Zweitsitz der Bundesregierung nach wie vor geltenden Artikel 3 des Rheinischen Grundgesetzes: Et hätt noch emmer joot jejange (Es ist bisher noch immer gut gegangen)!

Der Haushaltsgesetzgeber definiert nun erstmals auch den Teilnahmewettbewerb als ein Verfahren, bei dem der öffentliche Auftraggeber nach vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme eine beschränkte Anzahl von geeigneten Unternehmen nach objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien auswählt und zur Abgabe von Angeboten auffordert. Dabei übernimmt der Gesetzgeber die Definition in § 119 Abs. 4 GWB und stellt lediglich zusätzlich klar, dass nur geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern sind.

Autor: Rudolf Ley


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